Naher Osten:Dunkle Wolken über dem Persischen Golf

Lesezeit: 3 min

Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer schlägt Bundeswehr-Beteiligung an der Straße von Hormus vor.

Von Daniel Brössler, Paul-Anton Krüger

Brennender Tanker in der Straße von Hormus: Mehr als ein Dutzend Staaten haben bereits Kriegsschiffe zur Sicherung der Meeresenge entsandt. (Foto: dpa)

Wie hoch die Wogen am Persischen Golf weiterhin gehen, ließ sich auf der Münchner Sicherheitskonferenz im Königssaal des Bayerischen Hofs ermessen. Bevor Irans Außenminister Mohammad Dschawad Sarif vor der prachtvollen Kulisse des im Stil von Louis XV. gestalteten Saals auf die Spannungen in der Region einging, beklagte er, Konferenzleiter Wolfgang Ischinger habe ihn auf Druck des saudischen Außenministers Prinz Faisal bin Farhan al-Saud als ersten Redner eingeteilt, nicht wie ursprünglich geplant, als letzten. Er hätte gerne die Diskussion verfolgt und dann mit versöhnlichen Bemerkungen zur Entspannung beigetragen. So aber könne man von ihm nicht erwarten, dass er für die Rede seines Kollegen sitzen bleibe.

Der Eklat unter goldenem Stuck spiegelt die Spannungen im Nahen Osten. Alle Beteiligten beteuern, nach Deeskalation zu streben und einen Krieg vermeiden zu wollen. Doch jede Seite sieht die andere in der Pflicht. Von einem "gefährlichen Moment" spricht Sarif; US-Präsident Donald Trump werde von seinen Beratern glauben gemacht, dass Iran kurz vor dem Zusammenbruch stehe. Vermittlungsversuche des französischen Präsidenten und des japanischen Premiers seien in Washington auf taube Ohren gestoßen. Irans militärische Reaktion auf die Ermordung des Revolutionsgarden-Generals Qassim Soleimani sei zwar abgeschlossen. Aber weitere Vergeltungsaktionen, etwa "des irakischen Volkes", könne er nicht ausschließen. Und Iran habe darüber auch keine Kontrolle.

In dieser Lage hat nun Bundesverteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) ein militärisches Engagement Deutschlands ins Gespräch gebracht: Die Bundesrepublik könnte sich unter Umständen einer von Frankreich geführten Marine-Mission zum Schutz der Seefahrt in der Straße von Hormus anschließen; an der US-Mission dort werde man nicht teilnehmen, weil die Bundesregierung im Umgang mit Iran Trumps Politik des maximalen Drucks nicht für den richtigen Weg halte. Verfassungsrechtlich sei ein Einsatz aber nur möglich, wenn es sich um eine Mission unter dem Dach der EU handele. Eine solche solle auf einem EU-Gipfel beschlossen und von einer Koalition der Willigen ausgeführt werden. "Die EU-Verträge geben das her", sagte Kramp-Karrenbauer.

Laut Artikel 44 des EU-Vertrags "kann der Rat die Durchführung einer Mission einer Gruppe von Mitgliedstaaten übertragen, die dies wünschen und über die für eine derartige Mission erforderlichen Fähigkeiten verfügen". Angewendet wurde die Regelung noch nie. Das soll sich ändern: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell kündigte am Sonntag an, einen entsprechenden Antrag zu stellen; bisher sei eine EU-Mission an mangelnder Einstimmigkeit gescheitert. Er wolle nun aber sehen, welche Mitgliedstaaten sich sperrten. Frankreich hatte eine europäische Mission vorgeschlagen, nachdem die Revolutionsgarden einen britischen Tanker festgesetzt und weitere Schiffe bedrängt hatten. Für frühere Sabotageakte gegen Tanker machen viele westliche Staaten ebenfalls die Revolutionsgarden verantwortlich.

Ende Januar hatte das Verteidigungsministerium in Paris den Beginn der Patrouillen angekündigt. Die Fregatte Courbet soll Unterstützung erhalten von einem niederländischen Schiff derselben Klasse. Weitere militärische Beiträge zu der Operation hätten Dänemark und Griechenland zugesagt, teilte das Außenministerium in Paris mit. Politische Unterstützung für die Mission hätten darüber hinaus neben Deutschland auch Belgien, Italien und Portugal zugesichert. Ob die Bundeswehr in der Lage sei, einen Beitrag zu leisten, wird Kramp-Karrenbauer in München gefragt. "Bisher war es noch immer möglich", antwortet sie, "dass die Bundeswehr das, was man von ihr gefordert hat, auch gebracht hat".

Generelle Kritik an Marine-Missionen in der Straße von Hormus übte in München Omans Außenminister Yusuf bin Alawi. Oman ist neben Iran der zweite Anrainer der Meerenge, durch die etwa ein Fünftel des global verbrauchten Erdöls verschifft wird; die Fahrrinnen für die Schiffe verlaufen teilweise durch die Territorialgewässer des Sultanats. Die Vielzahl der Kriegsschiffe aus derzeit 15 Staaten in der Straße von Hormus erhöhe das Risiko von Fehlern und Zwischenfällen, sagte er.

Kramp-Karrenbauer hatte dagegen argumentiert, das weltweite Prinzip freier Seewege sei für Deutschland und Europa von höchster Bedeutung. Sie bettete ihren Vorschlag in den umfassenderen Appell ein, der Westen dürfe sich nicht damit begnügen, seine Schwäche zu beschreiben. "Wir müssen gemeinsam etwas für unsere Sicherheit tun", forderte sie - und nannte ein zweites Beispiel: In der Sahelzone müsse Deutschland stärker als bisher die Bemühungen Frankreichs unterstützen. "Das werden keine kurzen Einsätze sein", warnte sie. Die Sahel-Zone sei aber für Europa eine Schlüsselregion, in der es um Migration gehe und auch um den Kampf gegen den Terrorismus. Sie verwies darauf, dass die Bundeswehr dort einheimische Soldaten ausbildet. In diesen Missionen müsse man aber "noch robuster" werden.

© SZ vom 17.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: