Israel und Palästina:USA stellen Friedensplan für Nahostkonflikt vor

Konflikt in Israel und im Gazastreifen

Gaza-Stadt, Anfang Mai: Polizisten und Einsatzkräfte stehen vor den Trümmern eines Gebäudes, welches bei israelischen Luftangriffen auf die palästinensische Stadt zerstört wurde.

(Foto: dpa)
  • US-Präsident Donald Trump hat einen "Deal des Jahrhunderts" angekündigt, mit dem der Nahostkonflikt endlich gelöst werden soll.
  • Als ersten Schritt wollen die USA im Juni in Bahrain eine Konferenz veranstalten, es soll dort um Investitionen in die Palästinensergebiete gehen.
  • Eine politische Vision wurde bisher jedoch nicht präsentiert. Die Palästinenser reagieren skeptisch.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel-Aviv, und Matthias Kolb, Brüssel

Die Palästinenser reagierten ablehnend auf die Ankündigung der USA, als ersten Schritt im Rahmen des lange angekündigten Nahost-Friedensplans eine Wirtschaftskonferenz in Bahrain ausrichten zu wollen. "Es ist nur möglich, den Konflikt in Palästina politisch zu lösen", sagte Ministerpräsident Mohammed Schtaje am Montag in Ramallah. "Die Regierung und die palästinensische Führung betonen, dass wir den Aufruf zu dem Workshop in Bahrain ablehnen." Ein Berater des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas, Nabil Shaath, ergänzte: "Wir werden unser Land nicht wegen eines ökonomischen Projekts verkaufen."

Das Weiße Haus hatte am Sonntagabend bekannt gegeben, am 25. Juni werde eine Konferenz mit dem Titel "Frieden durch Prosperität" in Bahrain stattfinden. Dabei soll es um Investitionen in die Palästinensergebiete gehen, ohne aber auf den politischen Aspekt des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern einzugehen - etwa Grenzfragen oder den Status von Jerusalem. Wann die Präsentation des politischen Plans erfolgt, die zum von US-Präsident Donald Trump angekündigten "Deal des Jahrhunderts" führen soll, blieb offen.

Die palästinensische Autonomiebehörde hat Finanzprobleme

Nahostbeauftragter Jared Kushner, Trumps Schwiegersohn, bedankte sich bei Bahrain für die Gastfreundschaft und erklärte: "Wirtschaftlicher Fortschritt kann nur erreicht werden mit einer soliden ökonomischen Vision und wenn die zentralen politischen Themen gelöst sind. Wir freuen uns darauf, sehr bald unsere Vision vorstellen zu können, wie politische Probleme überbrückt werden können." Wann dies geschehen soll, sagte er nicht.

Bereits zuvor hatte es geheißen, dass die Palästinenser zuerst mit Wirtschaftshilfen gelockt werden sollen, damit sie den US-Plan nicht von vorneherein ablehnen. Die palästinensische Autonomiebehörde steckt in einer schweren Finanzkrise. Israel überweist einen Teil der für die Palästinenser eingesammelten Steuer- und Zolleinnahmen nicht mehr, weil die palästinensische Autonomiebehörde Familien von gefangenen und getöteten Palästinensern finanziell unterstützt. Die palästinensische Autonomiebehörde hat daraufhin die gesamten Überweisungen abgelehnt und ein Sparpaket geschnürt.

Äußerungen von Kushner und dem Nahostgesandten Jason Greenblatt lassen darauf schließen, dass das Wort Zwei-Staaten-Lösung nicht enthalten sein wird. Beide betonten, dies sei ein Begriff aus der Vergangenheit, nun sei ein neuer Ansatz notwendig. "Wenn man zwei Staaten zu den Israelis sagt, dann verstehen sie darunter eine Sache, wenn man zwei Staaten zu den Palästinenser sagt, dann heißt das für die etwas anderes. So haben wir beschlossen, dann verwenden wir das Wort nicht. Arbeiten wir lieber im Detail aus, was es bedeutet", erklärte Kushner.

US-Finanzminister Steven Mnuchin erklärte mit Blick auf die Konferenz in Bahrain, den Palästinensern würden "sehr aufregende Möglichkeiten angeboten, um das volle Potenzial auszuschöpfen". Es sollen Vertreter von arabischen und europäischen Ländern teilnehmen. Von offizieller israelischer Seite gab es zwar bis Montagmittag keinen Kommentar. Es hieß allerdings, der Finanzminister werde teilnehmen. Ob es sich weiter um Mosche Kahlon handelt, werden die derzeit laufenden Koalitionsverhandlungen zeigen.

