Bericht der Bundesregierung:Der Natur in Deutschland geht es höchstens so lala

Der Rhein bei Sankt Goar

Intensive Nutzung: der Rhein beim Loreleyfelsen.

(Foto: imago)

Der intensiven Landwirtschaft fallen immer mehr Arten zum Opfer. Aber es gibt auch positive Entwicklungen, etwa in den Alpen.

Von Michael Bauchmüller

Zumindest an den Alpen ist die Welt halbwegs in Ordnung. Zwei Drittel der Lebensräume sind hier in günstigem Zustand, und jede zweite Art. Verglichen mit dem Rest der Republik sticht das schon heraus: Denn die Lage der Natur in Deutschland bleibt bescheiden. So steht es im jüngsten Bericht zur Lage der Natur, den Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) am Dienstag in Berlin vorgelegt hat. Alle sechs Jahre wird diese biologische Inventur aufgestellt, der Trend hat sich in den letzten drei Berichten verfestigt: Der Anteil von Lebensräumen in schlechtem Zustand wächst. "Der Treiber", sagt Schulze, "ist ganz eindeutig die intensive Landwirtschaft."

Das erkläre auch, warum es die Natur in den Alpen besser hat, heißt es beim Bundesamt für Naturschutz. "Es gibt dort vielfach weniger intensive Landwirtschaft", sagt Behördenchefin Beate Jessel. Der Konflikt zwischen Natur und forciertem Landbau zieht sich durch den ganzen Bericht. So haben sich einige Vogelbestände erholen können - dies aber vor allem in Wäldern, teils auch in Siedlungen. Feldvögel dagegen haben es schwer. "Es gibt heute nur ein Zehntel der Rebhühner und Kiebitze, die wir vor 25 Jahren noch hatten", sagt Jessel. Auch bei den Feldlerchen gebe es "dramatische Einbrüche".Es lasse sich mittlerweile zeigen, dass der zunehmende Anbau von Mais und Raps die Zahl der Brutpaare verringert, heißt es im Bericht. Profitieren könnten die Feldvögel dagegen von Weideland und Brachflächen - jedenfalls rein theoretisch, denn auch diese Flächen sind zuletzt geschrumpft. Nicht besser steht es um die Insekten. Wo etwa Schmetterlinge und Libellen vorkommen, ist ihr Erhaltungszustand fast durchgängig schlecht - von den Alpen abgesehen. Abermals geht der Verlust von Lebensräumen vor allem auf das Konto intensiver Landwirtschaft, mitsamt ihren Düngern und Pestiziden.

Eine "Schlüsselstellung" nehme deshalb die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) der EU ein, heißt es im Bericht. Sowohl Europas Agrarpolitik als auch nationale Subventionen müssten künftig dem Grundsatz "öffentliches Geld für öffentliche Leistungen" folgen, also auch Leistungen für den Natur- und Artenschutz. Bisherige Versuche, die GAP-Zahlungen stärker an ökologischen Kriterien auszurichten, hätten "die vorab formulierten Anforderungen nicht erfüllt und die Situation der Agrarvögel nicht verbessert", hält der Bericht fest.

Wertschätzung der Natur dank Corona gewachsen

Europas Agrarpolitik steht vor einer neuen Förderperiode und soll reformiert werden. Die Verhandlungen stehen auch auf der Tagesordnung der deutschen EU-Ratspräsidentschaft, die im Juli beginnt. Parallel will Schulze die Arbeiten an einem nationalen Insektenschutzgesetz forcieren, sagt Schulze. Ihr Ziel sei es, das Gesetz noch dieses Jahr zu verabschieden. Es würde auch den Einsatz von Pestiziden erschweren.

Immerhin habe aber die Coronakrise mit ihren kleinen Fluchten ein Gutes, sagt Schulze. "Die Wertschätzung für die Natur ist gewachsen." Ihre Belastung durch Ausflügler freilich auch.

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