Nach Wiedereinsetzung des Parlaments:Ägyptisches Verfassungsgericht hebt Dekret Mursis auf

Gerade hatte Präsident Mursi das vom Verfassungsgericht aufgelöste ägyptische Parlament wieder zusammengerufen, die Abgeordneten tagten erstmals wieder. Nun haben die Richter in Kairo Mursis Dekret jedoch für ungültig erklärt.

Das ägyptische Verfassungsgericht hat das Dekret von Präsident Mohammed Mursi zur Wiedereinsetzung des Parlaments offiziell aufgehoben. Das Gericht in Kairo traf am Dienstag eine entsprechende Entscheidung.

Zuvor hatte sich das Parlament offen gegen die Militärs gestellt und war trotz der angeordneten Auflösung zu einer kurzen Sitzung zusammengekommen. Parlamentspräsident Saad al-Katatni versicherte in der vom Staatsfernsehen übertragenen Eröffnungsrede, die Zusammenkunft verletze nicht das Urteil des Obersten Verfassungsgerichts, das die Wahl zum Unterhaus im Juni für ungültig erklärt hatte. Der damals regierende Militärrat löste das Parlament daraufhin auf, doch Präsident Mursi hob die Entscheidung wieder auf.

Offen blieb zunächst, wie das Militär auf das Vorgehen Mursis reagieren wird. Es hinderte die Abgeordneten nicht am Betreten des Parlamentsgebäude. Die Volksvertretung ist von islamistischen Kräften dominiert. Wie Mursi stammt auch al-Katatni von der einflussreichen Muslimbruderschaft. An der Sitzung nahmen nach Angaben der Parlamentsverwaltung rund 70 Abgeordneten teil, überwiegend aus dem islamistischen Lager. Vertreter liberaler Parteien boykottierten das Treffen.

Bereits am Montag hatte das Verfassungsgericht Mursis Dekret für ungültig erklärt und den Präsidenten gewarnt, dass niemand über der Verfassung stehe. Die Muslimbrüder erklärten, sie suchten eine Lösung, die die rechtliche Position des Gericht berücksichtige, ohne das Parlament aufzulösen. Dagegen kritisierten liberale Parteien, Mursi habe sich gegen das Votum des Verfassungsgerichts gestellt.

Der Machtkampf zwischen dem Militär und dem Lager der gemäßigten Islamisten hatte sich durch die Entscheidung Mursis zuletzt verschärft. Nach den Vorstellungen der Muslimbrüder sollen die Parlamentarier bis zur Verabschiedung einer neuen Verfassung und Neuwahlen ihr Mandat ausüben. Mursi griff mit seiner Entscheidung die Autorität des Militärs an, das nach dem Urteil des Verfassungsgerichts die Auflösung des Parlaments angeordnet hatte.

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