Nachrichten-Überblick:Was während der WM noch passiert ist

Haben Sie die vergangenen Wochen im Fußballtaumel verbracht? Was Ihnen dabei möglicherweise entgangen ist, fassen wir hier zusammen: Vom Mindestlohngesetz bis zur Spionageaffäre, von Kampfdrohnen bis zu den Kämpfen in Israel und der Ukraine.

Von Benedikt Becker und Lara Gruben

Mindestlohn kommt

Bundestag und Bundesrat haben Anfang Juli mit großer Mehrheit dem Gesetzentwurf zum Mindestlohn von Arbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) zugestimmt. Von Januar 2015 an muss demnach mindestens 8,50 Euro pro Stunde gezahlt werden. Für Zeitungsausträger und Branchen, in denen tariflich ein niedrigerer Lohn vereinbart ist, wird es Übergangsfristen geben. Sonderregelungen gibt es auch für Saisonarbeiter in der Landwirtschaft und Gastronomie. Von 2017 an gilt der Mindestlohn dann flächendeckend.

Ausnahmen gibt es zudem für Jugendliche unter 18 Jahren sowie für Langzeitarbeitslose in den ersten sechs Monaten einer neuen Beschäftigung. Auch Pflichtpraktika und freiwillige Praktika mit einer Dauer von bis zu drei Monaten sind vom Mindestlohn ausgenommen. Der Stundensatz kann 2017 das erste Mal erhöht werden. Eine Kommission soll über die weitere Gestaltung entscheiden.

Spionage-Vorwürfe gegen USA

Ein Spionage-Skandal belastet das deutsch-amerikanische Verhältnis. Am 4. Juli wird bekannt, dass ein Mitarbeiter des Bundesnachrichtendiensts Dokumente an die USA verkauft haben soll. Dabei geht es auch um Unterlagen des NSA-Untersuchungsausschusses. Kurz darauf sorgt ein weiterer mutmaßlicher Spionagefall im Verteidigungsministerium für Aufsehen. Die Bundesregierung fordert daraufhin den obersten US-Geheimdienstler auf, Deutschland zu verlassen - ein unter verbündeten Nationen außergewöhnlicher Vorgang. Das Weiße Haus kommentiert die Vorfälle bisher nicht. Kongressabgeordnete von Demokraten und Republikanern fordern US-Präsident Barack Obama auf, sich zu äußern.

Gewaltausbruch im Nahen Osten

Der Nahost-Konflikt zwischen Israel und Palästina ist erneut eskaliert. Die Hamas schießt mit Raketen auf Tel Aviv und Jerusalem, Israels Armee bombardiert seit dem 1. Juli Ziele im Gazastreifen, etwa 170 Palästinenser wurden getötet. Bisher wurden 33 000 israelische Reservisten mobilisiert, eine Bodenoffensive im Gazastreifen scheint nicht ausgeschlossen. Barack Obama bietet eine Vermittlung durch die USA an, auch Ägypten bemüht sich um eine Waffenruhe. Auslöser der jüngsten Eskalation war die Tötung von drei israelischen Religionsschülern im Westjordanland und ein mutmaßlicher Rachemord an einem palästinensischen Jugendlichen in Jerusalem.

Postengerangel um Juncker

Auch aus Brüssel gibt es wichtige Neuigkeiten. Der Christdemokrat Jean-Claude Juncker soll neuer Präsident der EU-Kommission werden. Nach wochenlangen Diskussionen nominieren die Staats- und Regierungschef den 59-jährigen Luxemburger am 27. Juni bei ihrem EU-Sommergipfel. Bis zuletzt hatte sich vor allem der britische Premierminister David Cameron gegen die Ernennung Junckers ausgesprochen. Das Europaparlament muss die Personalie am 15. Juli noch bestätigen, Junckers Wahl gilt als sicher. Auf einem Sondergipfel am 16. Juli wollen die Staats- und Regierungschefs weitere Personalentscheidungen treffen.

