Nach Lötzsch-Rücktritt:Wer die Linke führen könnte

Gesine Lötzsch macht den Weg frei für eine neue Linken-Spitze. Wagt sich nun Sahra Wagenknecht aus der Deckung, die bislang eher heimlich um den Führungsposten buhlte? Und was ist mit Oskar Lafontaine? Die Linke sucht eine neue Führung. Mögliche Kandidaten im Überblick.

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Linke Stasi Vergangenheit DDR Gregor Gysi

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Nach Lötzsch-Rücktritt:Linke Stasi Vergangenheit DDR Gregor Gysi

Wagt sich Sahra Wagenknecht aus der Deckung, womöglich an der Seite des Reformers Dietmar Bartsch? Was ist mit ihrem Lebensgefährten Oskar Lafontaine? Nach dem Rücktritt von Gesine Lötzsch als Parteichefin sucht die Linke eine neue Führung. Kandidaten im Überblick.

Personaldiskussionen? Bloß nicht! Erst auf dem Parteitag im Juni 2012 sollte die künftige Spitze der Linken besprochen werden. So wollten es führende Kräfte der Partei. Auch eine Mitgliederbefragung wurde ins Spiel gebracht. Doch mit dem Rücktritt von Gesine Lötzsch ist die Debatte um ihre Nachfolge voll entbrannt. Fast sicher ist, dass wieder ein Duo die Partei führen soll: eine Frau und ein Mann, die jeweils Ost oder West repräsentieren - sowie am besten auch die Hauptströmungen der Partei. Das schränkt die Möglichkeiten ein.

Pressekonferenz der Linkspartei

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Klaus Ernst, 57, ist seit Mai 2010 Parteivorsitzender an Lötzsch' Seite und wie sie nicht unumstritten. Dass die Umfragewerte der Linken stagnieren, wird ihm persönlich angelastet. Sein Lebensstil - Ernst ist passionierter Porschefahrer - gab immer wieder Anlass für Schlagzeilen, Kritik an Doppeleinkünften als Vorsitzender und Abgeordneter trat er offensiv entgegen. Noch immer fremdelt der Bayer aber in wichtigen Milieus der Linken. Der einstige Bezirksbevollmächtigte der IG Metall in Schweinfurt gehört zum Gewerkschaftsflügel der Partei. Er hat einen guten Draht zu Oskar Lafontaine. Dessen erneuter Kandidatur stünde Ernst mit Sicherheit nicht im Wege.

Landtagswahl im Saarland

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Oskar Lafontaine, 68, ist offiziell nur Chef der Linksfraktion im Saarland und der Internationalen Kommission der Partei. Seine Autorität aber reicht viel weiter. Von einer Krebserkrankung, die zum Rückzug aus Berlin geführt hatte, hat sich Lafontaine mittlerweile komplett erholt - das zeigte er jüngst bei vielen Auftritten im saarländischen Landtagswahlkampf. Lafontaines Bewerbung für den Parteivorsitz würde die Personaldebatte vermutlich auf einen Schlag beenden. In der Linken wird jedoch gemunkelt, Lafontaine sehe sich eher als Fraktionchef im Bundestag. Sollte er sich dennoch um den Parteivorsitz bewerben, würde ihn die Parteisatzung nach jetziger Fassung zwingen, den Vorsitz zu teilen - aller Wahrscheinlichkeit nach mit einer Frau aus dem Osten.

Bundestag Debates Tax Reforms

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Dagmar Enkelmann, 56, ist eine solche Frau. Geboren in Altlandsberg bei Berlin, Studium an der Karl-Marx-Universität in Leipzig, Mitglied der SED. Am "Runden Tisch" nach dem Mauerfall nahm sie als Mitglied der Volkskammer teil, nach der Wiedervereinigung ging Enkelmann für die PDS in den Bundestag. 2003 holte sie der damalige Parteichef Lothar Bisky nach seiner Wiederwahl als stellvertretende Vorsitzende in den Bundesvorstand. In der Linken ist sie seit November 2005 Parlamentarische Geschäftsführerin der Bundestagsfraktion.

