Nahost-Politik:Von Teheran gesteuert

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Protest gegen Israel – und gegen den „Islamischen Staat“: Hisbollah-Anhänger in Berlin. (Foto: Christian Ditsch/imago)

Die Bundesregierung prüft Möglichkeiten, die libanesische Hisbollah in Deutschland zu verbieten. Auf EU-Ebene ist bislang nur deren militärischer Teil als Terrororganisation eingestuft - besonders Paris legt Wert auf die Unterscheidung.

Von Daniel Brössler und Paul-Anton Krüger, Berlin

Das Vorhaben, die libanesische Hisbollah in Deutschland zu verbieten, nimmt Konturen an. Geplant sei, gegen die Organisation ein Betätigungsverbot nach dem Vereinsgesetz zu verhängen, berichtete am Donnerstag Spiegel Online. "Eine solche Beschlusslage existiert nicht", betonte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums. Das Bundesministerium des Innern äußere sich "grundsätzlich nicht zu etwaigen Verbotsüberlegungen, unabhängig davon ob im Einzelfall dazu Anlass besteht". Soll heißen: Auch für den Fall, dass Innenminister Horst Seehofer (CSU) ein Betätigungsverbot plant, würde er das nicht vorab verkünden.

Sicher ist, dass es in der Bundesregierung Gespräche über die Möglichkeiten gegeben hat, der Hisbollah einen Riegel vorzuschieben - wie es die USA und Israel schon lange fordern. Neben dem Innenministerium beschäftigt das Thema vor allem auch das Auswärtige Amt. Mit einem nationalen Betätigungsverbot würde die Bundesregierung auf gescheiterte Versuche reagieren, die Hisbollah EU-weit insgesamt als Terrororganisation einzustufen und zu verbieten. Bislang gilt das nur für den militärischen Teil der Hisbollah.

Insbesondere Frankreich besteht auf dieser Unterscheidung und argumentiert mit der politischen Rolle, welche die Organisation in Libanon spielt. Sie ist mit 13 der 128 Sitze im Parlament vertreten und stellte in der nach Protesten zurückgetretenen Einheitsregierung in Beirut drei Minister. Die von Iran gesteuerte und unterstützte Partei hatte bei der Wahl 2018 ihre Macht gefestigt und ist nicht bereit, ihre Regierungsbeteiligung aufzugeben. Die Miliz der Hisbollah gilt überdies als stärkste militärische Kraft in Libanon. Eine Änderung der Haltung Frankreichs, aber auch weiterer Staaten, sei nicht zu erwarten, hieß es in Berlin. Man schöpfe daher nun die nationalen Möglichkeiten aus.

Zuletzt war auch aus dem Bundestag der Druck gestiegen, die Organisation in Deutschland zu verbieten. So hatte die FDP gefordert, "die Hisbollah in ihrer Gesamtheit in Deutschland als Terrororganisation einzustufen". Im Bundestag machten sich die Liberalen für einen interfraktionellen Beschluss stark. Gespräche darüber gab es auch in der schwarz-roten Koalition. "Wir freuen uns, dass die Bundesregierung diesen Weg geht. Das ist der Weg, den wir auch für richtig halten", sagte der stellvertretende FDP-Fraktionvorsitzende Alexander Graf Lambsdorff.

Laut dem Bundesverfassungsschutz nutzt die Hisbollah Deutschland bislang "lediglich als Rückzugsraum". Es müsse aber "damit gerechnet werden, dass die Hisbollah auch außerhalb des Nahen Ostens weiterhin terroristische Aktionen gegen Israel oder israelische Interessen plant", heißt es im aktuellen Verfassungsschutzbericht. Sorge bereiten Innenpolitikern zudem kriminelle Aktivitäten der Hisbollah wie Geldwäsche.

© SZ vom 29.11.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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