Nahost-Konflikt:Kameras am Tempelberg werden die Gewalt nicht eindämmen

John Kerry

Zu optimistisch: John Kerry bei einem Treffen mit Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas in dessen Residenz in Amman am 24. Oktober 2015.

(Foto: AP)

Der amerikanische Außenminister vermittelt mal wieder voller Euphorie und schlägt Kameras am Tempelberg vor. Aber es wird sich niemand daran halten.

Ein Kommentar von Peter Münch

Immer wenn John Kerry sich aufmacht, um dem Nahen Osten den Frieden zu bringen, sollte man vorsorglich die Splitterschutzweste anziehen. Der US-Außenminister gilt als der letzte Optimist dies- und jenseits des Jordans - alle andern haben längst die Lektionen gelernt aus seinen Vermittlungs-Fehlschlägen. Nun hat Kerry sich eingemischt in den Konflikt um den Tempelberg, hat in Berlin und in Amman sondiert, und am Ende einen Durchbruch verkündet. Dabei hat er doch höchstens ein dünnes Brettchen durchbohrt.

Den Frieden sollen Videokameras bringen, die künftig rund um die Uhr alle Vorgänge auf dem Tempelberg dokumentieren. Sie sollen Unruhestifter abschrecken und Transparenz schaffen. Vielleicht könnte man auch noch ein paar Scheinwerfer anbringen, für die Hollywood-gerechte Ausleuchtung. Zu befürchten ist allerdings, dass dabei eher neue Krawalle gefilmt werden als ein plötzlich harmonisches Miteinander von Muslimen und Juden an diesem hochheiligen Kampfplatz.

Kerry ist wieder mal zu kurz gesprungen, die Gewalt wird sich kaum eindämmen lassen mit solch Spontan-Ideen. Statt kurzatmiger Feuerwehreinsätze wäre es nötig, der Brandgefahr langfristig vorzubeugen - also über eine Perspektive für beide Völker jenseits der israelischen Besatzung zu reden. Nur die USA können das erzwingen. Dabei wäre aber so schnell kein Durchbruch zu verkünden.

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