Süddeutsche Zeitung

Nach Mord an Rapper:Griechische Polizei verhaftet Neonazis

Seit ein Rechtsextremer einen linken Rapper erstochen hat, gehen die Behörden in Griechenland verschärft gegen die Neonazi-Partei "Goldene Morgenröte" und ihr Umfeld vor: In der Nacht nahm die Polizei mehrere Personen fest.

Drei Tage nach dem Mord an einem bekannten Rapper und linken Aktivisten in Athen greifen die griechischen Behörden durch. In der Nacht zum Samstag nahmen sie acht Personen fest, die entweder Mitglieder der als neonazistisch eingestuften Partei Goldene Morgenröte (Chrysi Avgi) sind oder ihrem Umfeld angehören. Der Rapper Pavlos Fyssas mit dem Künstlernamen "Killah P." war in der Nacht zum Mittwoch erstochen worden.

Der geständige Täter, ein mutmaßlicher Anhänger der Goldenen Morgenröte, soll am Samstag vor dem Vernehmungsrichter aussagen. Die Partei selbst bestreitet aber jede Verstrickung in die Tat, der Täter sei nicht einmal Mitglied der Chrysi Avgi gewesen, heißt es von ihrer Seite.

Wie die Zeitung Kathimerini auf ihrer Website berichtet, wurden in der zentralgriechischen Stadt Chalkis vor den örtlichen Morgenröte-Parteibüros drei Männer in Polizeigewahrsam genommen, die mit Helmen, Schilden und Knüppeln ausgerüstet waren. In Thessaloniki verhaftete die Polizei fünf Männer, die Propagandamaterial der Partei bei sich hatten und angaben, Mitglieder der Goldenen Morgenröte zu sein. Bei ihnen wurde Pfefferspray, Totschläger, Messer und ein Knallkörper gefunden. Außerdem verbot die Polizei für Samstag eine Essensausgabe der Partei im Westen Athens, die "nur für Griechen" galt.

Auf Anweisung des Ministeriums für Öffentliche Ordnung werden künftig alle Ermittlungen zu Gewalttaten, hinter denen die Goldene Morgenröte stehen soll, von den Antiterror-Diensten übernommen. Das teilten Polizeivertreter am Freitag mit. Minister Nikos Dendias hatte zudem angeordnet, bis auf weiteres allen 18 Abgeordneten der Neonazi-Partei sowie den örtlichen Parteibüros den Polizeischutz zu entziehen.

Chrysi Avgi wird für mehrere Angriffe auf Einwanderer, Politiker und linksgerichtete Aktivisten verantwortlich gemacht. Bisher allerdings blieb die Partei weitgehend unbehelligt. Erst der Mord an dem bekannten Rapper sorgte für landesweite Empörung und zwang die Regierung nun zum Handeln.

Am Donnerstag sandte der Minister für Öffentliche Ordnung dem Staatsanwalt am Obersten Gericht rund 30 Dossiers zu mutmaßlichen Gewaltakten von Chrysi-Avgi-Mitgliedern zu, um die Ermittlungen zu beschleunigen. Gleichzeitig kündigte er eine Verschärfung der Strafgesetze gegen die "organisierte Kriminalität" an. Der griechische Ministerpräsident Antonis Samaras hatte bereits im Vorfeld von einer "äußerst kritischen Phase" gesprochen. Tausenden Menschen protestierten gegen Rechtsextremismus.

In der Zeitung Ethnos beschrieb ein anonymer ehemaliger Aktivist der Neonazi-Partei unterdessen, wie die Partei mit Hilfe von "Überfall-Milizen" Angriffe auf Immigranten organisierte.

Chrysi Avgi ist seit den Wahlen im Juni 2012 erstmals im Parlament vertreten und verfügt dort über 18 der 300 Mandate. Die rechtsextreme Partei profitiert weiterhin stark von der anhaltenden Krise in Griechenland: Wären heute Wahlen, könnte sie nach Angaben von Meinungsforschern mit 13 Prozent der Stimmen rechnen.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.1776743
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
Süddeutsche.de/AFP/dpa/ebri/ratz/odg/webe
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.