Nahostkonflikt:Comeback einer alten Idee

Nahostkonflikt: Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (li.) ist an der Konföderation interessiert, Jordaniens König Abdullah II. ist weiter für eine Zweistaatenlösung.

Palästinenserpräsident Mahmud Abbas (li.) ist an der Konföderation interessiert, Jordaniens König Abdullah II. ist weiter für eine Zweistaatenlösung.

(Foto: Yousef Allan/AFP)

Die USA streben laut Palästinenserpräsident Abbas einen gemeinsamen Staat für Palästinenser und Jordanier an. Abbas erklärte, er habe Interesse signalisiert - aber nur, wenn Israel mit von der Partie sei.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Tel Aviv

Die Erfinder sind tot, aber ihre Idee lebt. Vor mehr als drei Jahrzehnten entwickelten der damalige jordanische König Hussein und Palästinenserführer Jassir Arafat einen Plan. Das von Israel besetzte Westjordanland sollte Jordanien angeschlossen werden, es sollte eine Konföderation entstehen. Damit hätten die Palästinenser zwar keinen eigenen Staat, aber große Teile der Bevölkerung wären wiedervereinigt. Rund 2,2 Millionen Palästinenser sind derzeit im Westjordanland, in Jordanien halten sich weitere 2,1 Millionen Palästinenser auf, die zum Teil seit Jahrzehnten in Flüchtlingslagern leben.

Dieser Entwurf stammt aus der Zeit vor dem Oslo-Abkommen, das vor exakt 25 Jahren unterzeichnet worden ist und einen Fahrplan für eine Zweistaatenlösung mit eigenem Staat für die Palästinenser neben Israel in Aussicht stellte. Diesen Plan aus den Achtzigerjahren haben offenbar die Amerikaner aufgegriffen, er soll - glaubt man den Worten des palästinensischen Präsidenten Mahmud Abbas - Kernstück der lange erwarteten Initiative der USA für Palästinenser und Israelis sein. Wie Abbas bei einem Treffen am Sonntag mit israelischen Friedensaktivisten und Abgeordneten in Ramallah überraschend enthüllte, waren die US-Unterhändler Jared Kushner und Jason Greenblatt mit diesem Vorschlag vor Kurzem an ihn herangetreten.

Abbas erklärte, er habe Interesse signalisiert - aber nur, wenn Israel mit von der Partie sei. Ein Drei-Staaten-Bund wäre die Abkehr der bisherigen Positionierung der Palästinenser seit dem Oslo-Abkommen. Abbas, der das Abkommen als Außenminister mit unterzeichnet hat, war bisher stets für eine Zweistaatenlösung. Wegen der zunehmenden Ausbreitung von jüdischen Siedlern, von denen inzwischen rund 600 000 im Westjordanland leben, wird eine Zweistaatenlösung von vielen für inzwischen unrealistisch gehalten. Israels Präsident Reuven Rivlin, der bereits Sympathien für eine Einstaatenlösung kundgetan hatte, unterstützte am Montag überraschend den Vorschlag. "Wir müssen einen Weg finden, um miteinander zu leben. Das könnte natürlich auch in einer Konföderation sein", sagte Rivlin. Eine solche Lösung könnte eine Möglichkeit sein, um Vertrauen zwischen Israelis und Palästinensern herzustellen. In einem gemeinsamen Staat würden Juden aufgrund der demografischen Entwicklung bald in der Minderheit sein. Das im Juli beschlossene umstrittene Nationalstaatsgesetz, das Israel als "jüdischen Staat" definiert und nur Israelis ein Mitbestimmungsrecht zuerkennt, wird als Vorbereitung für diesen Schritt interpretiert. Dass die Palästinenser eine Konföderation mit Jordanien eingehen sollen, war in jüngster Zeit wiederholt von Israels Premierminister Benjamin Netanjahu ventiliert worden. Israel würde dann einen Teil der im Sechs-Tage-Krieg 1967 von Jordanien eroberten Gebiete verlieren. Dass Netanjahu einem Dreier-Bund zustimmt, gilt jedoch als ausgeschlossen - die Juden wären dann erst recht in der Minderheit. Netanjahu wollte zu den jüngsten Diskussionen keine Stellungnahme abgeben. Eine Sprecherin der jordanischen Regierung erklärte, "über diese Idee einer Konföderation mit dem Westjordanland zu diskutieren, ist nicht möglich". Jordanien sei weiter für eine Zweistaatenlösung. Ob König Abdullah mit Abbas über den Vorschlag seines Vaters und den jüngsten Vorstoß der USA gesprochen hat, blieb offen. Abbas scheint gesprächsbereit zu sein. Sein Sprecher Nabil Abu Rudeinah sagte, die Idee einer Konföderation liege für die palästinensische Führung seit 1984 auf dem Tisch.

Im Lichte dieses Vorschlags ergeben die Schritte von US-Präsident Donald Trump, die Verlegung der US-Botschaft nach Jerusalem und die forcierte Auflösung des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA, Sinn: Bei einem gemeinsamen Staat der Palästinenser mit Jordanien bliebe wohl Amman Hauptstadt. Und ein Großteil der fünf Millionen Palästinenser, die von der UNRWA als Flüchtlinge anerkannt werden, würden als Bürger in diesem gemeinsamen Staat leben. Jerusalems Bürgermeister Nir Barkat hat unterdessen am Montag nach der von den USA am Wochenende angekündigten Streichung von Geldern für UNRWA angekündigt, die Arbeit der Organisation in der Stadt zu unterbinden. Das Ziel sei, alle fünf von der UNRWA betriebenen Schulen und Sozialdienste zu schließen. Davon wären rund 100 000 Palästinenser betroffen.

US-Nahostverhandler Greenblatt wollte zu dem kolportierten Vorschlag nicht direkt Stellung beziehen, er erklärte lediglich: "Unser Plan wird Ideen enthalten, die wir für realistisch, fair und umsetzbar halten."

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