Treffen in London:Nato vermeidet Eklat

Trotz vieler Streitigkeiten einigen sich die Mitglieder auf eine gemeinsame Abschlusserklärung. Darin ist auch die Rede von einem Reflexionsprozess, der das Bündnis wieder stärken soll.

Von Matthias Kolb und Paul-Anton Krüger, London

Nato-Gipfel

Wohin soll es gehen? Diese Frage wurde auf dem Nato-Treffen heftig diskutiert – nicht nur beim Gruppenfoto. Trotz inhaltlicher Differenzen und persönlicher Streitigkeiten einigten sich die Mitglieder am Ende doch auf eine gemeinsame Abschlusserklärung.

(Foto: Michael Kappeler/dpa)

Die Staats- und Regierungschefs der Nato haben bei ihrem Treffen zum 70-jährigen Bestehen der Verteidigungsallianz die Beistandsverpflichtung aus dem Nordatlantikpakt bekräftigt. Mit der Verabschiedung einer Erklärung am Mittwoch wahrten sie trotz scharfer Meinungsverschiedenheiten vor dem Treffen die Einheit des Bündnisses und verhinderten einen Eklat. Sowohl Kanzlerin Angela Merkel als auch Frankreich Präsident Emmanuel Macron werteten die Gespräche in London als positiv und konstruktiv. US-Präsident Donald Trump ließ seine geplante Pressekonferenz zum Ende des Treffens ausfallen, hatte sich zuvor aber ebenfalls zufrieden gezeigt.

Zugleich beauftragten die Verbündeten Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg, einen Reflexionsprozess zu organisieren, der die politische Dimension der Nato und ihre Konsultationsmechanismen stärken soll. Die Nato greift damit Macrons Kritik auf, der beklagt hatte, dass es in strategischen Fragen keine gute Abstimmung zwischen den USA und den europäische Nato-Partnern gebe. Macron wollte seine Einschätzung zum "Hirntod" der Nato nicht revidieren, begrüßte aber, dass es eine Debatte über Reformen geben wird. Jedoch müsse das Mandat dafür so gefasst sein, dass "existenzielle Fragen" beantwortet würden. Merkel machte deutlich, dass es dabei auch um das Verhältnis der Allianz zu Russland gehen solle und die Rolle der Nato bei der Bekämpfung von Terrorismus - Themen, die Macron zuvor betont hatte.

In der Abschlusserklärung wird Russlands "aggressives Verhalten" als "Bedrohung für die euroatlantische Sicherheit" gewertet. Macron bekräftigte dies in einer Pressekonferenz, sagte aber auch, Russland sei ein Nachbar und solle auch ein Partner der Nato sein - nicht ihr Feind. Merkel sagte, die Nato-Russland-Grundakte biete eine gute Grundlage für die Debatte. Diese politische Erklärung begrenzt unter anderem die dauerhafte Stationierung von Kampfverbänden der Nato in ehemaligen Staaten des Warschauer Paktes.

Merkel sagte, die Alliierten hätten sich sehr früh nach den Anschlägen des 11. September dem Kampf gegen den Terrorismus gestellt. Man sei sich auch jetzt einig, dass "der Terrorismus der größte Feind" sei, und müsse klären, welche Rolle die Nato bei dessen Bekämpfung spielen solle. Macron fordert ein stärkeres Engagement in der Sahelzone, wo Frankreich seit fünf Jahren gegen islamistische Extremisten kämpft. Zugleich verlangte er eine Klarstellung von Burkina Faso, Mali, Niger, Tschad und Mauretanien, ob diese Frankreichs Hilfe wünschten. Er lud deren Präsidenten für einen Gipfel Mitte Dezember ein und machte ihre Antworten zur Bedingung für den Verbleib der französischen Truppen. Trump kündigte vor dem Gespräch mit Merkel an, die USA behielten sich weiter Sanktionen im Streit um die deutsch-russische Gaspipeline Nord Stream 2 vor: "Wir haben das noch nicht wirklich entschieden." Es handele sich um ein Problem, das Deutschland lösen müsse, so Trump. Zum Handelsstreit zwischen den USA und der EU äußerte Trump sich moderat: "Ich denke, wir werden es lösen."

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