Nächste Generation der SPD:Wer nach Steinbrück kommt

Die SPD ist 150 Jahre alt, aber sie wirkt noch viel älter: Kanzlerkandidat Steinbrück, Parteichef Gabriel und Fraktionschef Steinmeier bringen es gemeinsam auf 176 Lebensjahre. Wo bleibt die Erneuerung, wer sind die möglichen Nachfolger? Wir haben da ein paar Vorschläge.

Von Michael König, Berlin

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Nächste Generation der SPD:Hannelore Kraft

Kraft und Steinbrück

Quelle: dpa

Kürzlich feierte die SPD ihr 150-Jähriges, aber sie wirkt noch viel älter: Kanzlerkandidat Steinbrück, Parteichef Gabriel und Fraktionschef Steinmeier bringen es gemeinsam auf 176 Lebensjahre. Wo bleibt die Erneuerung, wer sind die möglichen Nachfolger? Wir haben da ein paar Vorschläge. Stimmen Sie ab!

Hannelore Kraft

Mit 51 Jahren steht Hannelore Kraft einerseits nicht gerade für den Trend zur Jugendlichkeit. Andererseits spielte das Alter in der bisherigen Karriere der Ministerpräsidentin von Nordrhein-Westfalen ohnehin nur selten eine Rolle. Sie trat erst mit 33 in die SPD ein, 1994 war das, und zog sechs Jahre später in den Landtag von NRW ein. Es dauerte wieder nur ein knappes Jahr, dann war Kraft Ministerin. Erst unter Wolfgang Clement, dann unter Peer Steinbrück. Heute gilt sie als diejenige, die Steinbrück beerben kann. Als neues Gesicht der Partei, als Kanzlerkandidatin 2016.

Kraft, geboren in Mülheim an der Ruhr, in NRW verwurzelt, hat solche Ambitionen bislang von sich gewiesen. Ob ihr bisweilen spröder Charme auch im Rest der Republik so gut ankommt wie in NRW, wo sie 2010 und 2012 zwei Wahlen gewann, ist nicht ausgemacht. Aber die Partei liebt sie, bei Vorstandswahlen kommt sie auf Werte nahe der 100 Prozent. Spätestens wenn die Bundestagswahl verloren geht, könnte die SPD auf die Idee kommen, dass eine Frau als Herausforderin für Angela Merkel keine allzu abwegige Idee ist.

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Nächste Generation der SPD:Manuela Schwesig

Badewasserkarte in Schwerin vorgestellt

Quelle: dpa

Die Allzweckwaffe der SPD. Wer nicht weiß, dass sie seit 2008 Sozialministerin von Mecklenburg-Vorpommern ist, könnte sie für eine hauptberufliche Wahlkämpferin halten. Manuela Schwesig, 39, tritt dort in Erscheinung, wo die SPD jung, weiblich, dynamisch wirken will. Also beinahe überall. Schwesig hat schon Heiko Maas im Saarland und auch Frank-Walter Steinmeier im Bundestagswahlkampf unterstützt. Sie vertritt ihre Partei in Talkshows und wird vermutlich auch zu Peer Steinbrücks Kompetenzteam gehören.

Schwesigs Stärke: Sie kann zuhören. Sie kommt nicht gleich mit dem erstbesten Lösungsvorschlag, wenn ihr Menschen auf der Straße von ihren Nöten erzählen. Das können nicht viele Politiker. Auch deshalb gilt Schwesig als eine, die Ursula von der Leyen, der Übermutter der Union, in der Beliebtheitswertung gefährlich werden kann. Hinzu kommt: Als ehemalige Finanzbeamte weiß Schwesig mit Geld umzugehen, was auch nicht jedem SPD-Politiker nachgesagt wird.

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Nächste Generation der SPD:Thorsten Schäfer-Gümbel

Landtag Wiesbaden - Thorsten Schäfer-Gümbel

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Was war das lustig, als Thorsten Schäfer-Gümbel 2008 die politische Bühne betrat. Der Doppelname, die Brille, später seine Affinität zu Twitter, das damals als Nerd-Medium galt. Fünf Jahre später lacht niemand mehr. Schäfer-Gümbel schickt sich an, Ministerpräsident von Hessen zu werden. Der als "Verlegenheitslösung" belächelte Sozialdemokrat hat viele der Probleme überwunden, die ihm seine Vorgängerin und Fördererin Andrea Ypsilanti hinterlassen hatte.

Ypsilanti hatte im 2008 trotz anderslautender Versprechen versucht, sich mit den Stimmen der Linken zur Ministerpräsidentin einer rot-grünen Minderheitsregierung wählen zu lassen. Das ging schief, Ypsilanti musste gehen und ließ eine zerstrittene Partei zurück. Schäfer-Gümbel, der "Himmelfahrts-Kommandeur" (FAZ), nannte den "Wortbruch" Ypsilantis beim Namen und richtete seine Partei wieder auf. Allein deshalb ist ihm die SPD zu Dank verpflichtet - auch wenn es bei der Landtagswahl nicht für Rot-Grün gereicht hat.

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Nächste Generation der SPD:Nils Schmid

Eröffnung Affenhaus

Quelle: dpa

Baden-Württemberg war für die SPD lange ein Trauerspiel. Nils Schmid, 39, hat das geändert. Gut, der Jurist und Finanz-Fachmann ist 2010 nicht Ministerpräsident geworden, sondern nur Vize, und seine Partei ist auch nur Juniorpartner in der grün-roten Koalition unter Winfried Kretschmann. Aber immerhin. So nah war Schmids Vorgängerin Ute Vogt, eine Art ewiges Talent der SPD, der Macht nie gekommen.

Dass Schmid türkisch spricht - er ist mit einer Türkin verheiratet - und jeglicher Extravaganz unverdächtig ist, dürfte für seinen weiteren Aufstieg in der SPD auch nicht hinderlich sein. Der kann allerdings nur gelingen, wenn die Koalition im Südwesten Bestand hat. Manch ein Genosse fühlt sich dort weniger den Grünen und mehr der CDU verbunden, auch wenn deren Zustand nach dem Abgang von Stefan Mappus noch immer einem Trauerspiel ähnelt.

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Nächste Generation der SPD:Jan Stöß

Jan Stöß

Quelle: dpa

Der 39-Jährige ist besser bekannt unter dem Titel: "Der Mann, der den Aufstand gegen Klaus Wowereit gewagt hat." Im Juni 2012 ließ sich Stöß zum Vorsitzenden der Berliner SPD wählen, obwohl der Regierende Bürgermeister Wowereit einen anderen Kandidaten unterstützt hatte. Für viele Genossen war das ein Signal zum Aufbruch, hinaus aus der Ära des angezählten Party-Politikers Wowereit, dem der Pannenflughafen BER die weitere Karriere verdorben haben dürfte. Hinein in eine neue Zeit, in der die SPD wieder mehr für Volksnähe steht.

Stöß, geboren und aufgewachsen in Niedersachsen, lebt in Friedrichshain-Kreuzberg, er fährt gern Fahrrad und trägt das Hemd offen. Das reicht, um einen optischen Kontrast zu Wowereit herzustellen. Inhaltlich steht er für linke Politik, gegen Gentrifizierung, für Mindestlöhne und soziale Gerechtigkeit. Stöß gilt als sympathisch, aber er soll auch die Hinterzimmerpolitik beherrschen, das Organisieren von Mehrheiten und Verteilen von Posten. Das sind Qualifikationen, die er auch in der Bundespolitik gebrauchen könnte.

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Nächste Generation der SPD:Florian Pronold

Florian Pronold

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Er war einer der ersten, der gegen Uli Hoeneß polterte. "Asozial" sei das Verhalten des Steuerhinterziehers. Der Präsident des FC Bayern sei "kein Vorbild mehr", sagte Pronold. Schnelligkeit und Lautstärke, das sind die Mittel des 40-Jährigen. Pronold bedient die Klaviatur der Medien, sein Twitter-Account ist gepflegt, er ist für Journalisten gut zu erreichen. Mit Hipster-Brille und jugendlichem Aussehen steht er für die moderne SPD.

Anderswo könnte das funktionieren, aber Pronold ist seit 2009 Landeschef der SPD in Bayern. Dort ist die CSU an Lautstärke und Schnelligkeit kaum zu überbieten, in Sachen Populismus macht der Seehofer-Partei niemand was vor. Von den Umfragewerten ganz zu schweigen. Hinzu kommt, dass Pronold der eigene Landesverband nicht gehorcht: Der aufstrebende Regener Landrat Michael Adam, 27, bezeichnete Pronold als "Ballast" im Wahlkampf, der bayerische Juso-Chef nannte ihn den "größten Mühlstein am Hals der Partei". Auch das Wahlergebnis bei der bayerischen Landtagswahl war für die SPD eher unerfreulich. Horst Seehofer erreichte mit der CSU wieder die absolute Mehrheit.

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Nächste Generation der SPD:Thomas Oppermann

Thomas Oppermann

Quelle: dpa

Er ist der Mann fürs Fernsehen. Thomas Oppermann, ist Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, wirkt aber bisweilen wie der Vorsitzender der Sozialdemokraten. Er ist 59 Jahre alt, wirkt aber jünger, und kann vor allem brillant reden, egal ob im Plenum oder in den Tagesthemen. Weil er dabei auch noch spitzbübisch und witzig daher kommt, lässt er seinen Vorgesetzten Frank-Walter Steinmeier bisweilen alt aussehen. Oppermann kann spontan sein, er kann Strippen ziehen und Mehrheiten organisieren. Seinen Kritiker fällt ein, Oppermann sei arrogant. Für einen Politiker ist das häufig eher Kompliment als Schmähung.

Der Parlamentarische Geschäftsführer ist ein Mann für die Zukunft, auch wenn seine Vita nicht nach Aufbruch klingt. Der Niedersachse hat als Landesminister für Wissenschaft schon Gerhard Schröder und Sigmar Gabriel gedient. Im Bundestag sitzt er seit 2005. Er war Schattenminister von Frank-Walter Steinmeier und gehörte auch dem Team von Peer Steinbrück an. Klappt es mit einer großen Koalition, könnte Oppermann Innenminister werden. Klappt es nicht, kann die SPD trotzdem nicht auf ihn verzichten.

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Nächste Generation der SPD:Carsten Schneider

Ostdeutschland 2020

Quelle: Britta Pedersen/dpa

1998 war er der jüngste Bundestagsabgeordnete, 22 Jahre alt. Heute, 15 Jahre später, wirkt Carsten Schneider immer noch jungenhaft. Die kecke Frisur, die weichen Gesichtszüge. Der Eindruck täuscht: Finanzexperte der SPD-Fraktion kennt sich in seinem Thema besser aus als viele ältere Genossen. Schneider gilt als ehrgeizig und beflissen, als einer, der irgendwann einmal Finanzminister werden kann.

Schneider ist in der DDR aufgewachsen. Seine Kindheit war geprägt vom Drill an einer der berüchtigten Jugendsportschulen, sollte eigentlich Radsport-Profi werden. Die Wende, das hat er vor kurzem der taz erzählt, empfand er als Befreiung. Die Disziplin behielt er trotzdem bei. Er absolvierte eine Banklehre, zog überraschend in den Bundestag ein, wurde haushaltspolitischer Sprecher und Sprecher der Landesgruppe Thüringen. Es hat den Anschein, als würde der 37-Jährige gerne noch mehr Verantwortung übernehmen.

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Nächste Generation der SPD:Sebastian Edathy

Letzte Sitzung NSU-Untersuchungsausschuss

Quelle: dpa

"Wegen Gerhard Schröder" sei er in die Partei eingetreten, hat Sebastian Edathy einmal erzählt. Und ein bisschen ähnelt er auch dem Altkanzler: Ehrgeizig, scharf in seiner Rhetorik, eher im rechten Parteiflügel beheimatet. Der 43-Jährige ist ein Verfechter der Vorratsdatenspeicherung, was ihm einige Genossen übel nehmen. 2008 nannte er die Vorstellungen der CDU zum Staatsbürgerschaftsrecht als von "Biologismus und völkischer Ideologie geprägt", worüber die Union sich nicht besonders amüsieren konnte.

Edathy war damals Vorsitzender des Innenausschusses, Ausschuss-Arbeit kann er ohnehin gut: Im Januar 2012 übernahm er den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zur Terrorgruppe NSU und machte seine Arbeit so gründlich, dass sich mancher Kommentator sich vor ihm und den übrigen Ausschussmitgliedern verneigen mochte.

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Nächste Generation der SPD:Andrea Nahles

Social Democrats Hold Annual Federal Party Congress

Quelle: Getty Images

Die Generalsekretärin, seit 2009 im Amt, wäre eigentlich mal dran. Die Zeiten, in denen sie als Königsmörderin galt, die 2005 den Rücktritt von Parteichef Franz Müntefering auslöste, sind vorbei. Mit Münteferings Nachfolger Sigmar Gabriel scheint sie sich arrangiert zu haben. Nahles gilt inzwischen als Organisationstalent und Stabilitätsanker in der Parteizentrale, mit gutem Gespür für die Wünsche und Nöte der Genossen. Sollte es für die SPD doch noch klappen mit der Regierungsbeteiligung, wäre vielleicht das Arbeitsministerium für sie drin. Ob sie das will, das ist allerdings die Frage.

Nahles' Familie lebt in der Eifel, das Leben als Pendlerin empfindet sie mehr und mehr als Problem. Sie könne nicht sagen, "wie es bei mir in zwei Jahren aussieht", sagte Nahles der FAZ. Sie sei "schon manchmal traurig, dass ich meine Tochter so lange nicht sehe."

© Süddeutsche.de/joku/lala
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