Süddeutsche Zeitung

Nach Militärputsch:Deutsche Staatsbürgerin in der Türkei festgenommen

  • In Folge des gescheiterten Militärputschs in der Türkei ist auch eine deutsche Staatsbürgerin festgenommen worden, wie WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung aus Regierungskreisen erfuhren.
  • Ihr wird offenbar vorgeworfen, mit der Gülen-Bewegung in Verbindung zu stehen.
  • Das Auswärtige Amt konnte bislang keinen Kontakt zu der Frau herstellen.

Von Katja Riedel und Andreas Spinrath

Im Zuge der Verhaftungswelle der vergangenen Wochen in der Türkei ist auch eine deutsche Staatsbürgerin festgenommen worden. Der Fall ist dem Auswärtigen Amt bekannt, erfuhren WDR, NDR und Süddeutsche Zeitung aus Regierungskreisen. Aus dem Auswärtigen Amt war am Freitag zu hören, dass die deutsche Botschaft in Ankara sich seit Tagen um Kontakt zu der Frau bemüht, bisher sei dies aber noch nicht gelungen.

Die deutsche Staatsbürgerin sei wegen des Verdachts der Zugehörigkeit zur sogenannten Gülen-Bewegung verhaftet worden, gegen die der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan seit dem gescheiterten Putsch vorgeht. Dabei soll die Deutsche vor einigen Tagen verhaftet worden sein, weil bei ihr Bücher gefunden worden seien, die auf Kontakte zu oder einer Mitgliedschaft in der Gülen-Bewegung hinwiesen.

Aus Kreisen des Auswärtigen Amtes war zu hören, dass die deutsche Botschaft in Ankara hierzu bereits seit Tagen in ständigem und engem Kontakt mit den zuständigen Behörden und den Angehörigen stehe. Weiter hieß es aus dem Berliner Ministerium, dass man darauf dränge, die Deutsche schnellstmöglich konsularisch betreuen zu können.

Über die Identität der Frau waren zunächst keine Details in Erfahrung zu bringen. So ist unklar, warum sich die Frau in der Türkei aufhielt und ob sie dort dauerhaft lebt. Ebenso wenig ist bekannt, ob sie neben der deutschen auch die türkische Staatsangehörigkeit besitzt.

Gülen-Bewegung im Fokus

Nach dem Putschversuch in der Nacht zum 16. Juli hat die Regierung bislang etwa 60 000 Menschen suspendieren oder festnehmen lassen. Die Frau ist die erste deutsche Staatsbürgerin, die von der Verhaftungswelle betroffen ist. Besonders im Fokus stehen Menschen mit Verbindungen zum Netzwerk des im US-amerikanischen Exil lebenden Fethullah Gülen.

Im Fall der Inhaftierung der deutschen Frau wurde die Botschaft in Ankara offenbar von den türkischen Behörden über die Festnahme unterrichtet. Das Auswärtige Amt wollte nicht ausführen, welche Schritte die Bundesregierung nun plant.

Von der Linken kommt Kritik an der Festnahme, aber auch an der Haltung der Bundesregierung gegenüber den Vorgängen in der Türkei. Linken-Europaabgeordnete Cornelia Ernst sagte: "Wir verlangen die sofortige Freilassung der deutschen Staatsbürgerin und die klare Aufforderung dazu seitens der Kanzlerin an Erdoğan ." Es müsse endlich Schluss sein mit dem "Abducken der deutschen Regierung vor Erdoğan". Die Freiheitsrechte der Bürger seien keine Verhandlungsmasse.

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