Nahost-Konflikt:Makler mit Makel

In einem Interview hat Donald Trump seinen Schwiegersohn Jared Kushner als Vermittler für den Nahost-Konflikt ins Gespräch gebracht. Er wäre ein Makler, der bei den Palästinensern auf wenig Akzeptanz stoßen dürfte.

Von Peter Münch, Tel Aviv

Für den künftigen US-Präsidenten Donald Trump ist auch der nahöstliche Frieden in erster Linie eine Familienangelegenheit. Dieser Prämisse folgend hat er seinen Schwiegersohn Jared Kushner im Gespräch mit der New York Times als idealen Vermittler zwischen Israelis und Palästinensern genannt. "Er kennt die Region, er kennt die Leute, und er kennt die Mitspieler", schwärmte Trump. Einschränkend wäre anzumerken, dass der Spross einer orthodoxen jüdischen Familie aus New Jersey wohl vor allem die israelische Sichtweise auf den Konflikt kennt, weshalb er den Palästinensern nicht unbedingt als ehrlicher Makler erscheint.

Die Bedenken dürften nun noch verstärkt werden durch eine Recherche der israelischen Tageszeitung Haaretz, der zufolge die Familienstiftung der Kushners in den vergangenen Jahren Zehntausende Dollar für jüdische Siedlungen auf besetztem palästinensischem Land gespendet hat.

Jared Kushner sitzt ebenso wie seine Geschwister im Vorstand der von seinen Eltern gegründeten "Charles und Seryl Kushner Charitable Foundation". Die mit Immobiliengeschäften reich gewordene Familie, die früher zu den Unterstützern der amerikanischen Demokraten zählte, zeigt hier ihre philanthropische Seite mit jährlichen Spenden in Millionenhöhe an Einrichtungen in den USA und Israel. Nutznießer sind zum Beispiel das Jerusalemer Shaare-Zedek-Hospital, in dem ein "Kushner-Campus" auf die edlen Spender von insgesamt 20 Millionen Dollar verweist. Einiges an Geld fließt auch in einen Freundeskreis der israelischen Armee - und eben auch in mehrere, zum Teil als höchst problematisch geltende Siedlungsprojekte.

Den von Haaretz ausgewerteten Steuerunterlagen aus den Jahren 2010 bis 2014 zufolge gingen zum Beispiel 2013 insgesamt 20 000 Dollar an eine Jeschiwa, also eine Religionsschule in der Siedlung Beit El, die als ideologische Hochburg der radikalen Siedlerbewegung gilt. Mit 5000 Dollar im Jahr 2012 und noch einmal 10 000 Dollar im folgenden Jahr wurde der Gusch-Etzion-Siedlungsblock bedacht. Die vergleichsweise geringe Summe von 500 Dollar erhielt eine Jeschiwa in der Siedlung Yitzhar. Die allerdings ist bekannt dafür, dass von dort aus immer wieder Angriffe auf benachbarte palästinensische Dörfer ausgeführt werden. Sogar mit israelischen Soldaten haben sich die extremistischen Siedler von Yitzhar schon gewaltsame Auseinandersetzungen geliefert.

Konterkariert wird mit solchen Spenden die Politik der bisherigen US-Regierungen, die im Siedlungsbau erklärtermaßen "ein Hindernis auf dem Weg zum Frieden" sahen. Nach internationalem Recht gelten die Vorposten im 1967 von Israel eroberten palästinensischen Westjordanland als illegal, ihr Bau ist ein Verstoß gegen das Völkerrecht. Dies allerdings wird von der israelischen Regierung ignoriert - und Premierminister Benjamin Netanjahu darf darauf hoffen, dass sein Standpunkt künftig auch in Washington geteilt wird. Das zumindest hatten Trump selbst und seine Berater im Wahlkampf gezielt gestreut.

Als Stratege dahinter war von Beginn an Jared Kushner erkennbar gewesen. Der 35-jährige Geschäftsmann ist mit Trumps Tochter Ivanka verheiratet, die bei der Hochzeit zum Judentum konvertierte. Mit internationaler Diplomatie hatte sich Kushner zuvor jedoch nie befasst - und auch Trumps Lobpreis, dass er die Region so gut kenne, muss wohl vor allem so verstanden werden, dass Kushner sie zumindest besser kennt als sein Schwiegervater. Als Nahost-Experte ist er bislang nie aufgefallen, und selbst auf israelischer Seite scheinen seine Kontakte einer gezielten Umfrage der New York Times zufolge eher übersichtlich zu sein.

Man könnte dies womöglich als Vorteil sehen, als Chance für unkonventionelle Lösungen, weil er als Novize frei ist von dem Ballast, den vor ihm Generationen gescheiterter Vermittler angehäuft haben. Ohne eigenen Ballast aber kann Jared Kushner nun angesichts der Familienspenden auch nicht mehr gelten.

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