Nachfolge von Horst Köhler:Weizsäcker: Die Wahl ist frei

Unruhe in der Union: Auch Alt-Präsident Richard von Weizsäcker fordert, dass die Wahlleute in der Bundesversammlung ihrem Gewissen folgen sollten und nicht der Parteipolitik. Christian Wulff schlägt unterdessen eine Einladung der Linken aus.

In der Union mehren sich prominente Stimmen, die ein freies Abstimmungsverhalten bei der Wahl zum Bundespräsidenten fordern: Nach Sachsens Ex-Ministerpräsident Kurt Biedenkopf hat sich nun auch Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker gegen einen Koalitionszwang in der Bundesversammlung gewandt. Die Wahl gelte "einem ganz und gar selbständigen Amt, unabhängig von legitimen Zielen von Parteien und Koalitionen", sagte von Weizsäcker der Bild-Zeitung.

Richard von Weizsaecker

Die Wahlleute sollen selbst entscheiden: Alt-Bundespräsident Richard von Weizsäcker.

(Foto: AP)

Biedenkopf hatte zuvor Bundeskanzlerin Angela Merkel aufgefordert, den von der CDU gestellten Wahlleuten der Bundesversammlung freizustellen, ob sie für den Koalitionskandidaten Christian Wulff votieren oder für den von SPD und Grünen nominierten Joachim Gauck.

"Die Wahl ist frei"

Biedenkopfs Ansatz sei richtig, sagte von Weizsäcker. "Die Wahl ist frei." Anders äußerte sich dem Blatt gegenüber der ehemalige Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz und Thüringen, Bernhard Vogel. Die Wahl des Staatsoberhauptes sei zwar keine Machtfrage, finde aber nicht in einem "politisch luftleeren Raum" statt. Auch in der Vergangenheit seien die meisten Bundesversammlungen "in Bezug auf die jeweiligen parlamentarischen Konstellationen bewertet" worden.

Der frühere DDR-Bürgerrechtler Gauck hat auch im schwarz-gelben Regierungslager Sympathisanten. Einige FDP-Wahlleute haben bereits erklärt, bei der Bundespräsidenten-Wahl am 30. Juni für den Kandidaten des Oppositionslagers stimmen zu wollen.

Wulff will Linke nicht treffen

Unterdessen verzichtete der schwarz-gelbe Präsidentschaftsbewerber Christian Wulff darauf, bei der Linkspartei um Zustimmung zu werben. Der niedersächsische Ministerpräsident habe eine Einladung in die Fraktionssitzung der Linken am Dienstag unter Verweis auf einen Termin mit den Wahlleuten von Union und FDP abgelehnt, sagte ein Fraktionssprecher.

Joachim Gauck will sich dagegen den Fragen der Linken stellen. Allerdings machte ihm der frühere Linksparteichef Oskar Lafontaine wenig Hoffnung auf die Stimmen seiner Parteifreunde. Lafontaine begründete dies mit Gaucks Haltung zum Afghanistan-Einsatz. "Wir halten zum Beispiel Krieg nicht für ein Mittel der Politik. Wenn ein Bundespräsidentschaftskandidat den Krieg zu einem Mittel der Politik erklärt, ist das seine Sache. Nur da das eine existenzielle Frage der Politik ist, können wir einen solchen Kandidaten nicht unterstützen", sagte Lafontaine am Freitag in Wiesbaden.

Guttenberg: Präsidentenwahl "keine Bewährungsprobe für die Koalition"

Angesichts der Äußerungen Biedenkopfs und von Weizsäckers versucht Karl-Theodor zu Guttenberg die aufkommende Nervosität im Koalitionslager zu beruhigen. Der Verteidigungsminister betonte, dass er in der Bundespräsidentenwahl keinerlei Bewährungsprobe für die schwarz-gelbe Koalition sehe. Die Bundesversammlung mit der Zukunft der Regierung zusammenzubringen sei "schon ziemlich verwegen", sagte Guttenberg der Passauer Neuen Presse. Die CSU will Wulff am Samstag bei einem kleinen Parteitag mit 400 Delegierten in Nürnberg Mut zusprechen. Am selben Tag stellt sich Wulff auch den baden-württembergischen Fraktionen von CDU und FDP vor. "Wir stehen geschlossen hinter Christian Wulff", sagte CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt. Guttenberg erklärte, dass er mit einem deutlichen Sieg Wulffs rechne.

Union und FDP haben mit 644 Stimmen in der Bundesversammlung rechnerisch 21 Stimmen mehr als für die absolute Mehrheit nötig. Damit könnte sich Wulff bereits im ersten Wahlgang durchsetzen, falls sich die Zahl der schwarz-gelben Abweichler in Grenzen hält. Im dritten Wahlgang reicht die einfache Mehrheit.

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