Bundeswehr beteiligt:Das Wichtigste zur Nato-Atomübung

Bundeswehr beteiligt: In den kommenden zwei Wochen nehmen bis zu 60 Flugzeuge an der Nato-Übung teil, insbesondere über Belgien, Großbritannien und der Nordsee.

In den kommenden zwei Wochen nehmen bis zu 60 Flugzeuge an der Nato-Übung teil, insbesondere über Belgien, Großbritannien und der Nordsee.

(Foto: Jordan Pix/Getty Images)

Zwei Wochen lang proben Luftstreitkräfte aus 14 Ländern den Einsatz von Nuklearwaffen. Zwar handelt es sich, wie die Nato versichert, nur um eine "jährlich wiederkehrende Routineübung". Allerdings ist in diesem Jahr doch manches anders. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Von Oliver Klasen und Claudia Koestler

Das, was die Nato heute probt, ist eigentlich nichts Besonderes. Das Manöver "Steadfast Noon" findet jedes Jahr statt. Doch normal ist nichts in diesen Zeiten, der Krieg in der Ukraine überlagert alle anderen politischen Themen, und so rückt eine Militärübung, die in früheren Jahren weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit abgehalten wurde, in den Fokus. Was ist das für eine Übung, wer nimmt daran teil und wie ist sie einzuordnen. Die wichtigsten Fragen und Antworten.

Worum geht es bei der Übung?

"Steadfast Noon" ist eine Luftwaffen-Übung im Rahmen der sogenannten nuklearen Teilhabe. Diese bezieht Staaten, die selbst nicht über Atomwaffen verfügen, etwa Deutschland, in die Abschreckung der Nato mit ein. US-Atomwaffen sollen unbestätigten Angaben zufolge in Norditalien, in Belgien, der Türkei sowie in den Niederlanden und im rheinland-pfälzischen Büchel lagern. Die nukleare Teilhabe sieht vor, dass sie im Ernstfall auch von Flugzeugen von Partnerstaaten abgeworfen werden und dann zum Beispiel gegnerische Streitkräfte ausschalten. Deutschland hält dafür Kampfjets vom Typ PA-200 Tornado bereit.

Was genau bei der Übung passiert, sagt die Nato aus naheliegenden Gründen nicht. Von Nato-Sprecherin Oana Lungescu heißt es nur allgemein: "Diese Übung trägt dazu bei, dass die nukleare Abschreckung des Bündnisses sicher und effizient bleibt."

Militärexperten zufolge üben die beteiligten Luftstreitkräfte insbesondere, wie man die US-Atomwaffen sicher aus unterirdischen Magazinen zu den Flugzeugen transportiert und unter die Kampfjets montiert. Bei den Übungsflügen wird dann allerdings ohne die Bomben geflogen.

Wie viele Staaten nehmen teil und wie läuft die Übung ab?

An der bis zum 30. Oktober dauernden Militärübung sind 14 Staaten beteiligt. Etwa 60 Flugzeuge kommen zum Einsatz, darunter moderne Kampfjets, aber auch Überwachungs- und Tankflugzeuge sowie Langstreckenbomber vom Typ B-52. Schauplatz soll insbesondere der Luftraum über Belgien, Großbritannien und der Nordsee sein. Auch die Bundeswehr ist beteiligt.

Hat die Übung mit dem Krieg in der Ukraine zu tun?

Nein, sagt die Nato. Das Militärbündnis ist erkennbar um Deeskalation bemüht. "Steadfast Noon" sei keine Reaktion auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Bei der Übung handele es sich um eine "routinemäßige, wiederkehrende Ausbildungsmaßnahme, die in keinem Zusammenhang mit dem aktuellen Weltgeschehen steht", heißt es aus dem Nato-Hauptquartier in Brüssel.

Was ist dennoch anders in diesem Jahr?

Anders als früher informiert die Nato in diesem Jahr explizit über den Beginn der Übung. Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat bereits vergangene Woche öffentlich darüber gesprochen. In Bündniskreisen wird dies damit begründet, dass diesmal stärker als sonst gezeigt werden soll, dass die Nato selbst auf ein Schreckensszenario wie einen Atomkrieg gut vorbereitet ist. Neue Sorgen vor einem russischen Atomwaffeneinsatz schürte zuletzt die völkerrechtswidrige Annexion von vier besetzten ukrainischen Gebieten. Russlands Präsident Wladimir Putin kündigte anschließend an, man werde die Gebiete mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln verteidigen. Putin löste damit Spekulationen aus, denen zufolge die russische Armee kleinere Atomwaffen mit eingeschränkter Reichweite einsetzen könnte, um den Krieg für sich zu entscheiden.

Vergangene Woche haben sich die Nato-Verteidigungsminister in der sogenannten Nuklearen Planungsgruppe beraten. Bei dem Geheimtreffen stand die Frage im Raum, wie das westliche Militärbündnis reagieren würde, falls Putin im Krieg mit der Ukraine eine Atombombe einsetzen würde. Das öffentliche Schweigen über mögliche Reaktionen der Nato auf einen russischen Atomwaffeneinsatz ist dabei auch Teil der Abschreckungsstrategie. Für Russlands Präsident Putin soll das Risiko eines solchen Schrittes unkalkulierbar gehalten werden.

Die Meinungen darüber, wie wahrscheinlich ein russischer Atomwaffeneinsatz in der Ukraine ist, gehen in der Nato auseinander. Nato-Generalsekretär Stoltenberg nannte die nuklearen Drohungen Putins zuletzt "gefährlich und unverantwortlich" und erklärte, man habe Russland deutlich wissen lassen, dass ein Nuklearwaffeneinsatz für das Land "ernsthafte Konsequenzen" haben werden. Zugleich betonte er, dass die Nato bislang keine Veränderungen der russischen Nuklearstrategie gesehen habe und bisher nichts darauf hindeute, dass Atomwaffen einsatzbereit gemacht würden.

Deutlich düsterer äußerte sich dagegen jüngst US-Präsident Joe Biden. Die Welt habe seit der Kubakrise 1962 nicht vor der Aussicht auf ein "Armageddon" gestanden, sagte der Amerikaner in der vergangenen Woche. Er kenne Putin ziemlich gut. Der Kremlchef scherze nicht, wenn er über den potenziellen Einsatz taktischer Atomwaffen sowie Chemie- und Biowaffen spreche, da das russische Militär in den Kampfhandlungen in der Ukraine schwächele.

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