Nach Peer Steinbrücks Äußerungen:Vulgärer geht's immer

Silvio Berlusconi, "ein Clown"? Für seine Herabwürdigung des Cavaliere hat Peer Steinbrück mächtig einstecken müssen. Dabei steht der SPD-Kanzlerkandidat damit in bester Tradition - nämlich mit den Ausrutschern von Berlusconi selbst. Der hat in der Vergangenheit nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel vulgär beleidigt.

Von Elisa Britzelmeier

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(Foto: AFP)

Silvio Berlusconi, "ein Clown"? Für seine Herabwürdigung des Cavaliere hat Peer Steinbrück mächtig einstecken müssen. Dabei steht der SPD-Kanzlerkandidat damit in bester Tradition - nämlich mit den Ausrutschern von Berlusconi selbst. Der hat in der Vergangenheit nicht nur Bundeskanzlerin Angela Merkel vulgär beleidigt. Von Elisa Britzelmeier Sowohl in Deutschland als auch in Italien gibt es viele, die verstehen, warum Italiens Staatspräsident Giorgio Napolitano den deutschen Kanzlerkandidaten Peer Steinbrück auf einmal nicht mehr zum Abendessen treffen wollte. Zugleich findet der SPD-Kanzlerkandidat aber auch in beiden Ländern Zustimmung: Er habe nur gesagt, was 30 Prozent der italienischen Wähler ohnehin denken, nämlich dass Silvio Berlusconi (hier selbstzufrieden bei seiner Stimmabgabe) und Beppe Grillo beide "Clowns" sind. Gleicht sein Stil da nicht dem des Cavaliere? Schon ist die Rede von "Peerlusconi". Schließlich ist der italienische Ex-Ministerpräsident für seine heftigen Ausbrüche bekannt.

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(Foto: Getty Images)

Im September 2011 soll der Cavaliere Bundeskanzlerin Angela Merkel in einem abgehörten Telefonat als "culona inchiavabile" bezeichnet haben. Die Beleidigung lässt sich nur schwer übersetzen. Deutsche Medien versuchten es zurückhaltend mit: "enormer Hintern, mit dem nichts anzufangen ist". Wortwörtlich läuft die Beschimpfung aber darauf hinaus, dass Berlusconi die Person Angela Merkel für einen großen - Verzeihung - Arsch beziehungsweise eine "Ärschin" hält, an der niemand sexuelles Interesse haben könne. Die englische Presse machte es sich da mit dem Wort "unfuckable" wesentlich leichter.

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(Foto: dpa/dpaweb)

Die damalige finnische Präsidentin Tarja Halonen gefiel Berlusconi offensichtlich wesentlich besser: Der "Bunga-Bunga"-Premier prahlte 2005 bei einem Besuch damit, sie mit seinen "Playboy-Künsten" für sich gewonnen zu haben - danach lästerte er über die finnische Küche.

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(Foto: dpa)

Für großen Aufruhr sorgte Silvio Berlusconi auch, als er dem deutschen Präsidenten des Europaparlaments, Martin Schulz (SPD), im Jahr 2003 eine Rolle als Kommandant in einem Nazi-Film vorschlug. Der hatte ihn wegen seiner Doppelrolle als Medienunternehmer und Regierungschef kritisiert: "Herr Schulz, in Italien gibt es einen Produzenten, der gerade einen Film zu den nationalsozialistischen Konzentrationslagern vorbereitet, ich werde Sie für die Rolle des Kapo vorschlagen. Sie sind perfekt!"

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(Foto: dpa)

US-Präsident Barack Obama musste sich nach seiner Wahl im Jahr 2009 einen Berlusconi-Spruch über seine Hautfarbe gefallen lassen. Der Italiener freute sich über das historische Ereignis und sagte, dieser sei doch "schön gebräunt". Auf einer anschließenden Pressekonferenz wollte Berlusconi dies als Witz verstanden wissen und sich nicht entschuldigen. Im Anschluss beschimpfte er anwesende amerikanische und italienische Journalisten als "humorlos". Die italienischen Medienvertreter sind, sofern sie nicht unter seinem Einfluss als Medienunternehmer stehen, wiederholtes Ziel seiner Attacken.

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(Foto: dpa)

Ebenso verhält sich Berlusconi gegenüber der italienischen Richterschaft, die ihm zufolge die "schlimmste Krankheit Italiens" ist. Die Richter seien "alle links und gegen ihn" - und genauso Staatspräsident Giorgio Napolitano. Das Verhältnis zwischen Napolitano und Berlusconi ist gewiss nicht das beste. Der ehemalige Kommunist und Widerstandskämpfer gegen den italienischen Faschismus, Napolitano, hat mit dem Ex-Premier wenig gemein. Zudem soll der amtierende Staatspräsident Napolitano in einem Telefonat mit dem ehemaligen Innenminister Nicola Mancino gesagt haben, Berlusconi sei Schuld am Verlust von Italiens Glaubwürdigkeit. Dies berichtete das italienische Wochenmagazin Panorama im August 2012.

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(Foto: REUTERS)

Höhepunkt von Silvio Berlusconis Tiraden war der September 2011: da beleidigte er nicht nur Kanzlerin Merkel, sondern zog auch noch über sein eigenes Land her. "Ich mach' jetzt meinen eigenen Kram. Ich verlasse dieses Scheißland", wird er aus einem Telefonat zitiert. Heute wünschen sich viele Wähler in Italien, er hätte diese Drohung wahrgemacht.

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(Foto: dpa)

Nun hat Angela Merkel den italienischen Präsidenten empfangen. Napolitano selbst verwehrte Silvio Berlusconi im Oktober 2012 einen Besuch auf dem Quirinal. Berlusconi hatte zuvor in einer Pressekonferenz seine Rückkehr erklärt und Übergangs-Ministerpräsident Mario Monti und Angela Merkel mit polemischen Aussagen attackiert. Damit erzeugte er selbst in der eigenen Partei, der PDL, verlegene Reaktionen. Napolitano empfing ihn daraufhin nicht. Er habe solche Äußerungen der italienischen Tageszeitung La Repubblica zufolge nicht erwartet und sei besorgt über die Angriffe auf den italienischen Premier und die deutsche Kanzlerin gewesen.

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(Foto: dpa)

Eine kleine Revanche bekam Berlusconi von seinem eigenen Volk im Dezember 2010 zu spüren. Während eines EU-Gipfels in Brüssel war eine "Twitter-Wall" eingerichtet worden, auf der die Debatte live von Twitter-Benutzern kommentiert werden konnte. Nach zwei Stunden musste das Experiment abgebrochen werden: die Entrüstung der italienischen User und ihre Beschimpfungen Berlusconis hatten schlichtweg überhand genommen. Unter anderem über Twitter organisierte sich die Bewegung des anderen, mit Steinbrücks Worten, "beruflich tätigen Clowns" Beppe Grillo. Auf die Steinbrück-Äußerungen reagieren Berlusconi-Gegner unempfindlich: Von "Nur zwei Clowns? Das wäre ja schön" bis hin zu "Wir Italiener sagen das schon lange" reichen ihre Äußerungen. Dass Napolitano Respekt für die demokratische Entscheidung seiner Bürger fordert, wird aber auch gelobt. Gegen Silvio Berlusconi ermittelt wieder einmal die Staatsanwaltschaft.

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