Nachwahl in den USA:Panik in Pennsylvania

USA: Der Demokrat Conor Lamb auf Wahlkampftour in Pennsylvania.

Gut gelaunt in Trump-Country: Demokrat Conor Lamb auf Wahlkampftour zu Besuch bei der Gewerkschaft amerikanischer Minenarbeiter in Pennsylvania.

(Foto: Drew Angerer/AFP)
  • In Pennsylvania steht eine Nachwahl für das US-Repräsentantenhaus an - der Wahlkreis im Rostgürtel Amerikas ist eine Hochburg der Republikaner.
  • Doch der konservative Demokrat Conor Lamb hat gute Chancen, den Sitz im Kongress zu erobern.
  • Er könnte ein Vorbild dafür werden, wie die Demokraten die Zwischenwahlen im November gewinnen könnten.

Von Alan Cassidy, Washington

Unter normalen Umständen würde sich niemand außerhalb von Pennsylvania für die Wahl an diesem Dienstag interessieren. Der 18. Kongresswahlkreis liegt mitten im Rostgürtel Amerikas, er zieht sich über die Allegheny-Hügel hinein in die Vorstädte der einstigen Stahlhauptstadt Pittsburgh: Trump Country. Hier gewann der US-Präsident im Jahr 2016 mit 20 Punkten Vorsprung, hier wurde der bisherige Amtsinhaber der Republikaner siebenmal in Folge wiedergewählt, zuletzt sogar ohne einen Herausforderer. Ein republikanisches Heimspiel also - unter normalen Umständen.

Dann trat Tim Murphy im Herbst aus dem Repräsentantenhaus zurück, nachdem bekannt geworden war, dass er seine Geliebte per SMS zu einer Abtreibung gedrängt hatte. Und während sich die Republikaner schon an die interne Kür des Nachfolgers machten, trat bei den Demokraten ein junger, unbekannter Mann auf den Plan, der völlig unerwartet zum Albtraum der Konkurrenz wurde. Conor Lamb hat inzwischen in allen Umfragen Chancen, den republikanischen Kandidaten Rick Saccone zu schlagen.

Bei den Republikanern hat deshalb Panik eingesetzt. Parteinahe Organisationen schalteten Werbekampagnen für zehn Millionen Dollar. Am Samstagabend reiste Trump selber an, um für Saccone Wahlkampf zu machen. Und all dies, obwohl der Wahlbezirk in einigen Monaten wegen eines Gerichtsurteils ohnehin neu zugeschnitten wird: Der Sieger muss sich dann in einem neuen Wahlkreis abermals zur Wahl stellen. Wichtiger für die Parteien ist aber die kurzfristige Sicht, die Symbolik.

Der 33-jährige Lamb war Soldat bei den Marines und wurde dann Staatsanwalt. Er entspricht in vielem nicht dem, was sich Demokraten im übrigen Amerika vorstellen, wenn sie vor den nationalen Zwischenwahlen im Herbst vom triumphalen linken Comeback träumen. Im allerersten Wahlkampfvideo, das er veröffentlichte, zählt eine Stimme über erhebender Melodie auf, was Lamb ausmacht: in der Gegend aufgewachsen, an der katholischen Universität studiert, in der Armee gedient, und: "Er schießt immer noch gerne."

"Lamb ist der perfekte Kandidat"

Der letzte Satz ist wichtig im Südwesten Pennsylvanias, wo der jährliche Start der Jagdsaison ein Feiertag ist. Als nach dem Amoklauf an einer Schule in Florida die Demokraten im ganzen Land nach schärferen Waffengesetzen riefen, gab sich Lamb zurückhaltend. Konservative Haltungen vertritt er auch bei der Frage nach Abtreibungen. Er lehnt sie ab, auch wenn er sagt, dass er die geltenden Gesetze nicht verschärfen wolle. Die Strafzölle auf importierten Stahl, die Trump eingeführt hat, unterstützt Lamb ebenfalls.

Überhaupt verzichtete Lamb weitgehend darauf, Trump anzugreifen. Er distanzierte sich auch deutlich von den nationalen Demokraten. Die Kombination aus Lambs Profil und seiner Haltung zur Partei mache die Wahl landesweit interessant, sagt Terry Madonna, Politikwissenschaftler in Pennsylvania. "Lamb ist der perfekte Kandidat für eine Gegend wie diese. Wenn er gewinnt, haben die Demokraten ein Vorbild, um bei den Zwischenwahlen die Trump-Wähler zurückzugewinnen."

Während der Demokrat eine Kampagne mit lokalen Themen führte, tat sein Rivale das Gegenteil. Saccone ist seit Jahren Abgeordneter im Bundesstaat. Sein Programm fasst der 60-Jährige so zusammen: "Ich war schon Trump, bevor Trump Trump war." Deshalb begrüßt Saccone die Importzölle auf Stahl, überhaupt alles, was der Präsident sagt und tut. Ob das nützt oder schadet, ist offen: Trumps Beliebtheitswerte sehen auch in Pennsylvania nicht sehr gut aus.

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