In Ägypten wäre um ein Haar ein Funktionär des alten Regimes Präsident geworden. In Syrien ist die Diktatur nicht einmal gestürzt, und schon sollen die Gegner versöhnt und integriert werden. So sieht es der Plan für eine Übergangsregierung vor, auf die sich die Teilnehmer der Syrien-Konferenz in Genf geeinigt haben. Präsident Baschar al-Assad und seine Getreuen wurden nicht ausdrücklich ausgeschlossen.
Gewiss, nach Konflikten, die so entsetzlich und grausam geführt werden wie in Syrien, ist es manchmal unvermeidlich, dass sich jene an einen Tisch setzen, die zuvor aufeinander geschossen haben. Syriens Nachbarland Libanon zeigt, dass sich ehemalige Warlords unter Umständen bereit erklären, ihre Konflikte politisch auszutragen. Nur: So weit sind die Kontrahenten in Syrien noch lange nicht, im Gegenteil. Die bewaffneten Aufständischen haben Genf als Provokation verstanden und neue Angriffe angekündigt. Gleichzeitig melden die Assad-Gegner Hunderte Tote in einer Woche. Die Illusion einer politischen Lösung lässt den bewaffneten Kampf eskalieren. Dieses Ergebnis liegt sogar noch unter den niedrigen Erwartungen an die Konferenz in Genf.
Russland riskiert viel, um mit der erzwungenen Öffnungsklausel für Assad Treue gegenüber seinem Verbündeten zu beweisen und dem Westen die Stirn zu bieten. Richtig aber ist, dass niemand wirklich weiß, wie groß der Rückhalt für Assad in Syrien wirklich ist. Bombenanschläge in Damaskus sind kaum dazu angetan, die Zögernden auch unter Minderheiten wie Christen und Alawiten von den friedlichen Absichten der Aufständischen zu überzeugen. Syrien ist ein Land, das von der Welt verlassen ist.