Sunniten-Miliz Isis auf dem Vormarsch

Die Islamistengruppe Isis ("Islamischer Staat Irak und Syrien") hat am 29. Juni ein Kalifat ausgerufen und erobert in beiden Staaten weitere Gebiete. Sie will einen islamischen Staat nach den Gesetzen der Scharia errichten. Die Kämpfer sind radikale Sunniten, die Schiiten für Irrgläubige halten, die ebenso wie Christen oder Juden den Tod verdienen (mehr über die Islamistengruppe Isis erfahren Sie hier). Die UN zählen in den vergangenen drei Wochen mehr als 1000 Tote. Iraks Präsident Nuri al-Maliki ist machtlos gegen die radikalen Sunniten. Ihm wird eine Mitschuld an der Eskalation gegeben, weil der Schiit seit seinem Amtsantritt im Jahr 2006 Sunniten und Kurden systematisch benachteiligt haben soll.

SPD-Politiker konsumierte Crystal Meth

Die Berliner Politik beschäftigt ein Drogengeständnis. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Michael Hartmann hat zugegeben, die Droge Crystal Meth "in geringer und eigenverbrauchsüblicher Menge" eingenommen zu haben. Gegen ihn ermittelt die Berliner Staatsanwaltschaft wegen des Verdachts auf Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz. Hartmann war unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe am 2. Juli als innenpolitischer Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion zurückgetreten, sein Bundestagsmandat will er aber behalten. Der 51-Jährige hofft auf eine zweite Chance.

Erbitterte Kämpfe in Ukraine

Die prorussischen Aufständischen werden in der Ostukraine von der ukrainischen Armee zurück gedrängt. Die Rebellen kontrollieren jedoch weiterhin die Städte Donezk und Luhansk. Am 5. Juli hatten Regierungstruppen die Separatistenhochburg Slowjansk zurück erobert und waren weiter in Richtung Donezk vorgerückt. Die prorussischen Kämpfer sind zahlenmäßig und mit ihrer Ausrüstung unterlegen. Der ukrainische Präsident Petro Poroschenko fordert die Rebellen auf, ihre Waffen niederzulegen, und macht dies zur Voraussetzung für weitere Gespräche. Russland meldet immer mehr Flüchtlinge.

Von der Leyen bereit für Kampfdrohnen

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen hat sich in der Drohnenfrage entschieden: Unter bestimmten Bedingungen soll die Bundeswehr künftig Kampfdrohnen einsetzen können. Am 1. Juli rechtfertigt sie im SZ-Interview ihre Haltung vor allem mit dem Schutz der Soldaten. Deutschland müsse zudem in die Entwicklung europäischer bewaffnungsfähiger Drohnen einsteigen. Der Koalitionspartner der Union, die SPD, hat sich noch nicht positioniert: Fraktionschef Thomas Oppermann fordert am 5. Juli eine "breite gesellschaftliche Debatte".

Rekordzahlen bei Flüchtlingen weltweit

Weltweit flüchten mehr als 50 Millionen Menschen vor Krieg, Armut und Diskriminierung, wie ein Bericht des UN-Flüchtlingswerks zeigt. Seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs ist die Zahl der Flüchtlinge nicht mehr so hoch gewesen. Auch in Deutschland ist die Zahl der Asylsuchenden gestiegen. In den ersten fünf Monaten des Jahres suchten 60 Prozent mehr Menschen in Deutschland Asyl als im Vorjahreszeitraum. In Nürnberg machen Flüchtlinge mit einem Hunger- und seit dem 8. Juli auch Durststreik auf ihre Lage aufmerksam. In Berlin-Kreuzberg eskaliert die Lage in einer von Flüchtlingen besetzen Schule, als die Polizei diese räumen wollte.

Keine Helmpflicht für Fahrradfahrer

Der Bundesgerichtshof entscheidet am 17. Juni, dass Radfahrer ohne Helm bei einem Unfall keine Mitschuld an erlittenen Kopfverletzungen tragen. Die Richter geben damit einer Radfahrerin aus Schleswig-Holstein recht, die 2011 auf dem Weg zur Arbeit schwer am Kopf verletzt worden war. Das Oberlandesgericht Schleswig hatte der Physiotherapeutin eine 20-prozentige Mitschuld angelastet, weil sie keinen Schutzhelm getragen hatte. Sie sollte daher weniger Schadensersatz erhalten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: