Nach Massenprotesten in Russland:Medwedjew verspricht mehr Demokratie

Russlands Staatschef reagiert auf die Massenproteste in seinem Land. In seiner Rede an die Nation kündigt Medwedjew politische Reformen an und spricht sich für mehr Direktwahlen aus. Gleichzeitig greift er die Demonstranten scharf an.

Nach tagelangen Massenprotesten gegen die russische Regierung seit vielen Jahren hat sich der scheidende Präsident Dmitrij Medwedjew für eine umfassende Reform des politischen Systems ausgesprochen. So solle die im Jahr 2004 von seinem Amtsvorgänger und dem derzeitigen russischen Ministerpräsidenten Wladimir Putin abgeschaffte Direktwahl der regionalen Gouverneure wieder eingeführt werden, sagte Medwedjew in einer Rede an die Nation, die er vor beiden Kammern des Parlaments in der Hauptstadt Moskau hielt. Seit 2004 werden die Gouverneure von der Regierung bestimmt.

Annual Presidential Address to the Federal Assembly

Russlands Staatschef Dmitrij Medwedjew hat in seiner Rede an die Natione politische Reformen angekündigt.

(Foto: dpa)

Es müsse allen aktiven Bürgern ermöglicht werden, am politischen Leben teilzuhaben, sagte der Präsident. Medwedjew sprach sich zudem dafür aus, einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu schaffen, der vom Staat unabhängig ist.

Trotz der Zugeständnisse fuhr Medwedjew scharfe Attacken gegen die Demonstranten: Er warnte vor einer Destabilisierung des Landes durch "Provokateure und Extremisten", die versuchten, die Bevölkerung durch die Großkundgebungen auf ihre Seite zu ziehen. Russland brauche Demokratie, nicht Chaos und wehre sich gegen jeglichen Druck, der von anderen Staaten auf Moskau ausgeübt werde, sagte Medwedjew. Der Kreml sei bereit, sich konstruktive Kritik anzuhören, werde aber niemandem erlauben, Spannungen im Land zu schüren.

Die russische Opposition wirft der Partei von Regierungschef Wladimir Putin vor, bei der Parlamentswahl in diesem Monat Wahlbetrug begangen zu haben. Diese Vorwürfe hatte Medwedjew zurückgewiesen. Nach der Wahl demonstrierten viele Tausende Russen gegen die Regierung und forderten den Rücktritt Putins. Der Politiker will im kommenden Jahr bei der Präsidentenwahl antreten. Er hatte das Amt schon vor seiner jetzigen Amtszeit als Ministerpräsident inne.

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