Nahost-Politik:Saudische Handreichungen

Saudi-Arabien in einem Boot mit Israel und Ägypten: Die verschlungenen Konfliktlinien im Nahen Osten sorgen für neue, ungewöhnliche Bündnisse.

Tomas Avenarius

Nervosität in Nahost: Seit bekannt ist, dass sich die UN-Ermittler im Mordfall Hariri auf eine mögliche Tatbeteiligung der Hisbollah konzentrieren, läuten alle nahöstlichen Alarmglocken. Denn Hisbollah-Chef Hassan Nasrallah will um jeden Preis verhindern, dass Angehörige seiner Miliz mit dem Attentat an dem früheren libanesischen Regierungschef Rafik al-Hariri in Verbindung gebracht werden.

Nahost-Politik: Der saudische König Abdallah (l.) übernimmt die Rolle des Nahost-Feuerwehrmanns und bringt Syriens Präsidenten Bashar al-Assad mit nach Beirut.

Der saudische König Abdallah (l.) übernimmt die Rolle des Nahost-Feuerwehrmanns und bringt Syriens Präsidenten Bashar al-Assad mit nach Beirut.

(Foto: AFP)

Nasrallah mit seiner libanesischen Miliz ist ein mächtiger Mann. Lässt er seine Muskeln anschwellen, werden die Regierungen in Riad, Kairo, Jerusalem und Washington unruhig.

Die Rolle des Nahost-Feuerwehrmanns übernimmt nun der saudische König Abdallah. Mit seiner Vier-Tages-Reise durch die Region will der Monarch "arabische Einheit" herstellen. Sein Meisterstück dabei: Er brachte den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad - quasi an der Hand - zurück in die libanesische Hauptstadt Beirut.

Das ist nicht irgendein Staatsbesuch. Nachdem 2005 eine Autobombe den ehemaligen libanesischen Premierminister Rafik al-Hariri getötet hatte, konnte Assad sich im Nachbarland nicht mehr blicken lassen. Schließlich betrachteten die Sonderermittler der Vereinten Nationen Assad als Hintermann des Hariri-Mords.

Als Folge davon musste Assad gedemütigt seine Armee aus dem Libanon, dem einstigen syrischen Satellitenstaat, abziehen. Jetzt kehrt er zurück. Syrien redet wieder offiziell mit im Libanon. Und die Saudis akzeptieren es. Denn Assad hat Einfluss auf die Hisbollah.

Der zweite Krisenherd ist Iran

Mit seiner Einheits-Tour zielt König Abdallah aber auf mehr als darauf, neue Gewalt im zerrissenen Libanon zu verhüten. Jede Instabilität im Nahen und Mittleren Osten hat inzwischen drei Gravitationszentren. Da ist der ewige israelisch-palästinensische Streit: Araber, Iraner und Türken haben sich - mehr oder weniger glaubwürdig - auf die Seite der Palästinenser geschlagen. Wobei ein Teil der Muslim-Staaten den pro-amerikanischen Palästinenser-Präsidenten Machmud Abbas unterstützt.

Die anderen stehen auf der Seite der Hamas-Islamisten aus Gaza. Der zweite Krisenherd ist Iran: Der Westen und die meisten arabischen Staaten fürchten, das Teheraner Nuklearprogramm ziele auf Atomwaffen. Das dritte Konfliktzentrum ist der Irak: Nach sieben Jahren Krieg bleibt das Land unruhig und destabilisiert die Nachbarstaaten.

Untereinander definieren Araber, Iraner und Türken ihre Beziehungen inzwischen um diese drei Gravitationszentren herum. Da diese sich teilweise auch noch überlappen, kommt es zu Bündnissen voller Widersprüche. Da steht das arabische Syrien ziemlich alleine an der Seite Irans, versucht, den ebenfalls arabischen Libanon mit Hilfe der Hisbollah eng an die persische Allianz anzubinden.

Nahöstliches Gewirr

Syrien braucht aber auch Stabilität im Irak - da decken sich Assads Interessen eher mit denen der Saudis als mit denen der Iraner. Ähnlich ergeht es den Ägyptern: Sie wollen den Aufstieg Irans zur Nahost-Großmacht verhindern und bei den Palästinensern die Hamas kleinhalten. So finden sich die Machthaber in Kairo in einem Boot mit Israel und Saudi-Arabien - eine merkwürdige Koalition. Die Liste ließe sich fortsetzen.

In diesem Gewirr vernünftige Politik zu betreiben, fällt schwer. Zumal in dem nahöstlichen Durcheinander die Supermacht USA Einfluss nimmt und Israel eine eigene, meist anti-arabische Politik betreibt. König Abdallah setzt nun bei den Syrern an, nachdem er sich in Kairo rückversichert hat. Der Saudi will Assad aus dem Bündnis mit den Persern hinüber auf die Seite der anderen Araber-Staaten ziehen und so Spannungen abbauen.

Dass Assad sich aber rasch von Teheran distanzieren wird, ist wenig wahrscheinlich. Zumindest aber ist er der richtige Ansprechpartner: Gegen den Schlüsselstaat Syrien ist Stabilität im Nahen Osten derzeit nicht zu haben.

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