Nahost:Trennt endlich Israelis und Palästinenser!

Zusammenstöße in Ost-Jerusalem

Immer wieder kommt es zu Zusammenstößen zwischen Palästinensern und Israelis. Hier in Ost-Jerusalem, 2010.

(Foto: dpa)

Israel erlebt eine Gewaltwelle, weil junge Palästinenser jede Perspektive für ihr Leben verloren haben.

Kommentar von Peter Münch

Diplomatie wird definiert als die Kunst der Verhandlung, also muss es wohl die hohe Kunst sein, die gerade in Berlin zur Aufführung kommt: Bundeskanzlerin Angela Merkel trifft Israels Premier Benjamin Netanjahu, Netanjahu trifft US-Außenamtschef John Kerry, Kerry trifft Außenminister Frank-Walter Steinmeier, Steinmeier trifft die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini. Es ist ein bunter Reigen von Gesprächen, und am Ende sind sich natürlich alle einig, dass die Gewalt zwischen Israelis und Palästinensern eingedämmt werden muss.

Zur gleichen Zeit versuchen zwei mit Messern bewaffnete junge Palästinenser, in der israelischen Stadt Bet Schemesch in einen Schulbus einzudringen. Die Polizei erschießt einen der Angreifer, der andere wird schwer verletzt. In Hebron kommt es zu einer Messerattacke an einem Checkpoint der Armee. Im jüdischen Westteil Jerusalems gehen manche nur noch bewaffnet aus dem Haus, und im arabischen Ostteil kramen Jugendliche in Mutters Küchenschublade auf der Suche nach einer Waffe für den nächsten Angriff.

Kein Politiker kann die jungen Attentäter noch erreichen

Seltsam deplatziert wirkt die Diplomatie angesichts der Realität auf dem nahöstlichen Kampfplatz. Schön, dass sie geredet haben in Berlin, aber mit beschwichtigenden Worten und ernsten Mahnungen wird sich die Spirale der Gewalt nicht stoppen lassen. Die Routine des Krisenmanagements mit Sondersitzungen des Sicherheitsrats, mit UN-Resolution und Quartett-Beschlüssen läuft ins Leere, wenn 15-jährige Messerstecher die Dynamik vorgeben.

Kein UN-Generalsekretär, kein amerikanischer Außenminister und nicht einmal mehr ihre eigene palästinensische Führung kann diese jungen Attentäter noch erreichen. Sie wollen nichts mehr hören - sie wollen Taten sehen, Taten, die ihrem elendigen Leben eine Perspektive geben. Sie haben nichts mehr zu verlieren.

Israelis und Palästinenser müssen endlich getrennt werden

Ihre Väter haben noch auf Oslo gehofft, auf jene Verträge, die den Palästinensern Mitte der 90er-Jahre eine Staatsgründung binnen fünf Jahren versprochen hatten. Die Söhne haben nichts mehr, auf das sie ihre Hoffnung richten. Ein als sinnlos empfundenes Leben lassen sie in eine sinnlose Gewalttat münden, meist endet das in einem sinnlosen Tod.

Aufgeben darf die Diplomatie trotzdem nicht - aber statt Worten braucht es Taten. Der einzige Weg zu Ruhe und Frieden ist eine klare Trennung von Israelis und Palästinensern. Die immer wieder propagierte Ein-Staaten-Lösung ist angesichts der Gewalt als Popanz entlarvt. Es gibt keine Alternative zum alten Zwei-StaatenModell, das in der Tat nicht nur im Interesse der Palästinenser, sondern auch im Interesse Israels wäre. Angesichts von Unwillen und Unfähigkeit der Führungen auf beiden Seiten aber wird es die Aufgabe der internationalen Gemeinschaft sein, diese Lösung durchzusetzen.

Mit Worten und Mahnungen lässt sich der Konflikt nicht lösen

Die Mechanismen dafür sind durchaus vorhanden. Verschiedene Friedenspläne sind ausgearbeitet bis ins Detail, die Parameter sind stets die gleichen: die 1967er-Trennlinie als Grenze zwischen beiden Staaten, wobei die Möglichkeit zum Landtausch besteht; Jerusalem als geteilte Hauptstadt für beide Völker. Was fehlt, ist ein fester und verbindlicher Zeitplan bis zur Gründung eines Palästinenserstaats. Dieser Zeitplan könnte einschließlich der Parameter per UN-Resolution festgelegt werden, die notwendigen Verhandlungen zwischen Israelis und Palästinensern müssten dann druckvoll von außen geleitet werden.

Nur wenn solche Fakten geschaffen werden, lässt sich der Konflikt lösen. Wenn es die internationale Gemeinschaft und vor allem die US-Regierung aber weiter nur bei Worten und Mahnungen belassen, wird die Nahost-Diplomatie brotlose Kunst bleiben.

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