Nach neuerlichen Massenprotesten:Druck auf Regierung in Paris wächst

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Studenten und Gewerkschaften haben der politischen Führung ein Ultimatum gestellt: Sollte die Regierung nicht bis Montagabend von ihrer geplanten Arbeitsmarktreform Abstand nehmen, könnte es zu einem eintägigen Generalstreik kommen.

Das kündigten Gewerkschaften und Studentengruppen an. Ministerpräsident Dominique de Villepin müsse die volle Verantwortung für die sozialen Spannungen übernehmen, die dann folgen könnten. "Die Regierung und der Präsident haben 48 Stunden Zeit sich zu entscheiden", erklärte der Vorsitzende der Gewerkschaft Force Ouvriere, Rene Valadon, nach einem Treffen mit den Anführern von Studenten.

Französische Studenten außer Rand und Band (Foto: Foto: AFP)

Bei Großkundgebungen gegen die umstrittene Arbeitsmarktreform war es am Samstagabend erneut zu schweren Zusammenstößen zwischen der Polizei und Demonstranten gekommen. Dabei wurden in Paris 52 Menschen verletzt. 167 Personen wurden festgenommen, vier Autos gingen in Flammen auf.

Zuvor hatten Hundertausende gegen den französischen Premierminister Dominique de Villepin und seine Arbeitsrechtsreform demonstriert. Beim dritten nationalen Aktionstag gegen die Reform in sechs Wochen gingen nach der Zählung der Gewerkschaft CGT 1,5 Millionen Menschen auf die Straße, in Paris allein 350.000. Das Innenministerium zählte dagegen 503.600 Demonstranten, 80.000 in der Hauptstadt.

"Härtere Gangart"

In mehreren Städten kam es zu Zwischenfällen. Gewerkschaften, Schüler- und Studentenverbände sowie die Linksparteien wollen die konservative Regierung zwingen, die Lockerung des Kündigungsschutzes für junge Arbeitnehmer unter 26 zurückzunehmen. Die Gewerkschaften beraten nach erfolgreicher Mobilisierung gegen den "Vertrag zur Ersteinstellung" (CPE) über eine "härtere Gangart".

Mehrere Gewerkschaftler drohten ultimativ mit einem übergreifenden Streiktag, sollte Villepin nicht einlenken. Verstärkte gewerkschaftliche Ordnungsdienste waren eingesetzt, um gewalttätige Ausschreitungen zu verhindern, wie es sie in der Woche zwischen Studenten und Polizei an der Pariser Sorbonne gegeben hatte. In mehreren Städten blockierten Demonstranten zeitweise Bahnhöfe. So griff in Nancy die Bereitschaftspolizei CRS ein, um die von Demonstranten blockierten Gleise zu räumen.

Ausschreitungen in Lille

Auch aus Lille wurden Zwischenfälle gemeldet. Von 200 Demonstranten mit Flaschen und Steinen beworfen, setzte die Polizei in Lille Tränengas ein. Der erneute nationale Protesttag galt als eine entscheidende Kraftprobe zwischen dem bisher unnachgiebigen Villepin und den Gegnern seiner Politik. Nach Umfragen wollen 68 Prozent der Franzosen eine Rücknahme der Reform, mit der Villepin die hohe Arbeitslosigkeit in der jungen Generation bekämpfen will. Sie liegt in Problemvierteln bei bis zu 40 Prozent.

Die im Januar begonnene Auseinandersetzung um das Reformgesetz hat den engen Vertrauten von Staatspräsident Jacques Chirac nach Umfragen in der Beliebtheit markant abstürzen lassen. Villepin ist seit zehn Monaten im Amt und sieht sich als Präsidentschaftskandidat 2007. In 60 von 84 Universitäten blockieren oder stören Studenten aus Protest gegen das beschlossene Gesetz den Lehrbetrieb.

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