Nationalhymne für England:God save the music

Preparations In The UK Ahead Of The World Cup In Brazil

Zumindest bei den Flaggen ist alles klar: Ein zur Fußball-WM 2014 mit England-Fahnen dekoriertes Haus in Bristol.

(Foto: Getty Images)

Wales hat eine Nationalhymne, Schottland auch. England nicht. Ein Abgeordneter des britischen Parlaments will das ändern.

Von Christian Zaschke

Ist Toby Perkins ein Spalter, der die Einheit des Landes gefährdet? Oder ist er vielmehr ein Mann, der die Ansicht vertritt, dass das Vereinigte Königreich von Großbritannien und Nordirland nun einmal aus vier Ländern mit einer jeweils stark ausgeprägten Identität bestehe und gerade daraus Einheit und Größe beziehe?

Perkins ist Abgeordneter im britischen Parlament, und er glaubt, dass die Stärkung der regionalen Identitäten von England, Schottland, Wales und Nordirland dem Verbund insgesamt guttue. Deshalb, findet er, solle England jetzt endlich eine eigene Nationalhymne bekommen. An diesem Mittwoch bringt er einen entsprechenden Vorschlag im Unterhaus ein. Die Sache mit den Hymnen ist besonders im Sport ein wenig kompliziert im Königreich.

In manchen Sportarten sind vier Hymnen nötig

Geht es um die ganze Nation, wird "God Save the Queen" gespielt. Bei Olympischen Spielen erklingt diese Hymne für alle britischen Sportler.

Nun laufen die vier Länder aber in manchen Sportarten mit separaten Teams auf, zum Beispiel im Fußball. Auch bei den Commonwealth-Spielen tritt das Königreich mit vier Mannschaften an. Die Schotten nutzen diese Gelegenheit, um ihre inoffizielle Hymne "Flower of Scotland" zu Gehör zu bringen. Die Waliser singen ein Lied namens "Hen Wlad Fy Nhadau" (Altes Land meiner Väter), das grundsätzlich auf Gälisch zum Vortrag gebracht wird.

Dass für die Nordiren vor Fußballspielen "God Save the Queen" gespielt wird, sorgt dort seit Jahren für Verdruss beim katholisch-republikanischen Teil der Bevölkerung. Bei den Commonwealth-Spielen wird die Londonderry-Arie gespielt, besser bekannt als "Danny Boy", aber als richtige Nationalhymne wird das Lied in Nordirland auch nicht empfunden. Für englische Sieger erklingt bei den Commonwealth-Spielen seit 2010 die Hymne "Jerusalem". Zuvor war es "Land of Hope and Glory" gewesen.

"Jerusalem" wäre Favorit

Sollte Perkins' Vorschlag bei einer Mehrheit der Abgeordneten auf Zustimmung stoßen, wäre es an Kultur- und Sportminister John Whittingdale, in einer öffentlichen Konsultation zu ermitteln, welches Lied künftig als englische Nationalhymne gelten soll.

Favorit ist "Jerusalem", komponiert vor 100 Jahren von Hubert Parry, der einen Text des großen Dichters William Blake vertonte. Das Lied wird alljährlich in der berühmten "Last Night of the Proms" in der Royal Albert Hall zu reichlich Fahnengeschwenke zur Aufführung gebracht.

Wie das Parlament auf Perkins' Idee reagiert, ist allerdings offen. In den Jahren 2007, 2008 und 2010 hat es entsprechende Ansinnen eines anderen Abgeordneten abgelehnt. Perkins sagte: "Ich hoffe, dass Schotten und Waliser sehen, dass dies kein Vorstoß gegen die Union ist." Dass er Nordirland nicht einmal erwähnte, mag in der empfindlichen Provinz sehr wohl bemerkt worden sein.

In Schottland hingegen dürfte gerade unter Nationalisten die Vorstellung für Freude sorgen, bei offiziellen Anlässen künftig noch öfter die Zeilen von "Flower of Scotland" schmettern zu können. In dem Lied geht es selbstverständlich um den Sieg im Unabhängigkeitskrieg gegen die Engländer in der Schlacht von Bannockburn im Jahr 1314.

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