Nach Festnahme des CIA-Entführungsopfers:El-Masris Anwalt kritisiert Ex-Innenminister Schily

Der Anwalt des wegen Brandstiftung verhafteten el-Masri hat Ex-Innenminister Schily vorgeworfen, seinen Mandanten seit dessen Rückkehr nach Deutschland nie unterstützt zu haben. Auch deshalb sei aus el-Masri ein seelisches Wrack geworden.

Der Anwalt des wegen Brandstiftung verhafteten Khaled el-Masri hat dem früheren Bundesinnenminister Otto Schily vorgeworfen, seinen Mandanten seit dessen Rückkehr nach Deutschland in keiner Weise unterstützt zu haben. "Das Verhalten von Schily stört mich kolossal", sagte Manfred Gnjidic am Freitag in Ulm.

Der nach eigenen Angaben vom US-Geheimdienst CIA entführte Deutsche libanesischer Herkunft war im Dezember 2003 nach Afghanistan verschleppt und dort monatelang festgehalten und gefoltert worden.

Er lebt seit drei Jahren wieder in Deutschland. Nach dem Brand einer Metro-Filiale in Neu-Ulm wurde der 43-Jährige am Donnerstag festgenommen und per Unterbringungsbefehl in ein Bezirkskrankenhaus eingeliefert. "An der Brandsetzung gibt es nichts zu diskutieren, das hat er getan", sagte Gnjidic.

El-Masri hatte nach Angaben des Anwalts im April in dem Kaufhaus einen iPod gekauft und einen Tag später als defekt zurückgebracht. Über den Umtausch des Geräts entwickelte sich mit den Angestellten ein heftiger Streit, in dessen Folge el-Masri laut Staatsanwaltschaft einer Frau ins Gesicht spuckte. Er erhielt Hausverbot. Bei einem weiteren Besuch kam es erneut zu Auseinandersetzungen. Offenbar hat el-Masri auch Drohbriefe an die Metro-Filiale verfasst.

El-Masris Anwalt hatte sich bereits im April in einem Brief mit der Bitte um Hilfe für seinen Mandanten an das Bundeskanzleramt gewandt. Das Anliegen wurde von dort an die Bayerische Staatskanzlei weitergeleitet mit dem Hinweis auf die Dringlichkeit der Angelegenheit.

Zwar wird der 43-Jährige vom Zentrum für Folteropfer in Ulm betreut, doch reichten die Mittel nach Gnjidics Angaben nicht für eine umfassende Psychotherapie aus.

Logisch sei die Tat nicht, sagte Gnjidic, sie sei sehr merkwürdig und komme aus einer äußerst bedrückten Situation heraus: "Ich habe selten so bedrückte Gesichter bei Polizei und Staatsanwaltschaft gesehen wie bei der Vernehmung meines Mandanten. Jeder hat gesehen, da sitzt ein Mann, der kann nicht mehr, der ist nicht erreichbar und äußert sich nur schwer." Es sei offensichtlich geworden, wie schlimm es um den Menschen el-Masri stehe.

In den 20 Jahren vor seiner Verschleppung habe el-Masri sich nie etwas zuschulden lassen kommen. Erst nach der Folter sei er straffällig geworden, erklärte der Anwalt.

Auch Ermittlungen wegen Körperverletzungen

"Wir stehen heute vor Scherbenhaufen. Bei der Metro, bei el-Masri", fügte Gnjidic hinzu. Er bezeichnete es als zynisch, dass das einzige Folteropfer deutscher Staatsangehörigkeit bisher keine Unterstützung erfahren habe: "Er ist alleingelassen. Man kann sich zurücklehnen und warten, bis das Fass explodiert."

El-Masri lebe in ständiger Angst, dass seine Kinder erschossen werden könnten, und habe kaum noch Freunde. Rechtsstaatlichkeit dürfe nicht nur bedeuten, sich gegen Straftaten zu wehren. Man müsse sich auch um die Opfer kümmern.

El-Masri hatte bereits im Januar aggressives Verhalten an den Tag gelegt. Er verprügelte einen Mitarbeiter der Prüfgesellschaft Dekra, weil dieser ihm vorgeworfen hatte, zu viele Stunden seiner Ausbildung zum Lkw-Fahrer verpasst zu haben. Daraufhin wurde gegen den 43-Jährigen ein Ermittlungsverfahren wegen gefährlicher Körperverletzung in Gang gesetzt.

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