Nach Hochhausbrand in London:Polizei bringt May vor wütenden Demonstranten in Sicherheit

Die britische Premier traf sich mit Betroffenen des Hochhausbrands in London. Unterdessen stürmen Menschen das Bürgermeisteramt im Stadtteil Kensington und fordern Gerechtigkeit.

Nach einem Besuch in der Nachbarschaft des ausgebrannten Hochhauses in London hat die Polizei Premierministerin Theresa May vor wütenden Demonstranten in Sicherheit gebracht. Ein Fotograf der Nachrichtenagentur Reuters berichtet, dass zornige Menschen Mays Auto hinterhergelaufen seien und sie angebrüllt hätten.

May hatte sich mit Opfern des Großbrandes in einem Hochhaus und Anwohnern getroffen. Mietern, "die nur mit den Kleidern, die sie am Leib trugen" entkamen, stelle ihre Regierung insgesamt fünf Millionen Pfund (5,7 Millionen Euro) zur Verfügung. Zu dem Hilfspaket gehöre auch eine Garantie, in der Nähe ihres bisherigen Wohnorts eine neue Bleibe zu bekommen. "Wir werden weiterhin prüfen, was außerdem getan werden muss", sagte sie.

May steht wegen ihrer Reaktion auf den Großbrand mit mindestens 30 Toten unter Druck. Auch Mitglieder ihrer eigenen konservativen Partei werfen ihr vor, sich zu spät mit den Opfern getroffen zu haben. Diese waren zuvor schon von dem Oppositionsführer Jeremy Corbyn, Bürgermeister Sadiq Khan und der 91-jährigen Königin Elizabeth II. besucht worden.

Im Stadtteil Kensington stürmten Demonstranten das Bürgermeisteramt. "Wir wollen Gerechtigkeit", skandierten sie. Die Menschen bahnten sich ihren Weg durch die automatische Tür des Gebäudes und versuchten, in die oberen Stockwerke zu gelangen. Die Polizei hielt sie auf.

Noch immer werden zahlreiche Menschen vermisst

Die Behörden befürchten, dass sich noch Dutzende Leichen in dem Hochhaus befinden. 24 Opfer der Katastrophe werden noch in Krankenhäusern behandelt, bei zwölf Patienten sei die Lage "kritisch", teilte die Gesundheitsbehörde mit. Einem Bericht der Boulevardzeitung The Sun zufolge gelten noch immer 65 Menschen als vermisst. Die Polizei hat bislang den Tod von 30 Menschen bestätigt, aber hinzugefügt, dass die Zahl noch steigen dürfte.

Mehr als 600 Menschen lebten im 24-stöckigen Grenfell Tower, auch Büros und Geschäftsräume befanden sich darin. Experten warnten schon lange vor Mängeln beim Brandschutz. Vermutlich konnte sich das Feuer deshalb so schnell ausbreiten, weil in der Fassadenverkleidung Dämmstoffe verwendet wurden, die stark entzündlich sind.

Die Regierung will als Reaktion auf die Katastrophe Hochhäuser im ganzen Land auf Brandschutzmängel überprüfen lassen. In den USA ist das Dämmmaterial, das im Grenfell Tower verwendet wurde, seit 2012 verboten. Experten vermuten, dass es in Großbritannien in tausenden Gebäuden verbaut wurde. Die Katastrophe hat Fragen über ein mögliches Versagen der Behören aufgeworfen.

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