Nahostkonflikt:Eine selbstverschuldete Tragödie

Die Wiederherstellung der jüdischen Souveränität im Land Israel war keine Ungerechtigkeit, sie war die Korrektur eines historischen Fehlers. Die Palästinenser haben nur deshalb noch keinen eigenen Staat, weil sie seit 70 Jahren jedes Angebot zurückweisen.

Ilan Mor

Die Gründung des jüdischen Staates im Land Israel war kein Zufall der Geschichte. Seit 4000 Jahren haben Juden hier durchgehend gelebt und sind nie aus freien Stücken fortgegangen, sondern von fremden Mächten vertrieben worden.

Nahostkonflikt: Schuld am eigenen Schicksal? Ein Palästinenser mit einer Flagge auf der Mauer, die Israel vom Westjordanland trennt.

Schuld am eigenen Schicksal? Ein Palästinenser mit einer Flagge auf der Mauer, die Israel vom Westjordanland trennt.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Wiederherstellung der jüdischen Souveränität in diesem schmalen Streifen Land war keine Ungerechtigkeit, sie war die Korrektur eines historischen Fehlers. Es ist bedauerlich, dass die Versuche, die Existenz des Staates Israel zu delegitimieren, auch 60 Jahre nach seiner Gründung noch nicht aufgehört haben.

Dabei kommen auch in den deutschen Medien vermeintliche Glückwünsche häufig mit der Bezichtigung daher, Israel trage die Schuld an der palästinensischen "Katastrophe".

Man mag mit dem Gefühl der Palästinenser, eine Tragödie erlebt zu haben, sympathisieren. Man sollte sich jedoch nicht zu Einseitigkeiten hinreißen lassen. Vor allem darf nicht übersehen werden, dass es sich hier weithin um eine selbstverschuldete Tragödie handelt.

So sind zum Beispiel die Ursachen des Flüchtlingsproblems im Jahr 1947 zu suchen, als die UN-Resolution 181 von arabischer Seite zurückgewiesen wurde, die für die Gründung sowohl eines arabischen als auch eines jüdischen Staates im damaligen britischen Mandatsgebiet plädierte. Die Palästinenser würden heute einen Staat haben, und es würde keinen einzigen Flüchtling geben, wenn sie sich damals mehr darum gekümmert hätten, ihren eigenen Staat aufzubauen, anstatt die im Entstehen begriffene jüdische Heimstätte zu zerstören.

Blind oder bösen Willens

Es war während des durch die Invasion von fünf arabischen Armeen verursachten Unabhängigkeitskrieges, dass sich eine große Zahl von Palästinensern dazu entschied, das Land zu verlassen. Die meisten taten dies auf Veranlassung ihrer lokalen politischen Führungen und der arabischen Nachbarstaaten.

Eine "ethnische Säuberung" hat es nie gegeben; tatsächlich folgten 160.000 Palästinenser dem Ruf Israels, gleichberechtigte Bürger im neuen Staat zu werden. Heute beläuft sich die Zahl der israelischen Araber auf 1,5 Millionen, sie sind in der Knesset vertreten, fungieren als Richter am Obersten Gerichtshof, Diplomaten und hochrangige Regierungsbeamte.

Das Arabische ist neben dem Hebräischen offizielle Amtssprache. Wer da - wie manch selbsternannter Nahost-Experte im heutigen Europa - von "Apartheid" spricht, ist entweder blind oder bösen Willens.

Not als politisches Instrument

Wenn aus verschiedenen Gründen viele Palästinenser zu Flüchtlingen wurden, muss man sich zudem fragen, warum sie dies über sechs Jahrzehnte geblieben sind. Die Situation erscheint umso frappierender, wenn man bedenkt, dass eine noch größere Zahl von Juden zu jener Zeit aus den arabischen Staaten vertrieben wurde.

