Nato-Einsatz in Libyen spaltet Liberale:FDP-Chef Rösler düpiert Außenminister Westerwelle

Außenminister Guido Westerwelle gerät wegen seiner Libyen-Politik in der eigenen Partei immer mehr in Bedrängnis. Sein Amtsnachfolger im FDP-Vorsitz Philipp Rösler preist den militärischen Einsatz der Nato in Libyen - und setzt sich damit von Westerwelle ab.

Nico Fried, Berlin

Außenminister Guido Westerwelle (FDP) gerät wegen seiner Libyen-Politik nun auch in der eigenen Partei in Bedrängnis. Der Vorsitzende der Liberalen, Vizekanzler Philipp Rösler, würdigte am Freitag - anders als Westerwelle - den militärischen Einsatz der Nato in Libyen als "entscheidend".

Philipp Rösler beim mit Guido Westerwelle im Mai beim Bundesparteitag der FDP in Rostock. Damals wurde Rösler als Nachfolger Westerwelles in den Parteivorsitz gewählt.

Philipp Rösler beim mit Guido Westerwelle im Mai beim Bundesparteitag der FDP in Rostock. Damals wurde Rösler als Nachfolger Westerwelles in den Parteivorsitz gewählt.

(Foto: dpa)

Westerwelle hatte in den vergangenen Tagen den Vormarsch der Opposition in die Hauptstadt Tripolis als Sieg des libyschen Volkes und dessen Freiheitswillen gewertet. Zudem sei die Sanktionspolitik, die von der Bundesregierung verfolgt worden sei, in ihrer Wirkung nicht zu unterschätzen. Auf eine ausdrückliche Würdigung des Nato-Einsatzes hatte der Außenminister allerdings verzichtet.

Rösler dagegen sagte nun der Passauer Neuen Presse: "Unser tiefer Respekt und unsere Dankbarkeit gelten auch unseren Verbündeten, die Gaddafis Mordeinheiten entscheidend in den Arm gefallen sind." Auf Spekulationen über einen Rücktritt oder eine Ablösung Westerwelles ließ sich Rösler nicht ein. "Wir haben ein Team in der Bundesregierung, dazu gehört auch Guido Westerwelle."

Mit seiner deutlichen Würdigung des Nato-Einsatzes setzt sich Rösler auch von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ab. Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans hatte am Freitag noch vor Bekanntwerden des Rösler-Interviews mit Blick auf die Interpretation der Geschehnisse in Libyen von einer "hundertprozentigen Übereinstimmung" zwischen der Kanzlerin, Westerwelle und Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) gesprochen. Eine ausdrückliche Bewertung des Nato-Einsatzes lehnte er ab. "Wir freuen uns insgesamt über diesen Erfolg und teilen diesen Erfolg nicht in Zehntel und Tausendstel auf", sagte der Sprecher.

Nach den jüngsten militärischen Erfolgen der libyschen Rebellen nahm der Nationale Übergangsrat seine Arbeit in der Hauptstadt auf. Der Vizevorsitzende des Exekutivkomitees, Ali Tarhouni, erklärte, der Präsident des Übergangsrates, Mustafa Abdel Dschalil, komme nach Tripolis, sobald die Sicherheitslage dies zulasse. Die Rebellen hatten ihren Übergangsrat kurz nach dem Beginn der Revolte am 27. Februar in der Stadt Bengasi im Osten des Landes gegründet.

In den Straßen von Tripolis blieb es am Freitag weitgehend ruhig, allerdings dauerten die Kämpfe um den Flughafen an. Britische Kampfjets bombardierten laut Verteidigungsministerium in London zudem einen Bunker Gaddafis in seiner Heimatstadt Sirte sowie Militäranlagen. Die Küstenstadt gilt als einer der Orte, in denen sich Gaddafi versteckt haben könnte. Einheiten der Rebellen rückten auf die 400 Kilometer östlich von Tripolis gelegene Stadt vor.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International berichtet unter Berufung auf Augenzeugen von Massakern der Regierungstruppen an womöglich mehr als 100 Gefangenen.

Der UN-Sicherheitsrat stimmte unterdessen der Freigabe von umgerechnet gut einer Milliarde Euro zu, die als Vermögen des alten Regimes in den USA eingefroren war. Sie soll zu je einem Drittel an den Übergangsrat, in die internationale humanitäre Hilfe für Libyen und in einen Hilfsfonds fließen, aus dem Treibstoff und andere dringend benötigte Güter für die Bevölkerung finanziert werden sollen. Der Regierungschef der Rebellen, Mahmud Dschibril, forderte die Freigabe weiterer eingefrorener Mittel. Für die erfolgreiche Arbeit einer künftigen Regierung nach Gaddafis Sturz sei dies unabdingbar.

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