Nato:Zuständig für Russland und Rüstungskontrolle

Bettina Cadenbach

Bettina Cadenbach

(Foto: Ministry of Foreign Affairs of Georgia)

Die deutsche Diplomatin Bettina Cadenbach wird als zweite Frau überhaupt beigeordnete Generalsekretärin der Allianz. Sie bearbeitet wichtige Themen.

Von Matthias Kolb, Brüssel

Die designierte Präsidentin der EU-Kommission Ursula von der Leyen ist nicht die einzige Deutsche, die im Sommer Berlin verlässt, um bald in Brüssel Karriere zu machen. Die Diplomatin Bettina Cadenbach ist als zweite Frau überhaupt für das Amt einer beigeordneten Nato-Generalsekretärin ausgewählt und von Jens Stoltenberg bereits ernannt worden. Der Norweger setzt sich als Generalsekretär mit seiner direkten Stellvertreterin Rose Gottemoeller für mehr Vielfalt unter den Mitarbeitern der Militärallianz ein.

Acht "Assistant Secretary Generals" kümmern sich um Themen wie Streitkräfteplanung, Geheimdienstkoordinierung oder Management. Vor Cadenbach hatte es als einzige Frau Kolinda Grabar-Kitarović in der von Männern dominierten Nato auf diese Ebene geschafft. Die heutige Präsidentin Kroatiens war bis 2014 für den Dialog mit der Öffentlichkeit zuständig. Mit dem Bereich "Politische Angelegenheiten und Sicherheitspolitik" übernimmt die Deutsche ein noch wichtigeres Feld: Sie soll nicht nur Stoltenberg beraten, sondern auch Kontakt zu internationalen Organisationen wie EU, OSZE und UN pflegen. Zudem wird sie mit ihren 80 Mitarbeitern zuständig sein für die komplizierten Beziehungen zu Russland als auch zu Partnern wie Ukraine oder Republik Moldau. Auch das Thema Rüstungskontrolle wird die 59-Jährige künftig betreuen.

Ihr Arbeitsbeginn im Nato-Hauptquartier fällt in eine brisante Zeit. Am 2. August dürfte der INF-Vertrag zum Verbot nuklearer Mittelstreckenraketen auslaufen, den Russland seit Jahren bricht. Davon sind nicht nur die USA, sondern auch die anderen Nato-Mitglieder überzeugt. Die Suche nach einer angemessenen Antwort läuft - und als bisherige Beauftragte für Sicherheitspolitik im Auswärtigen Amt kennt Cadenbach die Optionen.

Auch sonst waren ihre bisherigen Stationen eine ideale Vorbereitung auf den neuen Job. Als Botschafterin vertrat sie Deutschland bis 2016 in Georgien. Das Land im Kaukasus, dessen Regionen Südossetien und Abchasien von Russland besetzt sind, strebt in die Nato und hat 870 Soldaten in Afghanistan stationiert. Wie sorgenvoll Polen und Balten nach Moskau blicken, wird Cadenbach in ihrer Zeit als deutsche Diplomatin in Estland zwischen 2004 und 2006 erfahren haben.

Cadenbach arbeitete bei den UN in New York, als an 9/11 das World Trade Center einstürzte

Aufgewachsen ist Cadenbach im Wittlager Land in Niedersachsen, wohin sie "zur Entschleunigung" mehrmals im Jahr zurückkehre, wie sie der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte. Nach dem Abitur studierte sie Romanistik, Germanistik und Politikwissenschaft und arbeitete als Journalistin für Lokalzeitungen. Ihre erste Stelle als Diplomatin führte sie 1994 nach Ankara; den Nato-Partner Türkei kennt sie also ebenso gut wie die USA.

Cadenbach arbeitete bei den UN in New York, als am 11. September das World Trade Center einstürzte. Sie sah aus der Nähe, wie der Terror neben der US-Politik auch den Alltag veränderte: "Das New York, das ich verlassen habe, war ein anderes New York als jenes, in das ich gekommen bin." Die von Trump angestoßene Debatte um das Zwei-Prozent-Ziel und die in seinen Augen zu geringen Militärausgaben der europäischen Nato-Partner dürfte spätestens zum Nato-Gipfel im Dezember in London Schlagzeilen machen.

Vier Jahre war Cadenbach, die gern dort ist, "wo sich etwas in Bewegung befindet, wo sich etwas dynamisch entwickelt und verändert", ständige Vertreterin des deutschen Botschafters in Teheran, bevor sie 2012 in Berlin das Referat für Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik der EU übernahm. Brüssel kennt sie also gut, und die Nato hat Interesse daran, dass die EU-Staaten sich in Sicherheitsfragen mehr abstimmen und die Verteidigungsfähigkeiten verbessern, solange es keine Doppelstrukturen gibt. Die Pesco genannte "Ständige Strukturierte Zusammenarbeit" dürfte in der EU-Kommission höhere Priorität haben: Als Verteidigungsministerin trieb Ursula von der Leyen das Projekt voran.

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