Nach Kalbitz-Rauswurf:"Selbstzerfleischung der AfD"

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An ihm entzündete sich der Krach: Andreas Kalbitz aus Brandenburg. (Foto: Fabrizio Bensch/Reuters)

Im Streit um den Rauswurf von Andreas Kalbitz, des extrem rechten Landesvorsitzenden aus Brandenburg, schreiben die Parteichefs Tino Chrupalla und Jörg Meuthen Briefe voller Vorwürfe an die Mitglieder. Vor allem Chrupalla teilt aus.

Von Jens Schneider, Berlin

Die Bundesspitze der AfD ist nach dem Ausschluss des Partei-Rechtsaußen Andreas Kalbitz tief gespalten. Das haben die beiden Vorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla nun auch in Briefen an die Mitglieder deutlich gemacht. Meuthen begründete in einem langen Schreiben an die AfD-Mitglieder den Rauswurf des bisherigen Brandenburger Landesvorsitzenden Kalbitz. Diesem war auf Meuthens Betreiben hin vergangene Woche wegen früherer Kontakte ins rechtsextreme Milieu die AfD-Mitgliedschaft entzogen worden.

Kalbitz habe nach Überzeugung der Mehrheit des Bundesvorstands bei seinem Eintritt eine frühere Mitgliedschaft in der heute verbotenen rechtsextremistischen Organisation "Heimattreue Deutsche Jugend" (HDJ) verschwiegen, erklärte Meuthen den Mitgliedern. Zudem habe er eine Mitgliedschaft bei den Republikanern nicht angegeben. Meuthen erklärt dies damit, dass Kalbitz seinerzeit andernfalls habe annehmen müssen, dass er nicht aufgenommen würde. Er wirft Kalbitz vor, dass er "bis heute eine klare Distanzierung von der HDJ ablehnt".

Die Fraktionsvorsitzenden Gauland und Weidel schlagen sich in dem Streit auf eine Seite

Kalbitz zählt zu den Führungsfiguren des äußerst rechten AfD-Flügels. Er bestreitet die Mitgliedschaft in der HDJ und behauptet, dass er sich bei seinem Besuch eines Zeltlagers lediglich habe informieren wollen. Sein Name sei wohl auf einer "Interessenten- und Kontaktliste" notiert worden.

Meuthen erklärt dazu in seinem Brief, dass man ein Lager einer solchen rechtsextremistischen Organisation nicht "zufällig" besuchte. Zudem verweist er auf ein Gutachten des Verfassungsschutzes, wonach Kalbitz auf einer Mitgliederliste der HDJ geführt wurde.

"Verfestigte rechtsextreme Vorgeschichte"
:Meuthen verteidigt Kalbitz-Rauswurf

Der AfD-Chef sieht bei der Entscheidung gegen den bisherigen Brandenburger Landesvorsitzenden eine Mehrheit der Partei hinter sich.

Tino Chrupalla, der andere Vorsitzende, stellt sich in seinem Brief an die Mitglieder gegen Meuthen und kritisiert, dass Kalbitz ausgeschlossen worden sei, ohne ein von Chrupalla und anderen Vorstandsmitgliedern gefordertes Rechtsgutachten einzuholen.

Mit diesem Schritt habe die Mehrheit des Bundesvorstands "innerparteiliche Auseinandersetzungen billigend in Kauf genommen, die in der Öffentlichkeit als Selbstzerfleischung der AfD wahrgenommen werden", wirft Chrupalla seinem Kollegen Meuthen vor. Seinen Brief unterzeichneten auch die Vorsitzenden der AfD-Bundestagsfraktion, Alexander Gauland und Alice Weidel.

Meuthen wird vorgeworfen, die Partei spalten zu wollen

Meuthen sieht nach eigenem Bekunden die Basis auf seiner Seite. Dies würde sich nach seiner Darstellung auch auf einem Sonderparteitag erweisen, wie er von Teilen der Partei derzeit erwogen wird. Dagegen hält Björn Höcke, die Galionsfigur des äußerst rechten Flügels, Meuthen vor, er wolle die AfD spalten. "Wir brauchen keinen Sonderparteitag, um festzustellen, dass der bisherige Bundessprecher nicht mehr in der Lage oder willens ist, die AfD in ihrer Gesamtheit zu vertreten", schrieb der Thüringer AfD-Landesvorsitzende auf Facebook. Er ist ein enger Weggefährte von Kalbitz.

Meuthen treibe gerade seine Pläne massiv voran, "die AfD in eine Ost- und eine West-Partei zu spalten", warf Höcke ihm vor. Er bezog sich damit auf einen Vorschlag Meuthens aus dem Frühjahr, die AfD in zwei Parteien zu teilen, weil ihre beiden Strömungen unvereinbar miteinander seien. Meuthen stieß mit dieser Initiative auf großen Widerstand im AfD-Bundesvorstand.

© SZ vom 23.05.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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