Nach Kriegsende in Syrien:Syrische Opposition boykottiert russische Einladung nach Sotschi

  • Das größte syrische Oppositionsbündnis SNC nimmt nicht an Nachkriegsverhandlungen im russischen Sotschi teil.
  • Von den Vereinten Nationen geführte Verhandlungen über eine Teilnahme des SNC sind damit vorerst gescheitert.
  • Die konkreten Gründe für den Boykott sollen an diesem Samstag bekanntgegeben werden

Die von Russland einberufene Syrien-Friedenskonferenz findet ohne das größte Oppositonsbündnis des Bürgerkriegslandes statt. Das Syrische Verhandlungskomitee (SNC), das die wichtigsten Oppositionsgruppen vertritt, verkündete in der Nacht zum Samstag im Kurznachrichtendienst Twitter seinen "Boykott" der Konferenz. Auch Dutzende andere Rebellengruppen hatten bereits angekündigt, kommende Woche nicht zu dem Treffen in Sotschi zu reisen.

"Das SNC hat nach Marathon-Verhandlungen mit der UNO und Staaten, die in Syrien involviert sind, entschieden, nicht an Sotschi teilzunehmen", erklärte das Komitee auf Twitter. Es gab seine Entscheidung nach dem Abschluss einer neunten Verhandlungsrunde unter UN-Vermittlung bekannt. Am Samstagmorgen will sich das SNC bei einer Pressekonferenz äußern. Dann dürften die Gründe für den Boykott der Konferenz in Sotschi genannt werden. Zuvor hatte das Bündnis seine Teilnahme von Zugeständnissen der syrischen Regierung in den Wiener Gesprächen abhängig gemacht.

Zwei Tage lang hatten Vertreter der syrischen Opposition und der syrischen Regierung in der österreichischen Hauptstadt getrennt voneinander mit dem UN-Syrien-Beauftragten Staffan de Mistura gesprochen. Wie bereits in den acht vorangegangenen Verhandlungsrunden in Genf gelang es nicht, die Konfliktparteien an einen Tisch zu bringen. In den Verhandlungen unter UN-Vermittlung wird um die politische Zukunft Syriens nach einem Ende der Kampfhandlungen gerungen.

De Mistura räumte am frühen Samstagmorgen in Wien ein, dass es weiter keine Fortschritte in den Verhandlungen gibt. "Ich teile die Frustration von Millionen Syrern im Land und außerhalb des Landes über das Fehlen einer politischen Lösung", sagte er.

Die Konferenz in Sotschi ist im Westen umstritten

Die für Montag und Dienstag geplante Friedenskonferenz in Sotschi nannte de Mistura zwar legitim. Er sagte aber, dass eine politische Übergangsregelung für Syrien "im Rahmen des von der UNO geführten Genfer Prozesses erreicht werden" müsse. Er hoffe, dass die Konferenz in Sotschi dazu beitragen werde, die Genfer Verhandlungen voranzubringen.

Die UNO hat noch nicht angekündigt, ob sie sich an den Gesprächen in der Schwarzmeerstadt beteiligt. De Mistura sagte, er werde UN-Generalsekretär Antonio Guterres über die Ergebnisse der Wiener Verhandlungen informieren. Dieser werde auf dieser Grundlage über die Teilnahme entscheiden.

Russland, ein enger Verbündeter von Syriens Machthaber Baschar al-Assad, will in Sotschi Gespräche über eine Beendigung der Kämpfe anstoßen. Russland wird darin von Iran und von der Türkei unterstützt. Der Westen und die syrische Opposition stehen der russischen Initiative skeptisch gegenüber. Sie befürchten, dass Moskau die UN-Bemühungen untergraben und eine Vereinbarung zu Assads Gunsten herausholen will.

Die Verhandlungen in Wien wurden vom Ärger der syrischen Regierung überschattet, nachdem durchgesickert war, dass die USA, Saudi-Arabien, Jordanien, Großbritannien und Frankreich eine Stärkung des syrischen Ministerpräsidenten anstreben - und damit eine Schwächung von Präsident Assad.

Der Verhandlungsführer der syrischen Regierung, Baschar al-Dschaafari, sagte zu Journalisten, es komme "schwarzem Humor" gleich, dass diese Staaten versuchten, über Syriens Zukunft zu bestimmen. "All diese Länder haben am Blutvergießen des syrischen Volkes teilgenommen", sagte er. Den USA warf er vor, die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) "geschaffen" zu haben. Und Saudi-Arabien sei alles andere als ein "Leuchtfeuer der Freiheit im Osten".

In dem seit fast sieben Jahren andauernden Krieg in Syrien wurden bereits mehr als 340 000 Menschen getötet. Russland hatte auf Bitten Assads im September 2015 militärisch in den Konflikt eingegriffen. Infolge der Unterstützung der russischen Luftwaffe gewannen die syrischen Regierungstruppen die Oberhand über die Rebellen sowie bewaffnete islamistische Kämpfer, die heute nur noch wenige Gebiete des Landes kontrollieren.

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