Nato:Pi mal Daumen

Auf zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts sollen die Deutschen ihren Wehretat erhöhen, so wollen es die Amerikaner. Zugesagt hat die Bundesregierung 1,5 Prozent. Über den Zeitrahmen aber scheint es Verwirrung zu geben.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Als die Kanzlerin vergangene Woche im Bundestag auf die Verteidigungsausgaben zu sprechen kam, wollte sie einen Erfolg vermelden. "Wir können sagen, dass wir jetzt sozusagen als politisches Bekenntnis bis 2025 1,5 Prozent erreichen können und dass wir vor allen Dingen auch in neue Waffensysteme investieren", sagte sie. Bis 2025 soll Deutschland demnach 1,5 Prozent seines Bruttoinlandsproduktes für Verteidigung aufwenden. Man stehe "zu der von uns eingegangenen Verpflichtung, den entsprechenden Etat in Richtung zwei Prozent unseres Bruttoinlandsprodukts zu erhöhen", betonte Merkel. Für Experten klang das ein wenig seltsam, denn beim Nato-Gipfel in Wales 2014 war vereinbart worden, sich bis 2024 auf zwei Prozent des BIP zuzubewegen. Warum also peilte Merkel die aus Sicht der Nato ohnehin bescheidenen 1,5 Prozent nicht wenigstens bis 2024 an?

Auf 1,5 Prozent des BIP soll der deutsche Verteidigungsetat steigen - aber bis wann?

Jetzt tut sie es jedenfalls. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung reichte der deutsche Nato-Botschafter Hans-Dieter Lucas am Donnerstag am Rande des Treffens der Verteidigungsminister bei Generalsekretär Jens Stoltenberg den lange erwarteten Plan ein, wie Deutschland das Ziel von Wales zu erreichen gedenke. In dem von jedem Nato-Staat auszufüllenden Dokument wird nach dem Jahr 2025 nicht gefragt. Wohl aber nach dem Jahr 2024. Und für das hat Deutschland nun offiziell angemeldet, dass man gedenke, 1,5 Prozent des BIP für Verteidigung auszugeben.

Schon länger scheint es in der Bundesre-gierung Verwirrung um die richtige Jah-reszahl zu geben. Auf der Bundeswehrta-gung Mitte Mai sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU), man werde "anzeigen, dass wir für 2025 einen Anteil von 1,5 Prozent erreichen wollen". Im vorab verbreiteten Manuskript war noch von 2024 die Rede gewesen. Alles nur Irrtümer? Die Diskussion um die Erhöhung der Wehrausgaben wird in einem politischen Minenfeld geführt, in dem es auf Genauigkeit schon ankäme. Im Wahlkampf hatten CDU und CSU sich zum Zwei-Prozent-Ziel bekannt, die SPD war dagegen. Die mittelfristige Finanzplanung von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) sieht zwar 2019 eine Erhöhung des Wehretats um drei auf 41,5 Milliarden Euro, dann aber kaum noch Steigerungen vor. Im Koalitionsvertrag ist auch nur wolkig von einem "Zielkorridor der Vereinbarungen in der Nato" die Rede. Von dem ist Deutschland so oder so noch weit entfernt. Vom Tiefststand 1,18 Prozent sollen die Ausgaben kommendes Jahr auf 1,3 Prozent klettern - und laut Meldung bei der Nato eben auf 1,5 Prozent bis 2024 - "so es der Haushalt zulässt", wie aus Regierungskreisen zu hören ist.

Solche Feinheiten spielen allerdings oh-nehin keine Rolle, wenn es darum geht, den zornigen Donald Trump zu besänftigen. Der US-Präsident hat sich schon oft beschwert, dass Deutschland den US-Steuerzahlern "riesige Summen" schulde, weil es zu wenig für Verteidigung ausgebe. In der Tat wird die Zahl der Länder, die bis 2024 das Nato-Ziel nicht erreichen wollen, immer kleiner. Acht Länder sind schon dieses Jahr so weit. Weitere 15 der 29 Staaten geloben, es bis 2024 zu sein. "Deutschland zahlt (langsam) ein Prozent des BIP in Richtung Nato, während wir vier Prozent eines viel höheren BIP zahlen", twitterte Trump. "Wir verteidigen Europa (was gut ist) mit großen finanziellen Verlusten, und werden dann unfair beim Handel verkloppt". Auf Trumps Tobsuchtsanfall beim Nato-Gipfel Mitte Juli kann sich Merkel schon jetzt gefasst machen.

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