Nach Rücktritt:US-Menschenrechtler wollen Rumsfeld in Deutschland anzeigen

Rumsfeld wird vorgeworfen, Kriegsverbrechen angeordnet zu haben. Da er nun keine Immunität mehr genießt, sind die Chancen für eine Verurteilung angeblich gestiegen. Unterdessen hat die US-Armee begonnen, die Irak-Strategie zu überprüfen.

Die Armeeführung hat nach dem angekündigten Rücktritt von Pentagonchef Donald Rumsfeld mit einer Überprüfung ihrer Irak-Strategie begonnen. Die Armee werde nicht "mit einem Plan arbeiten, der in Stein gemeißelt ist", sondern "nötige Veränderungen vornehmen", sagte der Chef des Vereinigten Generalstabs, Peter Pace, in Washington.

Nach Rücktritt: Nach dem Rücktritt ohne Immunität: Donald Rumsfeld.

Nach dem Rücktritt ohne Immunität: Donald Rumsfeld.

(Foto: Foto: AFP)

US-Präsident George W. Bush deutete ebenfalls die Möglichkeit einer Änderung der Irak-Politik an. In seiner wöchentlichen Rundfunkrede bezeichnete er den designierten Verteidigungsminister Robert Gates als "Makler des Wandels". Eine Gruppe von US-Anwälten will in Deutschland Klage gegen Rumsfeld einreichen.

Die US-Menschenrechtsgruppe Center for Constitutional Rights (CCR) hatte bereits im Jahr 2004 versucht, Rumsfeld in Deutschland vor Gericht zu bringen, war damit aber gescheitert. Die neue Klage habe weitaus bessere Chancen, erklärte die Gruppe auf ihrer Internet-Seite. Die Beweislage habe sich verändert, zudem genieße Rumsfeld nach seinem Rücktritt keine Immunität mehr. Die Klägerseite soll in Deutschland durch den Berliner Anwalt Wolfgang Kaleck vertreten werden.

Die CCR vertritt nach eigenen Angaben gemeinsam mit der International Federation for Human Rights (FIDH) und der Republikanischen Anwaltsvertretung (RAV) insgesamt zwölf Folteropfer: elf Iraker, die im Gefängnis Abu Ghraib misshandelt worden sein sollen, und einen Gefangenen des US-Militärlagers Guantánamo.

Deutsches Völkerstrafgesetzbuch als Grundlage

Sie werfen der US-Regierung die Anordnung und Unterstützung von Kriegsverbrechen sowie Versagen bei deren Verhinderung vor. Die Gruppe beruft sich auf das 2002 in Kraft getretene deutsche Völkerstrafgesetzbuch, wonach im Ausland von Ausländern begangene Kriegsverbrechen oder Verbrechen gegen die Menschlichkeit wegen des so genannten Weltrechtsprinzips auch hierzulande verfolgt werden können. Die CCR will nicht nur gegen Rumsfeld, sondern auch gegen US-Justizminister Alberto Gonzales und den ehemaligen Chef des US-Geheimdienstes CIA, George Tenet Klage einreichen.

Aus dem Pentagon verlautete, Pace habe am Generalstab eine eigene Studiengruppe eingerichtet, die über den Irak-Einsatz beraten solle.

Dabei würden auch Angehörige der mittleren Ebene eingebunden, die nach Angaben eines US-Armeevertreters in den kommenden zwei Monaten der Gruppe über ihre Erfahrungen im Irak berichten sollen.

Offen für Ideen der Demokraten

Pace sagte, nötig sei eine "ehrliche Bestandaufnahme" dessen, "was funktioniert, was nicht funktioniert, was den Fortschritt verhindert, und was wir ändern müssen, um die selbst gesetzten Ziele zu erreichen". Der General deutete seine Bereitschaft zu einer Kurskorrektur an: "Wir werden die nötigen Änderungen vornehmen, um uns auf die richtigen Zielsetzungen zu konzentrieren."

Bush bekräftigte, er sei offen für die von den bei der Kongresswahl siegreichen Demokraten vorgebrachten Ideen. Der künftige Verteidigungsminister Gates werde einen "frischen Blick" auf die Strategie im Irak und "das, was wir für den Sieg brauchen" werfen.

Die Debatte dreht sich hauptsächlich um die US-Truppenstärke im Irak sowie die Bedingungen und den Zeitplan für den Rückzug. Derzeit sind rund 150.000 US-Soldaten im Irak stationiert, die meisten in der Region um Bagdad.

Bush wollte nach Angaben seines Sprechers Tony Snow am Montag zu Gesprächen mit den Mitgliedern des überparteilichen Komitees zusammentreffen, das unter der Führung des ehemaligen Außenministers James Baker die Irak-Politik des Weißen Hauses überprüft. Das Komitee will seine Empfehlungen zur künftigen Strategie spätestens Anfang 2007 vorlegen.

Die Gewalt im Irak dauert an: In der Hauptstadt Bagdad wurden bei mehreren Anschlägen mindestens neun Menschen getötet, allein sechs Zivilisten starben bei der Explosion einer Bombe auf einem belebten Markt.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: