Nahostkonflikt:Asselborn fordert Signal gegen Israels Siedlungsbau

Lesezeit: 3 min

Luxemburgs Außenminister Asselborn: "Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die israelische Regierung offenkundig weder den Mut noch den Willen hat, die Zwei-Staaten-Lösung voranzubringen." (Foto: REUTERS)
  • Der Außenminister Luxemburgs, Jean Asselborn, fordert ein koordiniertes Vorgehen der EU im Nahostkonflikt.
  • Einige EU-Staaten erwägen eine Anerkennung Palästinas, um Israel unter Druck zu setzen.
  • Deutschland ist bislang dagegen.

Von Daniel Brössler, Brüssel

Auf diese Frage hat der Botschafter Israels bei der EU, David Walzer, nur gewartet. Er ist Mitgastgeber einer Veranstaltung über das "sich wandelnde Sicherheitsumfeld in der Levante". Es ist viel gesprochen worden über den Islamischen Staat, über den Irak, die Kurden - doch am Ende dreht es sich doch wieder um den Konflikt zwischen Israelis und Palästinensern. Was er davon halte, wird Walzer gefragt, dass im Europäischen Parlament in dieser Woche über eine Resolution abgestimmt werde, die eine Anerkennung der palästinensischen Staatlichkeit empfehle. Das werde gar nicht passieren, informiert Walzer das überraschte Publikum. Die Nachricht hatte er während der Diskussion per SMS erhalten. "Es waren zu viele dagegen", berichtet Walzer erleichtert.

Nahostkonflikt
:Nach dem Krieg kein Frieden

Nach dem Krieg im Gazastreifen entfachte die Waffenruhe ein Fünkchen Hoffnung. Doch es folgte der gewohnte Reigen blutiger Anschläge und brutaler Reaktionen. Die jüngste Eskalation in Bildern.

Von Markus C. Schulte von Drach

In der Tat wurde eine von den französischen Sozialisten forcierte Abstimmung auf die zweite Dezember-Hälfte verlegt. Es gehe darum, den politischen Gruppen mehr Zeit zu geben, damit sich eine Mehrheit bilde "für die Anerkennung eines palästinensischen Staates, der in Frieden neben einem israelischen Staat existiert", begründete das der französische Sozialist Gilles Pargneaux. Zu den Gruppen, die mehr Zeit benötigen, gehört dabei auch seine eigene. Die deutschen Sozialdemokraten haben bei dem heiklen Thema auf die Bremse getreten. "Wir deutsche Sozialdemokraten wollten die Verlängerung dieser Frist, um im Kern noch einmal diskutieren zu können, welche Auswirkungen das haben könnte", stellte Vize-Fraktionschef Knut Fleckenstein klar.

Acht Staaten hatten die Anerkennung schon beschlossen, bevor sie der Union beitraten

Rein formal wären die Auswirkungen begrenzt. Das Europäische Parlament ist nicht dazu da, Staaten anzuerkennen. Eine entsprechende Empfehlung der Europaabgeordneten hätte auch keinerlei bindende Wirkung für die Mitgliedstaaten. Wohl aber könnte sie eine Bewegung verstärken, die längst begonnen hat. Schweden hat Ende Oktober Palästina anerkannt. Damit ist es zwar das bereits neunte EU-Land, von dem Palästina anerkannt wird. Die acht anderen Staaten hatten die Anerkennung aber vollzogen, bevor sie der Union beigetreten waren. Die schwedische Entscheidung macht deutlich, wie schwer es der EU fällt, gerade im Nahostkonflikt fällt, eine gemeinsame Außenpolitik zu verfolgen. Mehrere Länder, Großbritannien, Spanien und Irland etwa, haben zumindest mit Empfehlungen der Parlamente nachgezogen. Andere nationalen Parlamente wollen folgen. Die Nationalversammlung in Paris will am 2. Dezember abstimmen. Auch in Dänemark soll es eine Abstimmung geben. In Luxemburg laufen ähnliche Planungen.

Nahostkonflikt
:Beide Seiten fachen die Flammen an

In den politischen Konflikt zwischen Israel und den Palästinensern mischt sich mehr und mehr die Religion. Das macht die Lage explosiv und unberechenbar. Rund um Jerusalem koalieren die Verrückten und die Verantwortungslosen.

Kommentar von Peter Münch

"Wir sind an einem Punkt angekommen, an dem die israelische Regierung offenkundig weder den Mut noch den Willen hat, die Zwei-Staaten-Lösung voranzubringen", sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn der Süddeutschen Zeitung. "Eine Welle der Anerkennungen Palästinas durch EU-Staaten wäre ein starkes an Signal an Israel, die Verhandlungen wieder ernst zu nehmen, den Siedlungsbau zu stoppen und ehrlich auf eine Zwei-Staaten-Lösung hinzuarbeiten". Die Frage der Anerkennung liege zwar in der nationalen Kompetenz, betonte Asselborn. Er wünsche sich aber, dass die EU "koordiniert vorgeht".

Vor allem die Skandinavier sind für eine schärfere Gangart gegenüber Israel

Bisher gibt es dafür freilich wenig Anzeichen. Beim EU-Außenministertreffen am 17. November wurde das Thema zwar angeschnitten. In ihrer Schlusserklärung beließen es die Minister dann aber bei Andeutungen: "Die EU erinnert daran, dass die künftige Entwicklung der Beziehungen mit sowohl den israelischen als auch den palästinensischen Partnern auch von deren Engagement für einen dauerhaften Frieden auf Grundlage der Zwei-Staaten-Lösung abhängt." Eine schärfere Gangart gegenüber Jerusalem wird von vielen in der EU befürwortet und nicht zuletzt von den Skandinaviern vorangetrieben. Deutschland gehört zur kleinen Gruppe, die bislang dagegen hält. Eine Anerkennung Palästinas steht in der großen Koalition in Berlin nicht zur Debatte.

Insofern ist das Verhalten der SPD im Europaparlament interessant. Groß ist nach Darstellung Fleckensteins auch dort der Wunsch, "ein Zeichen zu setzen". Andererseits frage man sich, ob das nicht nur eine Trotzreaktion Israels bewirke. "Für uns Deutsche ist das doppelt schwierig, das wird von unseren Freunden anerkannt", sagte Fleckenstein, "aber wir sind Bestandteil dieses Europäischen Parlaments und dieser Fraktion. Wir sind nicht der deutsche Bundestag." Die SPD-Abgeordneten hätten sich noch nicht entschieden, wie sie im Dezember abstimmen.

Die EU-Außenbeauftragte Federica Mogherini machte am Mittwoch im Europaparlament klar, dass sie sich und die EU für durchaus zuständig hält in der Frage der Anerkennung. "Technisch ist es nicht meine Sache, politisch aber sehr wohl", sagte Mogherini. Sie hoffe auf "eine Vision, ein gemeinsames Verständnis von der Situation und einen gemeinsamen europäischen Ansatz".

© SZ vom 27.11.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: