Nach Israels Angriff auf Hilfkonvoi:Wie reagiert Washington?

Das Vorgehen der Armee gegen die Gaza-Flottille belastet das Ansehen Israels schwer. Doch auch die Beziehungen zu den USA sind gefährdet - auch wenn Präsident Obama sich zunächst zurückhält.

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FRA-EU-ISRAEL-CONFLICT-GAZA-MIDEAST-PRESS

Quelle: afp

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Der israelische Angriff auf die Blaue Marmara mit neun toten Zivilisten hat sich für Israel nicht nur zu einem PR-Desaster entwickelt. Auch die amerikanisch-israelischen Beziehungen scheinen zu leiden. Auf beiden Seiten wird überlegt, wie es denn nun weitergeht.

A frame grab shows Israeli commandos on a Gaza-bound ship in the Mediterranean Sea

Quelle: Reuters

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Der angesehene Polit-Blogger Andrew Sullivan sieht Washington nun in einer Zwickmühle: Verurteilt Obama den Angriff deutlich, wird sich Israel international noch weiter isoliert fühlen. Das dürfte sich negativ auf den Friedensprozess auswirken, weil das Land in eine noch stärkere Abwehrhaltung verfällt. Hält sich das Weiße Haus aber mit Kritik zurück, wäre das arabisch-islamische Lager verprellt - und der Friedensprozess ebenfalls im Stocken.

Robert Gibbs

Quelle: ap

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Obamas Sprecher Robert Gibbs versuchte deshalb am Dienstag einen Mittelweg zu gehen: "Unsere Unterstützung für Israels Sicherheit ist groß", sagte er. "Das wird sich nicht ändern." Die USA setzen sich jedoch für eine "glaubwürdige Untersuchung" des Vorfalls "mit internationaler Beteiligung" ein. Ein für Dienstag geplantes Treffen zwischen Präsident Obama und Israels Premier wurde abgesagt - Netanjahu brach seine Nordamerika-Reise ab und eilte zum Krisen-Management nach Hause.

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Quelle: ag.ap

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Schon vor der Flotillen-Krise gab es diplomatische Spannungen zwischen Washington und Jerusalem: Als US-Vizepräsident Joe Biden im März in den Nahen Osten reiste, um den stockenden Friedensprozess wieder in Gang zu bringen, brüskierte ihn das israelische Innenministerium mit Baugenehmigungen für die Siedlung Ramat Shlomo (hier im Bild). Die USA waren empört, und Israels Premier Netanjahu sah sich in der Folge gezwungen, den Palästinensern einige Zugeständnisse zu machen, um Washington zu beruhigen. Israelische Zeitungen fragten damals: "Verlieren wir jetzt unseren letzten Freund?"

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Quelle: ag.ap

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Diese Angst kommt nun zurück. "Israel entwickelt sich Schritt für Schritt  zu einer Belastung für die Vereinigten Staaten" - diesen Satz sagte nicht etwa ein Friedensaktivist, sondern der Chef des israelischen Geheimdienstes Mossad, Meir Dagan, am Dienstag vor dem Außenpolitischen Ausschuss der Knesset. Der israelische Schriftsteller David Grossman würde diesen Satz sofort unterschreiben: Für ihn ist der Angriff auf den Schiffskonvoi eine Folge des Niedergangs der israelischen Politik, der sich in der "beschämenden Blockade Gazas" ausdrückt, wie Grossman im britischen Guardian schreibt.

Recep Tayyip Erdogan

Quelle: ap

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Besonders problematisch auch für die USA: Die ohnehin schon abgekühlten Beziehungen zwischen den einstigen Verbündeten Türkei und Israel drohen zu einer Eiszeit zu werden. Tayyip Erdogan, der Präsident der Türkei, bezeichnete den Angriff auf die unter türkischer Flagge fahrende Flotte als "Staatsterrorismus". Diese Wortwahl dürfte auch in Washington sauer aufstoßen, befürchtet das Politk-Magazin Foreign Policy. Und prägt in Bezug auf die verschiedenen Politkstile und Interessen von USA und Türkei in Nahost schon einmal den Begriff "frenemies" - eine Mischung aus "friend" und "enemy" (Freund und Feind).