Vertreterversammlung Linkspartei - Kipping  Gysi

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Katja Kipping, 34, hätte bei einer Kandidatur Lafontaines ebenfalls gute Chancen. Sie kommt aus Dresden, saß dort sechs Jahre lang im Sächsischen Landtag und gehört seit 2005 dem Bundestag an. Kipping ist stellvertretende Bundesvorsitzende der Partei. Dort verbindet man mit ihr die Hoffnung, mehr junge Wähler für die Linke zu gewinnen. Als sozialpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion tritt sie seit Jahren für ein bedingungsloses Grundeinkommen ein und könnte helfen, das soziale Profil der Partei zu schärfen. Allerdings ist Kipping Ende 2011 Mutter geworden und hatte zuvor angekündigt, ihr Arbeitspensum reduzieren zu wollen.

Programmkonferenz der Linkspartei

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Sahra Wagenknecht, 42, gilt schon lange als Hoffnungsträgerin der Linken. 2011 wurde sie für den Posten der Fraktionschefin im Bundestag neben Gregor Gysi gehandelt, was jedoch an dessen Widerstand scheiterte. Gysi schlug die Lebensgefährtin von Oskar Lafontaine stattdessen als eine von zwei stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden vor. Das langjährige Mitglied der Kommunistischen Plattform hat sich vom Linksaußen der Partei zu einer Spitzenpolitikerin mit breiter Akzeptanz entwickelt. Der Fraktionschef der Linken in Thüringen, Bodo Ramelow, nennt sie "eine unserer Favoritinnen". Politisch ist Wagenknecht immer noch fest verankert im radikalen Flügel der Linken. Ihr müsste folglich ein Reformer zur Seite stehen.

Vorbereitung Bundesparteitag Die Linke

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Dietmar Bartsch, 54, wäre so ein Reformer. Zu Zeiten der PDS war der langjährige Bundesgeschäftsführer der unumstrittene kommende Mann. Bis heute genießt er in den ostdeutschen Landesverbänden Autorität. Geschadet hat Bartsch das feindselige Verhältnis zwischen ihm und Lafontaine. Wegen angeblicher Intrigen gegen den Saarländer wurde Bartsch Anfang 2011 entmachtet. Ein Führungsduo aus der von Lafontaine protegierten Wagenknecht und Bartsch könnte einen Strich unter den alten Streit ziehen, würde beiden aber vermutlich eine Menge Selbstbeherrschung abverlangen.

Wahlkampf der Linken

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Katharina Schwabedissen, 39, wäre als Co-Vorsitzende neben Bartsch leichter vorstellbar. Die Tochter eines evangelischen Pastors aus Gladbeck ist seit 2008 Landeschefin der Linken in Nordrhein-Westfalen. Gerade wurde sie beim Kleinen Parteitag in Düsseldorf an die Spitze der Landesliste gewählt. In ihrer Antrittsrede forderte sie eine Millionärssteuer und kritisierte die Ämterhäufung in Parteien - der Rücktritt von Gesine Lötzsch war da freilich noch nicht absehbar.

Heyenn wirft Lötzsch-Kritikern Hysterie vor

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Dora Heyenn, 62, gehörte schon zu DDR-Zeiten der SPD an. Sie war bei den Jungsozialisten und schaffte es Ende der Siebziger in den Landesvorstand der Partei in Schleswig-Holstein. Nach fast 30 Jahren stieg sie 1999 aus der SPD aus - der "Sargnagel Schröder" habe sie dazu veranlasst. Oder, wie es Heyenn auch formuliert: "Und als der Oskar ging, ging ich mit." Sechs Jahre später half sie Lafontaine bei der Gründung der WASG. Und für die Linke zog Heyenn 2008 als Spitzenkandidatin in die Hamburgische Bürgerschaft ein, wo sie seither Fraktionsvorsitzende ist.

© Süddeutsche.de/cop/mikö
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