Süddeutsche Zeitung

Nahost-Friedensverhandlungen:Zwist zwischen Obama und Netanjahu

Lesezeit: 3 min

Israels Premier Netanjahu trifft US-Präsident Obama - und es herrschen ernste Differenzen zwischen den beiden Verbündeten. Anstatt über den Friedensprozess möchte Netanjahu lieber über Iran sprechen.

Von Peter Münch , Tel Aviv

Als Ziel eines Treffens von US-Präsident Barack Obama mit Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Montag im Weißen Haus ist eine Überwindung des Stillstands im nahöstlichen Friedensprozess ausgeben worden. Der US-Präsident greift erstmals seit langer Zeit wieder persönlich in die Verhandlungen ein, die vor sieben Monaten unter Federführung von US-Außenminister John Kerry begonnen hatten. Ein schneller Durchbruch jedoch ist nicht zu erwarten. Dazu liegen die Positionen zu weit auseinander.

Wie angespannt derzeit das amerikanisch-israelische Verhältnis ist, zeigt ein Schlagabtausch, den sich Obama und Netanjahu vor ihrem Treffen in Interviews beziehungsweise öffentlichen Erklärungen geliefert haben. Der US-Präsident sandte per Interview mit einem Journalisten der Nachrichtenagentur Bloomberg die klare Botschaft an Israels Regierungschef, dass die Zeit für einen Friedensschluss mit den Palästinensern auslaufe.

"Von Jahr zu Jahr schließt sich das Fenster der Gelegenheit für eine Friedensregelung, die Israelis und Palästinenser akzeptieren können", sagte Obama. Als wichtigen Grund dafür nannte er auch Israels "fortgesetzte aggressive Siedlungspolitik". Bei einem Scheitern der Friedensverhandlungen, so warnte er, drohe Israel eine zunehmende Isolation; die Möglichkeiten der USA, die Folgen einzudämmen, seien sehr gering.

Obama lobt Palästinenserpräsident Abbas

Ausdrücklich lobte Obama auch Abbas, den er in zwei Wochen zum Gespräch in Washington empfangen soll. Der Palästinenser-Präsident habe "bewiesen, dass er der Gewaltlosigkeit und den diplomatischen Bemühungen verpflichtet ist". In den nächsten Monaten, so erklärte der US-Präsident, würden beide Seiten harte Entscheidungen treffen müssen. "Meine Hoffnung und meine Erwartung ist, dass trotz der enormen politischen Schwierigkeiten Premierminister Netanjahu und Präsident Abbas ihre Meinungsverschiedenheiten überwinden und zu einem Rahmenabkommen finden werden, das uns zum Frieden bringt". Die Unterzeichnung eines solchen Rahmenabkommens ist nach sieben Monaten erfolgloser Verhandlungen nun das Minimalziel von Kerry. Es soll eine Agenda vorgeben für die Verlängerung der ursprünglich nur bis Ende April terminierten Verhandlungen bis zum Jahresende.

Netanjahu allerdings hatte vor dem Treffen mit Obama wenig Flexibilität erkennen lassen. Vor der Abreise nach Washington veröffentlichte er noch eine Erklärung, in der er versicherte, er stehe "felsenfest" zu Israels lebenswichtigen Sicherheitsinteressen. "In den vergangenen Jahren ist der israelische Staat unter manchen Druck geraten, aber wir haben den Sturm durchgestanden und so wird es auch künftig sein", hieß es. Kurz nach der Landung in Washington legte er mit einem etwas schiefen Bild nach: "Im Nahen Osten braucht es drei für den Tango", sagte er - und schob damit die Schuld für die mangelnden Fortschritte im Friedensprozess den Palästinensern zu.

Israel schiebt bei Treffen Iran in den Vordergrund

In Israel geht unterdessen auch während Netanjahus USA-Reise der Streit innerhalb der Regierung um den richtigen Kurs im Friedensprozess weiter. Der linksliberale Finanzminister Yair Lapid, Chef der zweitgrößten Koalitionspartei Jesch Atid (Es gibt eine Zukunft), forderte seinen Premierminister zu mehr Kompromissbereitschaft auf. "Es kann nicht sein, dass wir wegen drei oder vier Rebellen in der Regierungskoalition kein Friedensabkommen erzielen könnten", sagte er. Seine Partei stärke Netanjahu bei dessen Friedensbemühungen den Rücken, betonte Lapid. Es gebe zwar Einwände Israels bei den im Juli begonnenen Gesprächen mit den Palästinensern, "aber dafür gibt es den Verhandlungstisch".

Widerspruch kam umgehend von Wirtschaftsminister Naftali Bennett von der Siedlerpartei Jüdisches Heim. Er warnte vor einem Rückzug auf die Grenzen von vor dem Sechstagekrieg von 1967, weil sich Israel damit in eine Situation der Verwundbarkeit begeben würde. Auch amerikanischen oder internationalen Sicherheitsgarantien will er nicht vertrauen. In Anspielung auf das Verhalten der USA in der Ukraine-Krise sagte Bennett: "Die vergangenen Tage haben bewiesen, dass uns im Ernstfall niemand zu Hilfe kommen würde." Israel könne sich nur auf sich selbst verlassen.

Während in Washington der Friedensprozess klar in den Vordergrund des Treffens gesetzt wurde, versuchte die israelische Seite, das Thema Iran in den Vordergrund zu schieben. Auch hier herrschen ernste Differenzen zwischen den beiden engen Verbündeten. Netanjahu hatte das im November geschlossene Interimsabkommen zwischen der internationalen Gemeinschaft und Teheran als "historischen Fehler" bezeichnet. Für ein endgültiges Abkommen fordert er einen vollständigen Stopp der Uran-Anreicherung, während der Westen dazu neigt, Iran eine begrenzte Anreicherung zuzugestehen.

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SZ vom 04.03.2014
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