Nach gewaltsamen Ausschreitungen in der Ukraine:Janukowitsch trifft sich mit der Opposition

Der Druck auf Janukowitsch wächst: Nach massiven Protesten in Kiew und Drohungen aus den USA zeigt sich der ukrainische Präsident bereit zu Verhandlungen mit seinen Kritikern. Jetzt sollen Vertreter der Regierung und der Opposition in einem Vermittlungsausschuss zusammenkommen.

Nach heftigen Ausschreitungen am Rande von Massenprotesten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew hat Präsident Viktor Janukowitsch zugesagt, einen Vermittlungsausschusses einsetzen zu wollen. Die Kommission solle Vertreter aus Regierung und Opposition umfassen, sagte der Oppositionspolitiker Vitali Klitschko nach einem Treffen mit Janukowitsch am Sonntagabend.

Die Mitglieder des Vermittlungsausschusses sollten gemeinsam einen "Weg aus der aktuellen Krise" finden, sagte Klitschko. Die Präsidentschaft bestätigte seine Angaben kurz darauf und erklärte, die Kommission werde am Montagmorgen unter Vorsitz des Sekretärs des Nationalen Sicherheitsrats, Andrej Kljujew, erstmals zusammenkommen.

Zuvor hatte es im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt nach dem Ende einer Großdemonstration mit rund 200.000 Teilnehmern gewaltsame Zusammenstöße gegeben. Dabei hatte eine Gruppe Demonstranten die Polizei mit Steinen, Ketten, Baseballschlägern und Molotowcocktails angegriffen. Mehrere Polizeifahrzeuge wurden in Brand gesetzt. Die Polizei reagierte mit dem Einsatz von Schlagstöcken, Tränengas und Blendgranaten. Später setzte sie laut einem AFP-Reporter vor Ort auch Wasserwerfer ein.

Die Ausschreitungen, die es in dieser Form während der wochenlangen Proteste bisher nicht gegeben hatte, dauerten bis in die Morgenstunden. Laut der Polizei wurden 70 Beamten verletzt, mehrere davon am Kopf, die Rettungskräfte berichteten ihrerseits von 24 verletzten Demonstranten. Mindestens vier Demonstranten wurden festgenommen.

USA äußern harsche Kritik an der Regierung Janukowitsch

Die Proteste richteten sich insbesondere gegen die Einschränkung des Demonstrationsrechts durch die Regierungsmehrheit im Parlament. Die Opposition betrachtet die Änderungen ebenso wie die Form, wie sie verabschiedet wurden, als Verstoß gegen die Verfassung und damit als ungültig.

Die US-Regierung rief zum sofortigen Ende der Gewalt auf und drohte der Regierung mit Sanktionen. "Wir sind zutiefst besorgt über die Gewalt heute auf den Straßen von Kiew und rufen alle Seiten auf, umgehend die Situation zu entschärfen", sagte die Sprecherin des Nationalen Sicherheitsrats, Caitlin Hayden. "Die zunehmenden Spannungen in der Ukraine sind eine direkte Konsequenz daraus, dass die Regierung die legitimen Klagen ihres Volkes nicht wahrnimmt", erklärte Hayden.

Die Regierung habe die "Grundlagen der Demokratie" geschwächt, indem sie friedliche Proteste kriminalisiere und der Zivilgesellschaft und politischen Gegnern wichtige Rechte aberkenne. Die Sprecherin rief die Regierung auf, die kürzlich verabschiedeten "antidemokratischen Gesetze" zurückzunehmen, die Polizei aus dem Zentrum Kiews abzuziehen und einen Dialog mit der Opposition aufzunehmen. Zugleich forderte Hayden die Opposition auf, wieder zu friedlichen Protesten zurückzukehren.

Die Gesetze zur Einschränkung des Demonstrationsrechts, die Janukowitsch am Freitag unterzeichnete, sehen Geld- oder Haftstrafen für das Tragen von Masken oder Helmen, das ungenehmigte Aufbauen von Bühnen oder Zelten sowie die Blockade öffentlicher Gebäude vor. Bereits zuvor hatte ein Gericht ohne Angaben von Gründen entschieden, dass im Zentrum von Kiew bis zum 8. März nicht mehr demonstriert werden dürfe. Die Proteste der proeuropäischen Demonstranten dauern bereits seit Ende November an.

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