Diese 600.000 Juden wurden trotz der Armut des jungen jüdischen Staates voll in die israelische Gesellschaft integriert. Die Palästinenser wurden jedoch weiter als Flüchtlinge gehalten, um ihre Not als politisches Instrument gegen Israel benutzen zu können. Und dies ist nicht das einzige Beispiel für Versuche, Israel auf Kosten palästinensischer Interessen zu attackieren.

Wieder und wieder haben die Palästinenser das Angebot eines eigenen Staates zurückgewiesen: 1937 den Vorschlag der britischen Peel-Kommission über die Teilung Palästinas in einen jüdischen und einen arabischen Staat, 1939 die Empfehlung des britischen Weißbuchs zu einem vereinigten Staat und dann im Jahr 1947 die UN-Resolution 181.

Eine selbstverschuldete Tragödie

Auch in den Jahren 1948 bis 1967, als sich das Westjordanland unter jordanischer und der Gaza-Streifen unter ägyptischer Kontrolle befand, wurden nie Anstrengungen unternommen, einen palästinensischen Staat zu gründen. Die letzte vergebene Chance war das generöse Angebot Ehud Baraks von Camp David im Jahr 2000, das von Yassir Arafat verworfen wurde.

Ilan Mor,

Ilan Mor, Jahrgang 1955, ist Gesandter und stellvertretender Botschafter des Staates Israel in Berlin.

(Foto: Foto: oH)

Stets haben die Palästinenser mehr Mühe auf die Zerstörung des Staates ihrer Nachbarn als auf die Gründung ihres eigenen Staates verwandt. Ein sprechendes Beispiel ist die aktuelle Situation im Gaza-Streifen: Der israelische Abzug vor knapp drei Jahren hat die palästinensische Führung nicht dazu motiviert, funktionierende politisch-administrative und wirtschaftliche Strukturen in diesem Gebiet aufzubauen, sondern vielmehr dazu, die terroristischen Raketenangriffe auf Städte und Ortschaften in Südisrael zu intensivieren.

Seit der Machtergreifung der Hamas im Juni vergangenen Jahres in Gaza hat sich die Lage noch verschärft; bewusst werden inzwischen zum Beispiel Lieferungen von Treibstoff und anderen Hilfsgütern aus Israel sabotiert, um medienwirksam eine angebliche humanitäre Krisensituation in Gaza zu inszenieren und die Bevölkerung dem islamischen Fundamentalismus gemäß zu radikalisieren. Was zurzeit in Gaza vor sich geht, ist die wahre palästinensische Katastrophe.

Die Palästinenser machen es sich zu leicht, wenn sie immer wieder allein die israelische Besatzung für ihre Probleme verantwortlich machen. Auch die jüdische Gemeinschaft in Israel hätte in den Jahren nach 1945 unter Hinweis auf die britische Kolonialherrschaft, den arabischen Terror und das Trauma des Holocausts erklären können, dass unter solchen Umständen kein Staat zu machen sei. Statt dessen hat sie ihr Schicksal selbst in die Hand genommen und in kurzer Zeit allen Widrigkeiten zum Trotz ein florierendes politisches Gemeinwesen aufgebaut.

Das Recht des palästinensischen Volkes auf politische Selbstbestimmung ist unbestritten. Doch um diese zu erlangen, muss es zum Ausgang aus seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit finden. Es reicht nicht aus, immer nur auf die eigene Opferrolle zu verweisen. Und auch die internationale Gemeinschaft täte gut daran, damit aufzuhören, die Palästinenser so zu behandeln, als könnten sie nicht selbst Verantwortung für sich übernehmen.

Hätten sie nicht Gelegenheit um Gelegenheit verstreichen lassen, könnten die Palästinenser nun gemeinsam mit Israel die Unabhängigkeit von zwei Staaten feiern, die Seite an Seite in Frieden und Sicherheit leben. Wir wollen hoffen, dass nicht noch mehr Chancen ungenutzt bleiben - und die Vision der Lösung von zwei Staaten für zwei Völker bald Wirklichkeit wird.

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