Süddeutsche Zeitung

Nahost:Plötzlich reden sie von Krieg

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Irans Außenminister warnt martialisch vor einer Attacke auf sein Land - dessen Verwicklung in die Attacke auf seine Ölanlagen sieht Saudi-Arabien als erwiesen an und verlangt internationalen Beistand.

Von Dunja Ramadan, München

Nun ist es also doch gefallen. Das Wort, das bislang von allen Beteiligten vermieden wurde. Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif sagte dem US-Sender CNN am Donnerstag, ein etwaiger Schlag gegen die Islamische Republik werde zu einem uneingeschränkten, einem "totalen Krieg" führen. Zwar sei Teheran nicht auf eine militärische Konfrontation aus, doch man werde "nicht einen Wimpernschlag zögern, unser Territorium zu verteidigen", so Sarif. US-Außenminister Mike Pompeo war am Abend zuvor in der saudischen Hafenstadt Dschidda gelandet, im Gepäck die bislang schärfste Aussage der vergangenen Tage. So nannte er die Angriffe auf saudische Ölanlagen "eine Kriegshandlung", die den "Fingerabdruck" Ayatollah Ali Khameneis trage, des Obersten Führers Irans.

So präzise könne die Huthi-Miliz gar nicht zielen, sagt der Sprecher des saudischen Militärs

Nachdem am vergangenen Samstag wichtige Ölanlagen in Saudi-Arabien angegriffen worden waren, hatte Pompeo noch am selben Tag Iran als Urheber der Attacken beschuldigt. Dann folgten Tage der Deeskalation, US-Präsident Donald Trump wollte mit einer "Vergeltungsaktion" warten, bis "definitive Beweise" vorliegen, auch Saudi-Arabien schien sich Zeit lassen zu wollen. Bis zu einer Pressekonferenz am Mittwochabend in Riad, bei der es aussah wie auf einem Schrottplatz: Die Trümmerteile von Drohnen und Marschflugkörpern, die der Militärsprecher Turki al-Maliki dem internationalen Publikum zeigte, sollten Irans Urheberschaft beweisen. Neben den Kennzeichnungen auf den Drohnen, die aus iranischer Produktion stammen sollen, zeigte al-Maliki Satellitenaufnahmen, die beweisen sollen, dass die Angriffe von Norden aus kamen. Und Bilder der Einschlaglöcher an der Ölfabrik in Abqaiq, die belegen sollen, wie präzise die Anschläge ausgeführt wurden. So präzise, dass die schiitische Huthi-Miliz in Jemen unmöglich dahinterstecken könne, auch wenn sie das wieder und wieder behaupte.

Turki al-Maliki schloss die Konferenz mit Worten wie "unzweifelhaft" und "ohne Frage": Iran stecke hinter den Angriffen. Seine Beweise sollen nun die zweite Phase "möglicher Reaktionen" einläuten, von der allerdings niemand so genau weiß, wie sie aussehen könnten. Ob Trump das Gezeigte nun als "definitive Beweise" anerkennt, bleibt abzuwarten. US-Außenminister Pompeo, sagte am Donnerstag bei einem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten, die USA setzten weiterhin auf eine friedliche Lösung.

Der saudische Kronprinz Mohammed bin Salman versuchte die internationale Gemeinschaft in die Verantwortung zu nehmen. Er bezeichnete den Angriff als "echten Test für den globalen Willen" auf solche Taten zu reagieren, die die internationale Sicherheit und Stabilität bedrohen. Damit unterstützt er den Appell seines Vaters, König Salman, der den Konflikt mit Iran zu einer internationalen Angelegenheit machen möchte. Denn die "feigen Angriffe" hätten nicht nur auf Ölanlagen des Landes abgezielt, sondern auch auf die internationale Ölversorgung, so Salman.

Das Pochen der Saudis auf internationalen Beistand erhörte neben den Vereinten Nationen nun auch Frankreich, das am Donnerstag Gutachter nach Saudi-Arabien schickte, um den Anschlag auf die Ölanlagen zu untersuchen. Außenminister Jean-Yves Le Drian zeigte sich skeptisch, dass die Huthis tatsächlich verantwortlich sind. Die Experten seien geschickt worden, "um unsere eigene Sicht der Dinge" zu ermitteln, so Le Drian.

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SZ vom 20.09.2019
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