Vor Nato-Gipfel:Erdoğan wirft Macron "kranke Ideologie" vor

Erdogan Macron

Erdoğan und Macron bei einer Pressekonferenz am Mittwoch.

(Foto: AFP)
  • Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan attackiert Frankreichs Präsident Macron vor dem Nato-Gipfel in London und wirft ihm vor, eine "kranke Ideologie" zu verfolgen.
  • Macron hatte dem Bündnis vor einigen Wochen den "Hirntod" attestiert und dies unter anderem mit der türkischen Invasion in Nordsyrien begründet.
  • Das französische Außenministerium bestellte nach den Aussagen Erdoğans dessen Botschafter ein.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Kurz vor dem Treffen der Staats- und Regierungschefs in London hat Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg deutlich gestiegene Verteidigungsausgaben präsentiert. Für die Jahre 2016 bis 2020 belaufen sich die Zusatzinvestitionen der europäischen Nato-Mitglieder und Kanada auf 130 Milliarden Dollar (118 Milliarden Euro) und steigen bis Ende 2024 sogar auf 400 Milliarden Dollar an. Stoltenberg begrüßt, dass die Ausgaben das fünfte Jahr in Folge zunehmen und sieht darin einen Beleg für die Stärke der 1949 gegründeten Militärallianz.

Diese Zahlen, die in einer Balkengrafik präsentiert wurden, sollen US-Präsident Donald Trump überzeugen, dass die Europäer auf sein lautstarkes Drängen reagieren. Bulgarien ist das neunte Land, das zwei Prozent seiner Wirtschaftsleistung in Verteidigung investiert. Bis 2024 sollte diese Marke von allen Mitgliedern erreicht werden. Es gilt als sicher, dass Trump beim Mini-Gipfel am 3. und 4. Dezember vor allem Deutschland auffordern wird, mehr in die Bundeswehr zu investieren. 2019 hat Deutschland wieder einen höheren Verteidigungsetat als Frankreich, aber laut Kanzlerin Angela Merkel soll die Zwei-Prozent-Marke erst 2031 erreicht werden.

Neben Trump gelten auch die Präsidenten Frankreichs und der Türkei, Emmanuel Macron und Recep Tayyip Erdoğan, als mögliche Störenfriede des Jubiläumstreffens. Am Freitagnachmittag spitzten sich die bilateralen Spannungen zu: Erdoğan warf Macron vor, eine "kranke Ideologie" zu verfolgen, weil dieser die Nato als "hirntot" bezeichnet und dies mit der türkischen Invasion in Nordsyrien begründet hatte, die alle Nato-Partner verurteilen. "Lassen Sie erst mal Ihren Hirntod überprüfen", rief Erdoğan. Frankreich kündigte daraufhin an, den türkischen Botschafter in Paris ins Außenministerium einzubestellen. "Das ist keine Aussage, das sind Beleidigungen", hieß es aus dem Élysée.

Von 2021 an gilt eine neue Formel für das Nato-Budget von 2,12 Milliarden Euro, mit dem unter anderem das Hauptquartier finanziert wird. Der Anteil der USA sinkt von 22,1 auf 16,35 Prozent, Deutschland übernimmt den gleichen Anteil. Für Berlin bedeutet dies jährliche Mehrausgaben von 33 Millionen Euro, während Washington etwa 120 Millionen Euro spart. Auch diese Reform gilt als "politisches Signal" an Trump. Frankreich erhöht als einziges europäisches Land seinen Beitrag nicht, was Macron mit dem Einsatz in Mali begründet, wo kürzlich 13 Soldaten starben: "Wer sehen will, welchen Beitrag Frankreich leistet, kann am Montag den Trauerfeiern beiwohnen, mit denen wir die gefallenen Soldaten ehren. Das ist der Preis, den wir zahlen."

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