Die USA haben im Vorfeld insbesondere bei arabischen Ländern vorgefühlt, damit diese die finanzielle Hauptlast eines Millionen teuren Entwicklungsplans für die Palästinenser tragen. Dass auch die Europäer eingebunden werden, lässt nach Einschätzung von Diplomaten darauf schließen, dass die Zahlungsbereitschaft der Golfstaaten nicht allzu groß sein dürfte, weshalb der Kreis ausgeweitet wurde.

Welches politische Modell genau in Washington ausgearbeitet wurde, darüber wird spekuliert. Am vergangenen Wochenende berichtete ein israelischer Sender, Bestandteil des US-Plans sei, dass jüdische Siedlungen im Westjordanland Israel zugeschlagen werden. Bei einem Auftritt im Washington Institute for Near East Policy warnte Kushner vor zwei Wochen vor einseitigen Schritten.

Dies wurde als Hinweis an Israels Premierminister Benjamin Netanjahu verstanden, der im Wahlkampf eine Annexion von jenen Teilen des Westjordanlandes angekündigt hatte, auf denen jüdische Siedlungen stehen. Eines haben die US-Verhandler klar ausgeschlossen: Eine Föderation des Westjordanlandes mit Jordanien. Dass dies der Plan enthalte, hatte der palästinensische Präsident Abbas behauptet.

Am Ziel der EU hat sich nichts geändert, wie die Außenbeauftragte Federica Mogherini im Februar beim Gipfel mit der Arabischen Liga in Ägypten erklärt hat: Angestrebt wird eine Zwei-Staaten-Lösung, in der ein "unabhängiges, demokratisches und lebensfähiges Palästina" friedlich neben Israel und den anderen Staaten der Region existieren soll.

Die Europäer kompensieren einen Teil der von Trump gestrichenen Gelder. 360 Millionen US-Dollar haben die USA für das Palästinenserhilfswerk der UN, UNRWA, jedes Jahr gezahlt. Das war ein Drittel des Budgets. Inzwischen sind Europäer die wichtigsten Geldgeber. 2018 unterstützten die 28 EU-Mitglieder sowie die EU-Kommission die Palästinenser mit 350 Millionen Euro. Deutschland hat seine Hilfen im April um weitere 10 Millionen Euro aufgestockt.

Die europäischen Diplomaten versuchen sich auch auf den Tag X vorzubereiten, falls Netanjahu tatsächlich die Annexion von Teilen des Westjordanlandes verkündet. Die Union rechter Parteien nennt das als Bedingung für einen Eintritt in die von Netanjahu angestrebte Koalitionsregierung. Susanna Terstal, die EU-Spezialbeauftragte für den Nahost-Friedensprozess, versucht derzeit, die verschiedenen Positionen der 28 EU-Staaten auszuloten und eine gemeinsame Reaktion vorzubereiten.

Als Trump Ende März die Anerkennung der 1967 eroberten und 1981 annektierten Golanhöhen als israelisches Gebiet verkündete, gab es eine rasche Reaktion. Vertreter osteuropäischer EU-Staaten wie Ungarn, die zu Netanjahu ein gutes Verhältnis pflegen, waren diesmal rasch für eine Verurteilung dieses Schritts zu haben - mit Blick auf die von Russland annektierte Krim. Auch die UN erklärten, sie betrachteten die Annexion der Gebiete, die Israel von Syrien erobert hatte, als nichtig.

Dank Trump kommt jedenfalls wieder Bewegung in den Nahost-Prozess. Unter EU-Diplomaten wird oft die Analogie zum Gipfel von Trump mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-Un in Singapur im Juni 2018 gezogen: Dieser habe substanziell kaum etwas verändert, aber dem US-Präsidenten in den heimischen Medien viele positive Schlagzeilen beschert und sein Image als unkonventioneller Dealmaker gestärkt. Trotz aller Ernüchterung über den schwierigen Partner in Washington ist in Brüssel ein gewisser Zweckoptimismus herauszuhören: "Es ist so lange nichts passiert im Nahost-Friedensprozess, dass jeder Schritt gut ist, der Zusammenarbeit fördert."

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