Israeli soldiers walk in front of one of the Gaza-bound ships at the port of Ashdod

Quelle: rtr

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Aus den USA kommt jedoch nicht nur Kritik am israelischen Einsatz: Konservative Stimmen das FrumForum und auch die liberale The New Republic weisen darauf hin, dass die Menschen auf der Blauen Marmara auf die Soldaten einschlugen und somit alles andere als Friedensaktivisten waren. Sie sehen hier einen großen PR-Coup der Hamas. Sie warnen davor, nicht wie "europäische Politiker ins anti-israelische Lager" zu fallen, das nun ein Ende der Blockade des Gaza-Streifens fordert.

Video vom Entern der Mavi Marmara der 'Gaza-Solidaritätsflotte'

Quelle: dpa

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Das rechte Lager Israels sieht sich ebenfalls als Opfer islamistischer Propaganda und verweist auf Bilder wie diese: Hier sollen Aktivisten der Blauen Maramra einen israelischen Soldaten vom Schiff stürzen. Israels Rechte hofft, dass Jerusalem an der Blockade des Gaza-Streifens festhält: "Die Bilder sind nicht schön, doch die Leben israelischer Bürger sind wichtiger als jeder vernichtender diplomatischer Protest", schreibt die Online-Ausgabe von Israels größter Tageszeitung Yediot Achronot. Dabei war auch den Hardlinern in der Vergangenheit eine enge Abstimmung mit Washington wichtig.

Amerikanisches Spionageschiff USS Liberty, 1967

Quelle: sz.sonstige

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Denn spätestens seit dem Sechs-Tage-Krieg ist Israel der engste Verbündete der USA im Nahen Osten. Und das, obwohl schon damals ein israelischer Angriff auf ein Schiff die Beziehungen zwischen den beiden Staaten in eine Krise stürzte: Die israelische Marine beschoss die USS Liberty, die für die USA den Kriegsverlauf dokumentieren sollte. Der damalige Präsident Lyndon B. Johnson, ein großer Unterstützer des jüdischen Staates, spielte den Vorfall trotz großer Verärgerung jedoch herunter.

Shomari Linton

Quelle: ap

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Seitdem entwickelte sich eine enge poltische Freundschaft. Die USA leisteten dem jüdischen Staat sowie diplomatische als auch Militärhilfe, allein im nächsten Jahrzehnt erhält Israel 30 Milliarden Dollar, wie ein Vertreter des US-Außenministeriums im Dezember in Jerusalem ankündigte. Gemeinsam wollen sich Israel und die USA auch der Bedrohung eines nuklear bewaffneten Iran stellen.

Yitzhak Rabin, Bill Clinton und Yasir Arafat, 1993

Quelle: ag.ap

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In der Vergangenheit waren auch gemeinsame diplomatische Initiativen erfolgreich. Der heute festgefahrene Friedensprozess zwischen Israelis und Palästinensern begann 1993. Unter der Vermittlung Bill Clintons schloßen Jitzhak Rabin und Yassir Arafat den Vertrag von Oslo, der als Übergangslösung bis zu einem endgültigen Abkommen die Errichtung von palästinensichen Autonomiegebieten vorsah.

U.S. President George W. Bush speaks during The Israeli Presidential Conference in Jerusalem

Quelle: ag.rtr

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Der erste US-Präsident, der von der Notwendigkeit sprach, einen "palästinensischen Staat" zu errichten, war jedoch der Republikaner George W. Bush.

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Quelle: ag.afp

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Kein US-Präsident wurde in Israel schon vor seinem Amtsantritt so kritisiert wie Barack Obama. Seine Ankündigung, auch von Israel Zugeständnisse im Friedensprozess zu verlangen, verschreckte Israels Rechte. Die sieht in den USA seit Obamas Amtsantritt teilweise keinen echten Verbündeten mehr - sondern unterstellt dem Präsidenten wegen der muslimischen Wurzeln seines Vaters Antisemitismus. Trotz aller Widrigkeiten will Obama den Konflikt aber noch ins seiner ersten Amtszeit lösen.

© AFP/AP/rtr/dpa
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