Süddeutsche Zeitung

Nachfolger von Klaus Wowereit:Michael Müller wird Berlins Bürgermeister

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Michael Müller beerbt Wowereit

Der Berliner Bausenator Michael Müller wird neuer Regierender Bürgermeister von Berlin. Der 49-Jährige hat sich beim SPD-Mitgliedervotum mit 59,1 Prozent überraschend bereits im ersten Anlauf durchgesetzt - zuvor war davon ausgegangen worden, dass es eine Stichwahl geben würde. Jan Stöß erhielt 20,8 Prozent, Raed Saleh 18,6 Prozent, sagte die Leiterin der Zählkommission, Barbara Loth. Müller wird offiziell bei einem SPD-Parteitag am 8. November für die Abstimmung im Abgeordnetenhaus nominiert.

Das Ergebnis ist eine Überraschung: Zehn Jahre führte Müller die Fraktion der SPD im Abgeordnetenhaus an, acht Jahre lang war er Parteichef, bis 2012 als ihm Jan Stöß den Posten abnahm. Seitdem galt der "Kronprinz" Wowereits eigentlich als Mann von gestern. Drei Tage hat er nach der Rücktrittsankündigung gewartet, bis er seine Kandidatur bekannt gab - da waren die anderen Kandidaten schon vielfach betrachtet worden und von Kritikern als ungeeignet befunden worden. Auch bei den Berlinern ist Michael Müller beliebt. Sie sahen ihn Umfragen zufolge ganz vorn ( ein ausführliches Porträt).

Zwei weitere Kandidaten waren im Rennen

Nach der Rücktrittsankündigung von Wowereit hatten sich zwei weitere potenzielle Nachfolger in Stellung gebracht. Ein Überblick.

Jan Stöß: Der SPD-Landeschef hat nach Bekanntgabe seiner Kandidatur vor allem durch kleine Sticheleien gegen den noch Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit Aufmerksamkeit erregt. "Armut ist eben nicht sexy", konterte er einst den Wowereit-Satz "Berlin ist arm, aber sexy". Er gilt als ungeduldiger Krawallo. Allerdings hatte er als einziger der drei Kandidaten ein umfangreiches Programm für den Fall aufgestellt, dass er neuer Bürgermeister wird. So will er für Wohnungsbau und Infrastruktur mehr Geld ausgeben ( ein ausführliches Porträt).

Raed Saleh: Der Berliner Fraktionschef startete als Außenseiter und galt als der spannendste Kandidat. Als Fünfjähriger ist der Palästinenser nach Berlin gekommen und hat sich vom Burger-Bräter nach oben gekämpft. Saleh gilt als begabter Strippenzieher, wodurch er zuweilen auch Misstrauen erntet ( ein ausführliches Porträt).

Michael Müller, 49, betrieb eine Druckerei, bevor er Senator für Stadtentwicklung wurde. Der erfahrene Kandidat führte viele Jahre die SPD-Fraktion und die Partei, bis die ihn abwählte.

Raed Saleh, 37, wuchs als Sohn eines Einwanderers aus dem Westjordanland in Berlin auf. Der SPD-Fraktionschef arbeitete sich aus einfachen Verhältnissen hoch, gründete ein Unternehmen in Spandau.

Seit 2012 führt der Verwaltungsrichter Jan Stöß, 41, die Berliner SPD. Der linke Sozialdemokrat verspricht der Partei einen Neuanfang mit mehr Investitionen in Personal und Infrastruktur.

Hohe Beteiligung bei Mitgliederbefragung

Fast 64 Prozent der rund 17 200 Berliner SPD-Mitglieder haben sich am Votum für die Nachfolge des scheidenden Regierungschefs Klaus Wowereit beteiligt. Etwa 11 000 Stimmen seien eingegangen, das seien 63,95 Prozent, sagte SPD-Landessprecherin Josephine Steffen. Am Samstagmorgen wurde mit der Auszählung der Stimmbriefe begonnen.

Wowereit gibt Mitte Dezember Amt auf - auch Finanzsenator Nußbaum geht

Fast 14 Jahre hat Klaus Wowereit Berlin regiert. Ende August hatte er angekündigt, zum 11. Dezember zurücktreten zu wollen, zwei Jahre vor Ablauf seiner Amtszeit. Seine Entscheidung begründete Wowereit mit Diskussionen um seine Person. ( Fünf Gründe warum Wowereit fehlen wird).

Auch Berlins Finanzsenator Ulrich Nußbaum (parteilos) will nach dem Rücktritt des Regierenden Bürgermeisters Wowereit nicht mehr dem Senat angehören. Nußbaum gehörte seit 2009 der Berliner Landesregierung an und stand besonders für die Konsolidierung des Landeshaushalts. Dem Berliner Tagesspiegel zufolge führen Berliner SPD-Kreise den Rücktritt von Nußbaum auf dessen tiefe persönliche Abneigung gegen Michael Müller zurück, Wowereits mutmaßlichem Nachfolger. "Nußbaum hat in kleiner Runde immer wieder gesagt, dass er mit Müller als Regierendem Bürgermeister keinen Tag zusammen arbeiten werde", sagte ein Mitglied des SPD-Landesvorstandes der Onlineausgabe des Tagesspiegel.

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