Nach Scheitern der Jamaika-Koalition im Saarland:Ende der Experimente

Die Jamaika-Koalition im Saarland scheitert an internen Streitigkeiten bei der FDP. Ministerpräsidentin Kramp-Karrenbauer will jetzt mit der SPD über eine große Koalition verhandeln. Doch die Versuchung für die Sozialdemokraten, über Neuwahlen selbst das Amt des Ministerpräsidenten anzustreben, ist groß. Aber auch Oskar Lafontaine würde erneut antreten.

Peter Blechschmidt, Daniel Brössler und Nico Fried

Daniel Bahr, der Bundesgesundheitsminister von der FDP, wehrt sich tapfer: Nun allein der FDP die Schuld am Ende der Koalition im Saarland zu geben, sei nicht angemessen, sagt Bahr am Rande des Dreikönigstreffens in Stuttgart. "Die Jamaika-Koalition war ein Experiment", sagt Bahr. Es habe aber Probleme in allen drei beteiligten Parteien gegeben. Vielleicht könne man es auch als Signal an die FDP-Anhänger sehen, dass die CDU sich schnell von einem Partner lösen könne, stichelt Bahr, um hinzuzufügen, dass die Lage auf Berlin nicht übertragbar sei.

Jamaika-Koalition im Saarland geplatzt

Die Jamaika-Koalition im Saarland ist gescheitert: Für Ministerpräsidentin Annegret Kramp-Karrenbauer liegt die Verantwortung für das Ende der Koalition bei der FDP.

(Foto: dpa)

Tatsächlich ist die Bedeutung für die Bundespolitik schwer zu bemessen. Das Saarland ist zu klein, um die Politik in Berlin wirklich zu beeinflussen. Andererseits ist das Saarland nicht klein genug, um einfach ignoriert zu werden. Die Führung der FDP war überrascht von den Ereignissen in Saarbrücken. Und manch einer mag sich gefragt haben, wie viel Berliner Wissen und Zutun hinter der Entscheidung von Annette Kramp-Karrenbauer gesteckt haben mag. Die Ministerpräsidentin gilt nicht als enge Vertraute von Angela Merkel, aber durchaus als CDU-Politikerin mit direktem Zugang. Aus der Bundes-CDU wurden jedoch Signale gesandt, man sei selbst über den Verlauf des Bruches nicht glücklich.

Auslöser soll ein Gespräch von Kramp-Karrenbauer mit Landeschef Oliver Luksic am Donnerstagabend gewesen sein, bei dem die Regierungschefin nach wochenlangen Personalquerelen in der FDP verlangt habe, die Liberalen sollten noch an diesem Wochenende einen neuen Fraktionschef wählen. Luksic habe gesagt, das sei schwierig, weil damit weitere Personalrochaden verbunden wären. Daraufhin soll Kramp-Karrenbauer die Notbremse gezogen haben.

Lafontaine wäre Spitzenkandidat

Die Ministerpräsidentin setzt nun auf eine große Koalition. Der SPD-Landeschef Heiko Maas stimmte Gesprächen mit der CDU zwar zu, allerdings mit offenem Ausgang. Die Versuchung für die Sozialdemokraten, über Neuwahlen selbst das Amt des Ministerpräsidenten anzustreben, ist groß. Denn im November lag Maas in einer Umfrage des Saarländischen Rundfunks mit 44 Prozent Zustimmung vor Kramp-Karrenbauer, deren Wert bei 40 Prozent lag.

Neuwahlen könnten aber auch wieder die leidige Frage nach einer Koalition von SPD und Linken eröffnen - und das im Heimatland Oskar Lafontaines. Im Oktober 2009 hatte Maas auf eine Koalition mit Grünen und Linken gesetzt, die notwendige Mehrheit war gegeben, Lafontaine war Fraktionschef in Berlin. Plötzlich erklärte er seinen Rückzug, um im Saarland Fraktionschef zu werden. Die Grünen nutzten das als Begründung, lieber mit CDU und FDP zu regieren.

Für Bemühungen, die schon jetzt vorhandene Mehrheit für eine rot-rot-grüne Koalition zu nutzen, gab es am Freitag zunächst keine Anzeichen. Bei der SPD ist die Verbitterung über die Grünen offenbar zu groß. Einzig Oskar Lafontaine zeigte sich offen für ein Bündnis mit SPD und Grünen. Eine rot-rot-grüne Koalition werde nicht an der Linkspartei scheitern, sagte er der SZ: "Das ist für uns keine Frage von Personen, sondern von politischen Inhalten".

Als wichtigstes Ziel nannte Lafontaine aber Neuwahlen an der Saar. Der Zeitung "Welt" sagte er zudem: "Selbstverständlich werde ich im Fall von Neuwahlen als Spitzenkandidat der Saarlinken ins Rennen gehen." Und fügte hinzu: "Wir glauben, dass ein politischer Neuanfang mit der CDU an der Saar nicht möglich ist." Die Koalition sei von Anfang an ein "totgeborenes Kind" gewesen. Zu den inhaltlichen Differenzen sei dann in den vergangenen Monaten die Krise der Saar-FDP hinzugekommen.

Für aussichtslos halten die Linken diese Forderung nicht, glauben sie doch, ein lautes Grummeln aus der SPD zu vernehmen. Die Rolle eines Juniorpartners der CDU werde Maas seinen Leuten aber nur schwer schmackhaft machen könne, meinen die Linken. Denen käme eine Landtagswahl im Saarland gerade recht. Denn dort wäre ausnahmsweise mal wieder ein Erfolg möglich.

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