Süddeutsche Zeitung

Nach öffentlicher Kritik:Thüringer Elefantenjäger wird auf Chefposten strafversetzt

Strafbar war es wohl nicht. Doch Feingefühl hat der Thüringer Beamte nicht bewiesen, der in Botswana auf Elefantenjagd ging und sich dann noch damit brüstete. Das kostet ihn nun seinen Posten im Umweltministerium - allzu hart fällt er aber nicht.

Von Barbara Galaktionow

Ein Mann posiert lächelnd hinter einem toten Elefanten - mal hält er ein Gewehr in der Hand. Mal lehnt das Gewehr vorne am Körper des Dickhäuters, der an einigen Stellen Blutspuren aufweist. Der Großwildjäger auf den Fotos war offenbar beglückt über seinen erfolgreichen Jagdausflug nach Botswana im südlichen Afrika. So beglückt, dass er die Bilder per E-Mail an mehrere Kollegen versandt haben soll. Sein Jägerstolz hat den Mann seinen Posten gekostet - nun soll er einen anderen bekommen.

Der Mann auf dem Foto soll Udo Wedekind sein, bis Montag Zentralabteilungsleiter im Thüringer Umweltministerium. Die Bilder von dem Jagdausflug samt einer begleitenden E-Mail waren in den vergangenen Tagen in die Öffentlichkeit gelangt und hatten massives Befremden und große Empörung ausgelöst.

Bodo Ramelow, Fraktionschef der Linken in Thüringen, sagte, Wedekind habe sich als hochrangiger Beamter im Umweltministerium "restlos diskreditiert". Die Thüringer Grünen teilten mit, der Fall sei besonders grotesk, weil es sich um den Mitarbeiter einer Behörde handele, die auch für den Artenschutz verantwortlich sei. Das Umweltministerium erreichten nach der Veröffentlichung der Fotos in mehreren Medien "Hunderte von E-Mails mit diffamierendem und beschimpfendem Charakter, darunter auch Morddrohungen", sagt der Pressesprecher der Behörde. "Was hier abgelaufen ist, das können Sie sich nicht vorstellen."

Was den Fall selbst angeht, zeigt sich das Umweltministerium bedeckt. Der Pressesprecher bestätigt nicht einmal, dass der Mann auf den Fotos Wedekind ist oder dass der Beamte in Afrika auf Elefantenjagd war. Thüringens Umweltminister Jürgen Reinholz (CDU), der zunächst Konsequenzen gegen den Beamten abgelehnt hatte, wie der MDR berichtete, sah sich allerdings doch gezwungen zu handeln - und versetzte den Abteilungsleiter aus dem Umweltministerium in eine untergeordnete Behörde. Doch allzu hart scheint der Beamte nicht zu fallen: Wie heute bekannt wurde, soll er Präsident der Landesanstalt für Landwirtschaft werden - was für neue Irritationen sorgt.

Die Versetzung des Beamten an die Spitze der deutschlandweit anerkannten Fachbehörde sei "absolut nicht nachvollziehbar", kritisiert der linke Umweltpolitiker Tilo Kummer auf der Website der Linken-Fraktion. Bislang zeichneten sich Leiter der Behörde immer durch hohe fachliche Qualifikation aus, bei dem nun versetzten Beamten sehe er den entsprechenden Bezug zur Landwirtschaft nicht.

Was legal ist, muss nicht legitim sein

Das Umweltministerium verteidigt hingegen sein Vorgehen. "Nach dem deutschen Beamtenrecht können sie einen Beamten, der Abteilungsleiter ist, nicht herabstufen", sagt der Pressesprecher der Behörde. Udo Wedekind werde die Leitung der Landesanstalt kommissarisch übernehmen, dies sei die einzige Möglichkeit gewesen, den Beamten kurzfristig innerhalb des Geschäftsbereichs zu versetzen. Die Frage, ob es eine Strafversetzung sei, beantwortete der Sprecher nur indirekt. Normalerweise gehe es eher umgekehrt - von der Spitze einer Landesbehörde in die Zentralbehörde, sagte er dazu. Der Posten sei zudem eine Gehaltsstufe tiefer. Einen Beamten aus dem Dienst zu entfernen, sei nur möglich, wenn ein Ereignis "justiziabel" sei. "Und das scheint hier überhaupt nicht der Fall zu sein", stellt der Pressesprecher fest.

Denn auch wenn der Thüringer Beamte mit seinem Jagdausflug nach Botswana nicht gerade Feingefühl bewiesen hat, strafbar war er wohl nicht. Zwar ist der internationale Handel mit Elefantenprodukten seit 1989 weltweit verboten, sagt Jörn Ehlers, Sprecher des World Wide Fund For Nature (WWF) in Deutschland. In einzelnen Ländern gebe es jedoch Ausnahmeregelungen für die private Trophäenjagd. So habe Botswana 2013 Lizenzen für den Abschuss von 400 Elefanten verkauft. Insgesamt seien im vergangenen Jahr in ganz Afrika etwa 1500 Abschüsse genehmigt worden. Botswana habe die Trophäenjagd von 2014 an aber ausgesetzt.

Der Thüringer Beamte habe wahrscheinlich eine der 400 Lizenzen gekauft, vermutet Ehlers. Damit wäre seine Elefantenjagd rechtlich in Ordnung. Ob es sich so verhält, ist allerdings offen. Das Thüringer Umweltministerium sagte zu dieser Frage nichts. Udo Wedekind selbst war für SZ.de nicht zu erreichen. Der WWF-Sprecher Ehlers gibt jedoch zu bedenken: "Die Frage ist, ob das, was legal ist, auch legitim ist."

Er verweist darauf, dass sich die Gesamtsituation der Elefanten in Afrika aufgrund der massiven Zunahme der Wilderei in den vergangenen Jahren stark verschlechtert habe. Etwa 30.000 Tiere seien in Afrika 2013 von Wilderern getötet worden. Zudem sei die Jagd auf Elefanten besonders problematisch, weil die Tiere ein ausgefeiltes Sozialleben hätten. "Der Abschuss eines einzelnen Tieres kann die Struktur einer ganzen Gruppe gefährden", sagt Ehlers.

Juristisch mag an der Elefantenjagd also nichts auszusetzen sein, etwas fraglich bleibt sie doch, gerade für einen Mitarbeiter einer Umweltbehörde. Und so lautet auch das Fazit des WWF-Sprechers: "Der Beamte im Thüringer Umweltministerium hat sich seine Versetzung redlich verdient." Die Grünen im Land wollen die Angelegenheit übrigens demnächst in einer Aktuellen Stunde vertiefen. Der Titel: "Artenschutz endet nicht an Thüringer Grenzen".

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