Fakten und Fake News:Wahrheit und Windbeutel

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Der Wiener Journalist Simon Hadler seziert die Welt zwischen Fakten und Fake News. Heraus kommt eine gut gemachte Melange.

Rezension von Werner Hornung

Vorhang auf ! Dem Publikum wird ein informatives Lesestück geboten, die passende Kulisse dazu könnte ein Wiener Kaffeehaus sein. Im historischen Hintergrund rascheln zwei journalistische Legenden mit Qualitätszeitungen: der liberale Kulturkritiker Karl Kraus und der linke Reporter Egon Erwin Kisch, für den stets klar war: "Nichts ist erregender als die Wahrheit."

Und im Vordergrund präsentiert ganz fesch der 42-jährige Simon Hadler, Redakteur beim österreichischen Fernsehen, sein neues Buch. Auf der Titelseite steht "Wirklich wahr! Die Welt zwischen Fakt und Fake".

Die alte Geschichte von Wahrheit und Lüge in den Medien wird hier zeitgemäß inszeniert. Vorneweg gibt es einen Essay über "digitale Windmühlen" und politische Windbeutel aus dem Ensemble Donald Trump & Co., abschließend kommentiert der linksliberale Autor seine verwendeten Quellen und gibt Lektüre-Tipps.

Simon Hadler: Wirklich wahr! Die Welt zwischen Fakt und Fake. Mit Illustrationen von Stefan Rauter. Deuticke-Verlag, Wien 2017. 271 Seiten, 22 Euro. (Foto: Hanser Verlag)

Im umfangreichen Hauptteil dazwischen ergeben achtzig Doppelseiten zu thematisch unterschiedlichen Aspekten ein anschauliches Doku-Drama zum Aufblättern. Links ist jeweils eine Infografik zu sehen, ein Mix aus Karikatur und Comic in Rot- und Blautönen, gezeichnet von dem Südtiroler Illustrator Stefan Rauter.

Auf der rechten Seite beschreibt Hadler offensichtliche Falschmeldungen aus unterschiedlichsten Medien und entlarvt sie. So geht er etwa auf gelegentliche Mängel der Online-Enzyklopädie Wikipedia ein. Dort sind immer wieder mal erfundene Auskünfte, sogenannte Hoaxes, zu entdecken.

"Die Wahrheit ist ein Kompromiss"

Manche halten sich ziemlich lange, bis sie von Administratoren gelöscht werden. Zum Beispiel war mehr als sieben Jahre die fiktive Biografie eines britischen Parlamentariers zu lesen. Auf Twitter lebt dieser Phantom-Politiker namens James Snipplet übrigens noch heute fort.

Simon Hadler zerlegt außerdem Zeitungs-Enten der heimischen Boulevardpresse, warnt gutgläubige Nutzer vor gekauften Bewertungs-"Sternderl" auf Internetportalen; er widerlegt Facebook-Hasstiraden von Neonazis und beschäftigt sich ausführlich mit Fake News aus dem vergangenen US-Wahlkampf und dem Weißen Haus.

Seine aktuelle Medienkunde ist fürs breite Publikum bestimmt. Sie ist leicht verständlich verfasst, teilweise aber auch etwas plump oder a bisserl provokant bei Überschriften zu einigen Texten: "WWW - das Welt Weite Wichsen", "Nationen im Schwanzlängenvergleich" oder "Das Smartphone - der Verblödungsknochen der Deutschen?"

Feinsinniger fällt dagegen sein Schlussplädoyer für Meinungsvielfalt aus und sein erkenntnistheoretisch fundiertes Fazit: "Die Wahrheit ist ein Kompromiss"; und damit sind wir wieder beim Wiener Kaffeehaus, die Wahrheit ist eine Melange. - Gut gemacht Herr Hadler, Applaus!

© SZ vom 05.02.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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