Nahost:Das Echo ist Protest

Lesezeit: 3 min

„Die Gelegenheit des Jahrhunderts“ nennt Trumps Berater Jared Kushner den US-Wirtschaftsplan für die Palästinenser bei der Konferenz in Manama. 50Milliarden Dollar sollen in ihre dürftige Wirtschaft fließen. Doch die Palästinenser boykottieren das Treffen, sie wollen erst eine politische Lösung. (Foto: AFP)

Trump-Schwiegersohn Jared Kushner und der US-Regionsbeauftragte stellen ihren Wirtschaftsplan für die Palästinenser vor. Die aber fürchten, ihnen solle der Traum vom eigenen Staat abgekauft werden.

Von Alexandra Föderl-Schmid, Ramallah

Die Botschaften auf den Schildern sind kurz: "Nein zum Deal des Jahrhunderts!", das steht auf einem, "Jerusalem steht nicht zum Verkauf" auf einem anderen. Tausende sind in Ramallah, dem Zentrum des Westjordanlandes, auf die Straße gegangen, um gegen ein Treffen zu protestieren, das Hunderte Kilometer weiter weg stattfindet. In Bahrain spricht man bei einem von den USA ausgerichteten Workshop über die Palästinenser - aber ohne sie. Jared Kushner, Schwiegersohn von US-Präsident Donald Trump, und Nahostbeauftragter Jason Greenblatt haben einen Wirtschaftsplan ausgearbeitet, der den Palästinensern binnen zehn Jahren 50 Milliarden Dollar und "Frieden durch Wohlstand" verspricht.

Nach dem Treffen blieb offen, ob es finanzielle Zusagen der Teilnahmer gab. Der politische Teil des Plans und damit die Antwort auf die Frage, ob es einen eigenen Staat für die Palästinenser geben soll, werde dann vorgestellt, "wenn wir soweit sind", sagt Kushner zum Abschluss der Konferenz in Bahrain. Er wendet sich immer wieder direkt an die Palästinenser - auch wenn kein einziger ihrer offiziellen Vertreter anwesend ist: "Präsident Trump und Amerika haben euch nicht aufgegeben", versichert Kushner. Palästinenser-Präsident Mahmud Abbas hat im Gespräch mit Auslandskorrespondenten den Boykott damit begründet, dass die Palästinenser "nicht die Sklaven und Diener von Kushner, Greenblatt und Friedman" seien. Der US-Botschafter in Israel, David Friedman, bekräftigte am Mittwoch, er könne sich keine Lösung vorstellen, bei der Israel das ganze Westjordanland aufgebe.

Die Demonstranten in Ramallah wissen gut Bescheid über das, was in Kushners Investitionsplan steht - auch wenn dieser vorab nur auf Englisch veröffentlicht worden ist. Eine Gruppe junger Männer versichert, sie hätten alles gelesen. "Aber da steht nichts von einem eigenen Staat. Und den wollen wir", meint einer, der sich als Ahmad Alabbar vorstellt und heftig die palästinensische Flagge schwingt. Aber der Plan verspreche doch gerade ihnen, den Jungen, Jobs und bessere Chancen? "Zuerst gilt: Palästina muss von der Besatzung befreit werden", sagt Salah Jabari, und die anderen nicken. "Wir wollen nicht mehr nach der Pfeife der Israelis und der Amerikaner tanzen", ruft einer dazwischen.

Später kommt es in der Nähe der jüdischen Siedlung Beit El vereinzelt zu Steinwürfen auf israelische Sicherheitskräfte, auch werden Reifen angezündet. Im Gazastreifen, wo die Hamas zu einem Generalstreik während des zweitägigen Workshops in Bahrain aufgerufen hat, werden amerikanische Flaggen verbrannt. In anderen Städten des Westjordanlands wie Nablus und Bethlehem kommt es ebenfalls zu Protesten gegen den US-Plan, welcher der erste Schritt zu dem von Trump angekündigten "Deal des Jahrhunderts" sein soll.

US-Finanzminister Steven Mnuchin erklärt in Bahrain, dass dies "kein Plan der Vereinigten Staaten, sondern ein internationaler Plan werden soll". Die Demonstrationen richten sich diesmal auch gegen arabische Staaten, die an der Veranstaltung teilnehmen: Saudi-Arabien, die Vereinigten Arabischen Emirate, Ägypten, Jordanien und Marokko. Vor allem auf das Gastgeberland Bahrain sind die Palästinenser sauer. Daran ändern Aussagen von Bahreins Außenminister Kahlid bin Ahmad Al Khalifa nichts, der versichert, sein Land glaube weiter an die Zwei-Staaten-Lösung. Einige tragen kleine schwarze Särge mit sich, "Arabische Liga" steht darauf. Hanan Aschrawi erinnert im PLO-Hauptquartier daran, dass es Saudiarabien war, das 2002 die arabische Friedensinitiative betrieben hatte. Die Initiative beinhaltet das Angebot zur Normalisierung der Beziehungen zwischen Israel und den islamischen Staaten sowie die Anerkennung Israels, wenn sich Israel aus den seit 1967 besetzten Gebieten zurückzieht und einen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt akzeptiert. Der PLO-Vertreterin ist anzumerken, dass sie fürchtet, die Palästinenser könnten alleingelassen werden mit ihrer Forderung nach einem eigenen Staat. Schließlich haben mehrere arabische Staaten ihre Beziehungen zu Israel intensiviert. Darunter ist auch Oman, das Israels Premierminister Benjamin Netanjahu vergangenen Oktober besucht hat, obwohl die beiden Länder keine diplomatischen Verbindungen pflegen. Deshalb versteht Aschrawi die Ankündigung Omans just am Tag der Bahrain-Konferenz als Solidaritätsakt: Der arabische Golfstaat kündigte an, eine diplomatische Vertretung in Ramallah zu eröffnen. Damit wolle das Sultanat seine Unterstützung für die Palästinenser fortsetzen, teilte das Außenministerium mit. Auch das Ergebnis der ebenfalls zeitgleich zu Bahrain angesetzten Geberkonferenz des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA in New York sieht Aschrawi positiv. Mehr als 110 Millionen Dollar wurden gegeben, vor allem von arabischen und europäischen Staaten. Einer der größten Spender im Vorjahr, Saudi-Arabien, hat jedoch noch keine Zusage gemacht. Damit sind die von den USA gestrichenen 300 Millionen Dollar noch nicht kompensiert. "Wenn sich die Amerikaner so um unser Wohlergehen sorgen, warum haben sie die Gelder gestoppt?", fragt Aschrawi. "Keiner, der an dem Workshop teilnimmt, vertritt das palästinensische Volk oder spricht für es", erklärt sie zu Meldungen, dass rund zehn palästinensische Geschäftsleute nach Bahrain gereist sind. Auf der Straße, bei den Demonstranten rund um den Manara-Platz in Ramallahs, werden sie als "Verräter" beschimpft.

© SZ vom 27.06.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: