Genf (dpa) - Das UN-Menschenrechtsbüro wirft Israel Kriegsverbrechen vor. Den mehr als zwei Millionen Menschen im Gazastreifen Strom und Treibstoff vorzuenthalten sei eine kollektive Bestrafung. „Kollektive Bestrafungen sind ein Kriegsverbrechen“, sagte die Sprecherin, Ravina Shamdasani, in Genf.
Sie fügte hinzu, dass auch die Entführung von Zivilisten ein Kriegsverbrechen sei. Die radikale Palästinenserorganisation Hamas hatte bei einem Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober mehr als 200 Menschen in den Gazastreifen verschleppt.
Humanitäre Katastrophe im Gazastreifen
Die kollektive Bestrafung im Gazastreifen passiere, weil der gesamten Bevölkerung Wasser, Nahrungsmittel, Treibstoff und Strom vorenthalten werde. Der Treibstoffmangel zwinge zur Schließung von Krankenhäusern und Bäckereien. Menschen lebten in Zufluchtsstätten unter verheerenden Bedingungen, ohne sauberes Trinkwasser und unzureichenden sanitären Einrichtungen.
„Für die 2,2 Millionen Menschen, die im Gazastreifen eingeschlossen sind und kollektiv bestraft werden, bahnt sich eine humanitäre Katastrophe an“, sagte Shamdasani. „Israels kollektive Bestrafung der gesamten Bevölkerung von Gaza muss sofort aufhören.“
UN: Hilfslieferungen für Gaza reichen nicht aus
Im Gazastreifen sollen nach Angaben der Vereinten Nationen heute aber acht weitere Lastwagen mit humanitärer Hilfe eintreffen. An Bord seien Trinkwasser, Nahrungsmittel und Material für Krankenhäuser, sagte Lynn Hastings, die UN-Koordinatorin für Humanitäre Hilfe in den von Israel besetzten Palästinensergebieten.
Dies reiche bei Weitem nicht, um die Not der rund 2,3 Millionen Menschen im Gazastreifen zu lindern. Nach Angaben von Hastings kamen vor der jüngsten Eskalation am 7. Oktober täglich 450 Lastwagen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen. Das UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) hatte bislang von täglich 500 Lastwagen gesprochen.
UN haben manchmal Zugriff auf Treibstofflager in Gaza
Die Lieferung von dringend benötigtem Treibstoff habe Israels Militär trotz zahlreicher Bitten bislang nicht erlaubt, hieß es. Die israelische Seite befürchtet, dass die Hamas den Treibstoff für Terrorzwecke missbrauchen könnte und wirft ihr vor, den Menschen im Gazastreifen eigene Treibstoffreserven vorzuenthalten.
Die Vereinten Nationen haben aber im Gazastreifen noch Treibstoff in einem Lager nahe dem Grenzübergang Rafah Richtung Ägypten. Vor dem Hamas-Terrorangriff auf Israel am 7. Oktober und der Abriegelung des Gazastreifens durch Israel seien dort etwa eine Million Liter gespeichert gewesen, sagte Lynn Hastings, die UN-Koordinatorin für Humanitäre Hilfe in den von Israel besetzten Palästinensergebieten. Sie sprach aus Jerusalem über Video-Link zu Reportern in Genf.
Dem UN-Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge im Nahen Osten (UNRWA) sei es in den vergangenen Tagen gelungen, rund 200.000 Liter aus dem Depot zu holen. Allerdings habe das UNRWA früher 130.000 Liter am Tag benötigt, etwa zur Unterstützung der Entsalzung von Trinkwasser, für Krankenhäuser, Schulen und Bäckereien.
Rückblick
Terroristen hatten am 7. Oktober im Auftrag der Hamas Israel überfallen und im Grenzgebiet Massaker angerichtet. Israel begann daraufhin nach eigenen Angaben mit Gegenschlägen auf Hamas-Ziele. Israel möchte die in den Gazastreifen verschleppten Geiseln befreien und die herrschende Hamas zerschlagen.
Israel befürchtet, dass Hilfsleistungen in die Hände der Hamas fallen könnten und dass die Hamas eine Feuerpause nutzen könnte, sich neu zu gruppieren und zu bewaffnen.
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