Nahost:Fischer kritisiert israelischen Sperrzaun

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Israel hätte zwar das Recht auf Selbstverteidigung, erklärte der Außenminister während seiner Nahost-Reise. Er befürchte jedoch, dass "der Zaun Tatsachen schafft, die dem Friedensprozess zuwider laufen". Israels Ministerpräsident Scharon verteidigte die Anlage: "Der Terror hat den Zaun gebaut."

Das Sperrwerk ist bereits 150 Kilometer lang, an manchen Stellen kein Zaun, sondern eine regelrechte Mauer, die an das geteilte Berlin erinnert. Gnadenlos trennt die Sicherheitszone Wohn- und Geschäftsviertel: Der Personen- und Warenverkehr von und nach Jerusalem muss lange Umwege nehmen.

Das Ziel Israels: Mehr Sicherheit. Gleichzeitig herrscht in der Altstadt Jerusalems jedoch Krisenstimmung. Touristen und Pilger bleiben aus Angst vor neuen Terroranschlägen aus.

Israels Ministerpräsident Ariel Scharon bekräftigte gegenüber Fischer, Israel sei dem internationalen Friedensplan, der "Roadmap", verpflichtet.

Den international heftig umstrittenen Sperrwall verteidigte er mit dem Hinweis, er sei wegen der palästinensischen Selbstmordanschläge für die Sicherheit Israels erforderlich: "Wer hat denn den Zaun gebaut? Der Terror hat den Zaun gebaut."

Weitere 160 Millionen Dollar für den Bau der Anlage

Der israelische Finanzminister Benjamin Netanjahu erklärte während Fischers Besuch, sein Ministerium habe nun weitere 160 Millionen Dollar (130 Millionen Euro) für den Bau der Anlage bereit gestellt.

Die Palästinenser sehen in der Sperranlage einen Vorgriff auf die Grenze eines künftigen Palästinenserstaats. Die Anlage verläuft teilweise weit durch palästinensisches Gebiet, um jüdische Siedlungen mit einzubeziehen. Nach UN-Angaben hätte Israel nach Fertigstellung des Sperrwalls de facto 15 Prozent des Westjordanlands annektiert.

Vor dem Gespräch mit Scharon war Fischer in Abu Dis bei Jerusalem mit dem neuen palästinensischen Ministerpräsidenten Ahmed Kurei zusammengetroffen. Den Palästinenserpräsidenten Jassir Arafat, den er im April noch in Ramallah getroffen hatte, besuchte er nicht.

Kurei erklärte, seine Regierung bemühe sich darum, "den Friedensprozess voranzubringen und die Roadmap umzusetzen". Der palästinensische Regierungschef trat im vergangenen Monat sein Amt an, nachdem er wochenlang mit Palästinenserpräsident Jassir Arafat über die Kompetenzen in der Sicherheitspolitik gestritten hatte.

Nach dem Gespräch mit Kurei sprach sich Fischer für ein Treffen des Premiers mit Scharon aus. Dies wäre ein "wichtiger Schritt". Kurei erklärte allerdings, für eine solche Zusammenkunft gebe es noch keinen Termin.

Fischer lud Kurei zu einem Besuch nach Berlin ein. "Wir haben darüber gesprochen, wie man bei der Wiederbelebung des Friedensprozesses vorankommt und wie Terror und Gewalt beendet werden können", sagte Fischer.

Im Mittelpunkt seines Israel-Besuches steht die Teilnahme an einer sicherheitspolitischen Konferenz in Herzlia bei Tel Aviv. Vor dem Abflug des Außenministers am Nachmittag waren noch Treffen mit seinem israelischen Amtskollegen Silwan Schalom, Oppositionsführer Schimon Peres und dem UN-Nahostgesandten Terje Roed Larsen vorgesehen.

Radikale Palästinenser gegen Waffenruhe

Die radikalislamischen Palästinenser-Organisationen Hamas und Dschihad lehnen eine umfassende Waffenruhe mit Israel auch nach neuen Treffen mit ägyptischen Vermittlern ab. Sprecher beider Gruppierungen erklärten in der Nacht zum Mittwoch in Gaza, wegen der andauernden Besetzung der Palästinensergebiete und Angriffen auf Zivilisten dort seien die Bedingungen für eine Waffenruhe nicht gegeben.

Am kommenden Montag soll der ägyptische Außenminister Ahmed Maher zum ersten Mal seit langer Zeit Israel besuchen. Ägypten hatte kurz nach Beginn des Palästinenseraufstandes im Herbst 2000 seinen Botschafter aus Israel abgezogen.

Die ägyptische Nachrichtenagentur MENA berichtete am Mittwoch, Maher werde unter anderem Scharon treffen. Ob ein Treffen Mahers mit Arafat geplant ist, wurde zunächst nicht bekannt. Fischer hatte nach seinem Treffen mit Präsident Husni Mubarak am Dienstag Ägyptens Bemühungen um eine palästinensisch- israelische Waffenruhe gelobt.

Nach seinem Treffen mit Scharon wollte Fischer bei Tel Aviv an einer Sicherheitskonferenz teilnehmen. Zum Abschluss seiner Reise will er am Mittwoch noch mit seinem israelischen Kollegen Silvan Schalom sowie mit Oppositionsführer Schimon Peres zusammentreffen.

© sueddeutsche.de/dpa/AFP - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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