Nahost:Blackout im Gaza-Streifen

Am Sonntagabend wurde das einzige Kraftwerk im Gaza-Streifen abgeschaltet. Die Hamas sagt, Israel habe die Treibstoffzufuhr gekappt, doch Tel Aviv dementiert.

Nach der israelischen Blockade des Gaza-Streifens und der damit einhergehenden Treibstoffblockade ist das wichtigste Kraftwerk der Region seit Sonntagabend außer Betrieb. "Mindestens 800.000 Menschen sitzen jetzt im Dunkeln", sagte der Generaldirektor des Kraftwerks, Derar Abu Sissi. "Die Katastrophe trifft alle: Krankenhäuser, Wasserwirtschaft, Häuser und Fabriken."

Nahost: Mit Kerzen behilft sich dieser Straßenhändler im Gaza-Streifen, nachdem das einzige Kraftwerk wegen Treibstoffmangels abgeschaltet worden war.

Mit Kerzen behilft sich dieser Straßenhändler im Gaza-Streifen, nachdem das einzige Kraftwerk wegen Treibstoffmangels abgeschaltet worden war.

(Foto: Foto: AP)

Es komme kein Treibstoff mehr herein, und die Vorräte seien aufgebraucht. Bei der Energiebehörde hatte es zuvor geheißen, von der Abschaltung seien wohl zwei Drittel der 1,5 Million Palästinenser im Gazastreifen betroffen.

Mitarbeiter des Elektrizitätswerks schalteten das Kraftwerk kurz vor 20.00 Uhr am Sonntagabend ab. Fernsehteams und Reporter waren eingeladen worden, den Blackout mitzuverfolgen. Bäckereien stellten den Betrieb ein, weil ihnen sowohl Energie als auch Mehl zum Backen fehlten, wie Bäcker sagten. Die Menschen deckten sich in Geschäften so gut es ging mit Kerzen, Batterien und Grundnahrungsmitteln wie Reis, Mehl und Öl ein, berichtete der Besitzer eines Lebensmittelgeschäfts, Samir Mussa.

Abbas: Israel soll Blockade aufheben

Ein Vertreter der Gesundheitsbehörden in Gaza warnte, die fehlende Stromversorgung könne zu einer Katastrophe führen. Die Ärzte stünden vor der Wahl, den Strom für die Babystation, die Herzpatienten oder den Operationsraum abzuschalten.

Nach Angaben der Hamas starben als Folge des Blackouts in den ersten vier Stunden fünf Patienten in Krankenhäusern. Vertreter der Gesundheitsbehörden, die namentlich nicht genannt werden wollten, widersprachen dem aber. Es sei niemand gestorben, hieß es.

Der im Westjordanland residierende palästinensische Präsident Mahmud Abbas appellierte an Israel, die Blockade aufzuheben. Das teilte Abbas' Sprecher Nabil Abu Rdeneh mit.

Israel dementiert Stromkappung

Neben dem Treibstoff für das Kraftwerk bezieht der Gaza-Streifen Strom direkt aus Israel. Dort hieß es, diese Lieferungen seien nicht eingestellt worden. Der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Arje Mekel, erklärte, die Hamas habe den Notstand selbst geschaffen. Der Gaza-Streifen bekomme nach wie vor 75 Prozent seines üblichen Strombedarfs. Die Hamas wolle damit nur internationale Aufmerksamkeit erregen.

Als Reaktion auf anhaltenden Raketenbeschuss durch Extremisten hatte Israel am Freitag sein Vorgehen gegen den von der Hamas kontrollierten Küstenstreifen verschärft. Die Armee riegelte das Gebiet vollständig auch für humanitäre Hilfe ab.

Das UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) erklärte, die Grenzschließungen zum Gaza-Streifen hätten dramatische Auswirkungen auf Krankenhäuser, die Trinkwasserversorgung und die Entsorgung von Abwässern. Die Logik der Entscheidung der Regierung in Jerusalem "widersetzt sich grundlegenden humanitären Standards", sagte UNRWA-Sprecher Christopher Gunness.

Mit der Blockade des Gaza-Streifens will Israel versuchen, die ständigen Raketenangriffe einzudämmen, die das Leben im Süden des Landes weitgehend zum Erliegen gebracht haben. Ein Vertrauter des israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert erklärte, die Einschränkung der Treibstofflieferungen scheine zu wirken. Am Sonntag schlugen in Südisrael nur fünf Raketen ein, nach 53 in den vergangenen beiden Tagen zuvor, wie das Militär erklärte.

Bei zwei israelischen Luftangriffen am Sonntagabend wurde in Gaza-Stadt nach Angaben von Sicherheitskreisen ein Mensch getötet. Es handele sich um einen Mann, der der militanten Gruppe Islamischer Dschihad nahegestanden habe. Die israelischen Streitkräfte teilten mit, Ziel der Angriffe seien mit Raketen beladene Karren gewesen. Wegen anhaltenden Raketenbeschuss durch militante Palästinenser hat Israel den Gaza-Streifen abgeriegelt.

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