Nachfolge von Dieter Althaus:Ein Gefühl für den richtigen Moment

"Die Ära Althaus ist beendet": Mit dieser Ansage zeigt Christine Lieberknecht, dass sie die Gunst der Stunde zu nutzen weiß - nicht zum ersten Mal.

Christiane Kohl, Erfurt

Man kann Christine Lieberknecht sicherlich vieles vorwerfen, dass sie keinen Instinkt für den richtigen Augenblick habe, aber wohl eher nicht.

Monatelang hatte die thüringische Sozialministerin loyal zum Ministerpräsidenten Dieter Althaus gestanden. Keine Bemerkung über die künftigen Entwicklungen im Land kam ihr über die Lippen, selbst als sie immer wieder als mögliche Nachfolgerin von Althaus ins Gespräch gebracht wurde. Am Dienstagmorgen aber ging Lieberknecht dann mit einer klaren Ansage in die Offensive: "Die Ära Althaus ist beendet", erklärte sie da in Rundfunk-Interviews.

Doch wer ist die mögliche Nachfolgerin von Althaus? Eine evangelische Pfarrerin, die sich in die Politik begeben hat; die zahlreiche Ministerämter bekleidete und auch in der Partei und in der CDU-Fraktion schon manchen Posten innehatte. Und sie ist eine Frau, die nicht zum Kuschen neigt.

Schon in der Schule ließ sie sich nicht alles gefallen, vom Internat flog die 1958 in Weimar geborene Schülerin wegen Aufmüpfigkeit. Später hätte sie gern ein naturwissenschaftliches Fach studiert, doch sie mochte den Preis der Anpassung dafür nicht bezahlen - also entschied sie sich für Theologie. Christine Lieberknecht wurde Pfarrerin und heiratete einen Berufskollegen, bekam Kinder und ist mit ihren 51 Jahren bereits dreifache Großmutter.

Jahrelang blieb sie in der Pfarrei Ottmannshausen bei Weimar. Doch sie engagierte sich auch in der Politik. Schon während des Studiums war sie der Ost-CDU beigetreten, im September 1989 verfasste sie mit vier anderen CDU-Mitgliedern den sogenannten Brief aus Weimar, einen Aufruf für mehr Demokratie und Erneuerung, der in der Folge große Wellen schlagen sollte.

Bald nach der Wende wurde der damalige Bundeskanzler Helmut Kohl auf die engagierte Politikerin aus Ostdeutschland aufmerksam, Christine Lieberknecht wurde stellvertretende Landesvorsitzende der CDU in Thüringen und rückte dann als einzige weibliche Ministerin in das erste Landeskabinett des ostdeutschen Christdemokraten Josef Duchac ein.

Bald rankten sich um den Ministerpräsidenten Stasi-Gerüchte, auch sonst galt Josef Duchac als glücklos - und da war wieder einmal ihr Instinkt für den richtigen Zeitpunkt: Christine Lieberknecht trat mit zwei anderen Ministerkollegen von ihrem Amt zurück und löste damit im Januar des Jahres 1992 den Sturz von Josef Duchac aus. Ein "Königsmord", der ihr bis heute anhing und lange Zeit verhinderte, dass sie zu Höherem berufen wurde.

Doch ihr politisches Leben ging weiter: In der Folge war Lieberknecht Ministerin im Kabinett von Bernhard Vogel, Landtagspräsidentin, CDU-Fraktionschefin und wieder Ministerin. So profilierte sich die Pfarrerin politisch und ließ sich nicht unterkriegen. Und auch in der CDU-Bundesszene machte sie sich einen Namen, zusammen mit Angela Merkel war sie bereits 1991 ins CDU-Präsidium eingerückt. Nun könnte auch Thüringen von einer Frau regiert werden, von Christine Lieberknecht.

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