Nahost-Gesandter der USA:Mitchell gibt auf

Er hielt keinen Konflikt für unlösbar. Aber nach zwei Jahren Frust über den stockenden Nahost-Friedensprozess wirft der amerikanische Nahost-Gesandte George Mitchell jetzt das Handtuch.

Reymer Klüver

Der Nahost-Sondergesandte von US-Präsident Barack Obama, der frühere demokratische Senator George Mitchell, ist überraschend von seinem Posten zurückgetreten. Dies bestätigte ein Sprecher des Weißen Hauses am Freitag. Mitchell, der 1998 nach jahrelangen Verhandlungen ein Friedensabkommen in Nordirland vermittelt hatte, gehe aus "persönlichen Gründen".

US Special Envoy to the Middle East George Mitchell resigns

George Mitchell hat überraschend seinen Hut genommen.

(Foto: dpa)

Der 77-Jährige hatte seit zwei Jahren vergeblich versucht, Bewegung in den Nahostfriedensprozess zu bringen. Der Abgang des routinierten Vermittlers dürfte kein gutes Omen für den Fortgang der Friedensgespräche im Nahen Osten sein. Nach einem Treffen von Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu und Palästinenserpräsident Mahmud Abbas im September hatte US-Präsident Barack Obama beiden Seiten ein Jahr Zeit gegeben, um sich auf die Grundzüge eines Friedensvertrags zu einigen. Dennoch war über einen bevorstehenden Rücktritt Mitchells bisher nichts bekannt geworden.

Er kommt für die Obama-Regierung zu einem ungünstigen Zeitpunkt: In der kommenden Woche ist Netanjahu zu Gesprächen im Weißen Haus, dem ersten hochrangigen Dialog zwischen Israel und den USA nach der Aussöhnungsvereinbarung zwischen den zerstrittenen Palästinenserfraktionen Fatah und Hamas. Netanjahu wird außerdem in Washington eine Rede halten. Auch Jordaniens König Abdullah II. wird in der kommenden Woche erwartet. Obama selbst hat für Donnerstag eine Rede im US-Außenministerium angekündigt. Darin will er Grundzüge einer neuen US-Politik als Reaktion auf die Entwicklungen in der arabischen Welt skizzieren. Dass Mitchells Rücktritt das Weiße Haus ohne Vorlauf trifft, zeigt auch der Umstand, dass offenbar nicht einmal Zeit blieb, einen möglichen Nachfolger zu sondieren. Das Weiße Haus bestätigte lediglich, dass Mitchells Stab bis auf weiteres bestehen bleibe, es aber keine Pläne gebe, sofort einen neuen Sondergesandten zu ernennen.

Die Regierung Obama hatte große Hoffnung auf die Berufung von Sondergesandten für die Krisenregionen der Welt gesetzt, insbesondere auf den Gesandten für Afghanistan und Pakistan, Richard Holbrooke, und auf George Mitchell für den Nahen Osten. Trotz rastloser Reisetätigkeit waren keinem der beiden diplomatischen Veteranen entscheidende Fortschritte gelungen. Holbrooke war Ende vergangenen Jahres überraschend gestorben. Mitchell hatte seine Bemühungen in den vergangenen Monaten, besonders nach Beginn des Volksaufstands in Ägypten und der Absetzung von Präsident Hosni Mubarak, erkennbar zurückgefahren.

Obama hatte Mitchell bereits zwei Tage nach seinem eigenen Amtsantritt ernannt und die rasche Berufung als unübersehbares Zeichen dafür bezeichnet, wie sehr er sich in der Pflicht sehe, eine Friedenslösung im Nahost-Konflikt zu vermitteln. Präsidentensprecher Jay Carney sagte am Freitag, dass sich Obama dem Friedensprozess unverändert verpflichtet fühle. Mitchell selbst hatte immer wieder optimistisch erklärt, dass ihn die Aufgabe nach dem Vermittlungsmarathon in Nordirland nicht schrecke.

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