Süddeutsche Zeitung

Israel:Konflikt in Nahost eskaliert

Militante Palästinenser feuern mehr als 200 Raketen Richtung Israel ab. Das Parlament wird evakuiert. Die israelische Armee antwortet mit Luftangriffen, bei denen nach palästinensischen Angaben 22 Menschen getötet werden, darunter neun Kinder.

Von Alexandra Föderl-Schmid

Die Auseinandersetzungen zwischen Israelis und Palästinensern sind am Montag eskaliert. Militante Palästinenser feuerten tagsüber aus dem Gazastreifen mehr als 200 Raketen auf israelisches Territorium, die israelische Armee bombardierte am Abend Ziele in dem abgeriegelten Küstengebiet. Dabei kamen nach Angaben des Gesundheitsministeriums in Gaza insgesamt 22 Palästinenser ums Leben, darunter neun Kinder. Nach Angaben der israelischen Armee wurden drei Aktivisten der radikalislamischen Hamas gezielt getötet. Das israelische Sicherheitskabinett ordnete massive Luftschläge an, der Hamas müsse "ein harter Schlag" verpasst werden. "Wer uns angreift, wird einen hohen Preis zahlen", sagte Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Die israelische Armee verstärkte ihre Truppen an der Grenze zum Gazastreifen.

Am Montagnachmittag hatten zum ersten Mal seit dem Gazakrieg 2014 die Sirenen in Jerusalem geheult. Auslöser waren Raketen, die aus dem Gazastreifen Richtung Jerusalem gefeuert worden waren - die meisten landeten auf offenem Feld. Das Plenum des Parlamentsgebäudes wurde evakuiert. Den Raketenbeschuss auf Jerusalem bezeichnete die Hamas als "Antwort auf die Aggression des Feindes in der heiligen Stadt". Zuvor war ein für 18 Uhr gesetztes Ultimatum der radikalislamischen Hamas ausgelaufen. Die Machthaber im Gazastreifen hatten einen Abzug der israelischen Sicherheitskräfte aus allen Teilen Jerusalems gefordert.

Dort gibt es seit Tagen Auseinandersetzungen zwischen Palästinensern und israelischen Einsatzkräften, die sich am Montag verschärften. Israelische Kräfte stürmten auf den Tempelberg und drangen laut palästinensischen Augenzeugen auch in die Al-Aksa-Moschee ein; sie benutzten Blendgranaten, Tränengas und Gummigeschosse. Zuvor hatten Hunderte Palästinenser Steine auf die Uniformierten geworfen. Mehr als 300 Palästinenser und 21 Polizisten wurden alleine am Montag verletzt, in den Tagen davor hatte es bereits mehrere Hundert Verletzte gegeben.

Polizei will "Zurückhaltung" aufgeben

Polizeichef Kobi Shabtai kündigte ein schärferes Eingreifen der Einsatzkräfte in den kommenden Tagen an, bisher hätten die Beamten "zu viel Zurückhaltung" gezeigt, sagte er in einem Interview auf Kanal 12. Am späten Nachmittag hatte die Polizei die Route eines Marsches von nationalistischen Israelis durch die Jerusalemer Altstadt geändert. Dieser Marsch wird jedes Jahr am Jerusalem-Tag abgehalten, an dem Israelis die Einnahme des Ostteils der Stadt im Zuge des Sechstagekrieges 1967 feiern.

Den ganzen Montag über feuerten militante Palästinenser in mehreren Wellen Raketenangriffe auf die israelischen Orte rund um den Gazastreifen, die Bewohner mussten in Bunkern Schutz suchen. Im Süden Israels wurden Straßen gesperrt und Zugverbindungen eingestellt. Auch in Tel Aviv wurden Bunker geöffnet. Am frühen Dienstagmorgen, gegen vier Uhr Ortszeit, erklärte Israels Armee auf Twitter, dass der Raketenbeschuss bereits seit zehn Stunden andauere. Die Schulen in Israel sollen am Dienstag geschlossen bleiben.

Die Eskalation der Gewalt löste weltweit Besorgnis aus. Von den UN bis zur deutschen Bundesregierung gab es Appelle an beide Seiten, die Gewalt zu beenden. Auslöser der jüngsten Auseinandersetzungen war die drohende Zwangsräumung von Häusern von 13 palästinensischen Familien in Ostjerusalem, zugunsten von Siedlern.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5290775
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ/nien
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.